Zur Ausstellung ›Wanderlust: Von Caspar David Friedrich bis Auguste Renoir‹ in der Alten Nationalgalerie Berlin
Wer (heute) gekennzeichnete Wege geht, trifft auf andere Menschen, die schneller oder langsamer sind. Wer alleine wandert und sich unbekannte Pfade erschließt, begegnet neuen Räumen und: sich selbst. Die Begegnung mit sich selbst mag auch der Grund dafür sein, dass sich im 19. Jahrhundert – in einer Zeit zunehmender Ich-Stärkung und wachsender Bedeutung des persönlichen Gefühls im Kontrast zur Industrialisierung – fast schon explosionsartig in Europa die Bewegung des Wanderns entwickelte. Die damalige Sehnsucht nach Entschleunigung schlägt die Brücke zur heutigen Zeit, in der das Interesse am Wandern als Mittel der Besinnung wieder zugenommen hat. »Wandern ist ein perfektes Kontrastprogramm, die Rückkehr zum menschlichen Maß, dem Maß des Schrittes, und zum natürlichen Zeitgeber, dem Licht der Sonne«, formulierte treffend der Journalist und Nachhaltigkeitsexperte Ulrich Grober in einem Interview des ›Wander Magazins‹.
Zu ›»Smart-City« – Die total überwachte und gesteuerte Gesellschaft naht‹ von Andreas Neider in die Drei 10/2018
Zwischen den Zeilen und Zeichen
Martina Maria Sams Studie zur Kindheit und Jugend Rudolf Steiners
Der doppelte Zeitenstrom erschließt sich nicht zuletzt durch das Rückblicken auf das eigene Leben – in der Erkenntnis, wie das, was mir geschehen ist, nicht einfach eine Summe ausmacht, die mich geprägt hat, sondern seine Erfüllung erst im Hier und Jetzt findet. Mir kommt in den Schicksalsereignissen stets meine eigene Zukunft entgegen. Martina Maria Sam schreibt in ihrer Monografie über die Kindheit und Jugend Rudolf Steiners in Bezug auf die Fichte-Studien des achtzehnjährigen Jünglings, auf welche dieser mit dem vorangestellten Zitat 1907 zurückblickt: »Es war ihm aufgefallen, dass das Ich ›jener Brennpunkt‹ sei, ›welchen zu ergreifen unmöglich ist, da er immer nach rückwärts entschlüpft, wenn wir ihn ins Auge fassen wollen‹. Dieses ›rückwärts entschlüpfende‹ Ich nennt er das ›reine Ich‹ im Gegensatz zum Alltags-Ich. – Im Zusammenhang mit Überlegungen über die Natur des ›reinen Ich‹ kam er also erstmals auf die Idee eines rückwärts verlaufenden Stroms.« (zitiert S. 232)
Ein Beitrag zur Morphologie der Frage-Antwort-Korrelation
An einem sonnig-kalten Samstagmorgen fand ich auf Facebook folgendes Zitat von Susan Sontagin der Timeline: »Die einzigen interessanten Antworten sind solche, welche die Frage zerstören.« Ich bewertete das Posting als einen interessanten Gedanken, fügte meinem Kommentar jedoch hinzu, dass zu überlegen wäre, auf welche Weise Antworten die dazugehörige Frage zerstören können. Denn gesetzt den Fall, aufrichtig gesuchte und errungene Antworten dienen der Wahrheitsfindung – weshalb sollten diese Antworten zerstörerisch wirken? Von einer Facebook-Teilnehmerin erhielt ich zur Antwort, dass diese Zerstörung »mit Hirnschmalz« zu erfolgen habe. Eine Aussage, gegen welche grundsätzlich nichts einzuwenden ist, denn der Einsatz von Hirnschmalz ist sicherlich wertvoll. Aber, so fragte ich mich weiter, was geschieht bei einer entsprechend generierten Antwort mit der zugrundeliegenden Frage-Intention strukturell? Beinhaltet nicht jede Frage notwendig auch einen Sinn-Vorentwurf? Was geschieht in diesem? Und weshalb sollte diese Klasse von Antworten die einzig interessante sein?
Annäherungen an eine Philosophie des Vielleicht
Vielleicht. Das Wort hat kaum Gewicht. Es lässt sich sprechen mit fast geschlossenem Mund, und auch die übrigen Sprechwerkzeuge beansprucht es kaum. Es ist nicht viel mehr als ein Hauch, der leicht über die Lippen geht. Und die Dinge, mit denen es zu tun hat, scheint dieses Wort mehr zu streifen, als dass es sie richtig erfasst. Vielleicht. So sehr sind die beiden Worte, denen der Ausdruck sich verdankt, miteinander verschmolzen, dass wir sie kaum mehr hören: viel und leicht. Nichts Beschwerliches also, nicht Kompliziertes.
