Artikel von Andreas Laudert
Annäherung an Karl Ove Knausgård
Wie Handke und Kafka gehört Knausgård zu den Schriftstellern, die das Schreiben radikal persönlich nehmen, für die es eine existenzielle Angelegenheit ist – ein Mysterium, dem man sich stellen muss, und nichts, was mit ein wenig handwerklicher Könnerschaft mal eben Geläufigkeit und Erfolg generiert. Zum Geheimnis des Schreibens gehört, dass man gerade dann, wenn man es persönlich nimmt, an seine überpersönlichen Dimensionen rührt, an sein Wesen.
24 Blickwinkel
Vielleicht ist die Anthroposophie der verwesende Hund. Vielleicht müssen wir positiv auf ihre Transformation blicken lernen. Sie ist nicht, als was sie erscheint. Sie wird erst wieder – neu – sie selbst durch den Blick eines Anderen.
Kompositorisches Glanzstück
Fünf Anmerkungen zum ›Manifest zum Grundeinkommen‹
Wenn ich etwas unbedingt will, wirkt es gewollt. Wenn ich nicht so genau weiß, was ich will, nicht einmal, ob ich leben will, dann tauge ich nicht für das Grundeinkommen. In der Ehe wirkt die Liebe gewollt – wenn ich nicht weiß, ob ich meinen momentanen Partner ein Leben lang an meiner Seite haben will, tauge ich nicht für die Ehe. Obwohl es beim Grundeinkommen und in Ehen natürlich weniger um die Tauglichkeit eines Menschen geht als um die Tauglichkeit eines gemeinsamen Entschlusses. Oder eigne ich mich, wenn ich nicht weiß, was ich will, für das Grundeinkommen gerade besonders gut? Denn seine Quelle wie sein Ziel ist die Freiheit, und die ist auch die Freiheit des Anderswollenden oder gar des nichts Wollenden. Freiheit ist auch die Freiheit, unbedingt das tun zu wollen, was ich nicht will. Es ist die Freiheit, sowohl das Leben eines Taugenichts zu führen als auch das Leben eines Workaholics. »Der Wille des Menschen ist unantastbar.« (Häni & Kovce, 70. These: ›Grundgesetz‹.)
Im Lazarus-Haus in Wuppertal ist am 13. Mai, am Himmelfahrtssonntag und Muttertag, meine Mutter gestorben. Es war ein friedlicher Tod ohne Schmerzen. Margarete, geb. Schneider, wurde im März 1925 geboren. Sie war ein, wie man so sagt, bildungsferner Mensch. Sie war einfach, war äußerlich nie mehr als Hausfrau gewesen, las selten anspruchsvolle Bücher, machte Brombeeren ein und buk immer den gleichen Kuchen. Sie war auch nicht verklärbar als dieser einfache Mensch, der sie war, sie war keine fröhlich-gütige Großmutter (aber eine geliebte), sie war auf den ersten Blick auch keine nahbare, Wärme verströmende Mutter für ihre vier Kinder, dafür war sie zu sehr geprägt von den spießigen 50er Jahren und mehr noch von den eigenen Wunden. Aber sie traf, wenn sie sich frei und angenommen fühlte, den Nerv der Dinge. Sie spürte, was in Menschen vorging, aber nur, wenn ihr Blick von sich absah.
Eine verspielte Ausstellung in Dresden