Zur Ausstellung ›Paul Klee. Konstruktion des Geheimnisses‹ in der Pinakothek der Moderne München
Erstmals widmet die Münchner Pinakothek der Moderne dem Werk Paul Klees eine große Sonderausstellung: ›Paul Klee. Konstruktion des Geheimnisses‹ präsentiert neben dem umfangreichen Eigenbestand rund 130 Leihgaben aus Europa, den USA und Japan. Das Gelände der Pinakotheken ist ungeheuer weitläufig, und es gibt keine Hinweisschilder. Platz und Gebäude auf der Suche nach dem richtigen Eingang ins Geheimnis zu umrunden, kann schon mal eine halbe Stunde dauern. So erging es jedenfalls mir und ein paar Besuchern aus Boston. Der Trost im Innern: Selbst am Wochenende stören keine Besuchermassen und damit ist Muße gegeben – oder, wie Paul Klee 1920 formulierte, Gelegenheit für »eine kleine Reise ins Land der besseren Erkenntnis«.
Zum Thema ›Anthroposophie und »offizielle« Wissenschaft‹
Angeregt durch das Gespräch von Claudius Weise und Marcelo da Veiga über die zweite Phase der Alanus Hochschule in die Drei 10/2017, habe ich mir folgendes Ereignis aus der ersten Phase der Hochschule in Erinnerung gerufen. Es handelt sich um die dritte Tagung einer Internationalen anthroposophischen Arbeitsgruppe für Bildung und Ausbildung. Vorausgegangen waren zwei Tagungen an anderen anthroposophischen Ausbildungsstätten in Driebergen/Holland und in Witten-Annen. Diese dritte Tagung im Jahre 1983 beschäftigte sich mit dem Motiv der Urteilsbildung in verschiedenen Ausbildungen: Kunst, Kunstpädagogik und Eurythmie.
Zur Ausstellung ›Lotte Laserstein. Von Angesicht zu Angesicht‹ im Frankfurter Städel Museum
Sie gehört zu der sogenannten verschollenen Generation der Künstler aus der Zeit der Weimarer Republik: Lotte Laserstein, deren Werk das Frankfurter Städel Museum nun in einer umfassenden Einzelausstellung präsentiert. Es ist mehr als eine Wiederentdeckung, was die Frankfurter Schau ermöglicht – man könnte es eine künstlerische Rehabilitation nennen.
Zur Ausstellung ›Thomas Gainsborough: Die moderne Landschaft‹ in der Hamburger Kunsthalle
Erst bei genauerem Hinsehen sind sie mir aufgefallen: die Zäune in dem Bild ›Mr. und Mrs. Andrews‹, einem der bekanntesten Werke der englischen Malerei. Die porträtierten Auftraggeber sind an den linken Bildrand gesetzt, rechts geben sie den Blick in die Kulturlandschaft frei. Es wirkt, als habe sich der Künstler nicht recht entscheiden können: Porträt oder Landschaft? Tatsächlich spiegelt sich darin ein lebenslanger Konflikt des Künstlers wider: Er hatte sich einen guten Ruf als Porträtmaler erworben und konnte damit gut Geld verdienen, besonders seit er sich 1759 im Badeort Bath niedergelassen hatte. Seine Vorliebe aber galt der Landschaftsmalerei, die er experimentierend und höchst innovativ weiterentwickelte.
Das Moskauer Darwin-Museum, Goethe und die Anthroposophie
Manchmal kann man darüber verzweifeln, wie wenig sich Naturforscher für Goethes und Rudolf Steiners Ideen zur Erneuerung der organischen Wissenschaft interessieren. Das kann wohl gegenwärtig noch nicht anders sein. Umso größer ist die Freude, wenn man einmal auf solches Interesse stößt – selbst dann, wenn es nur historisch ist. In dem hier zu beschreibenden Fall handelt es sich um eine frühe Verbindung zwischen Darwinismus, Goetheanismus und Anthroposophie.
Eine Reise durch den Osten Europas im Januar 2018 – Teil II
S. begrüsst uns auf dem Bahnsteig von Grosny. Ein großer, etwas stämmiger, leicht untersetzter, aber agiler und fröhlicher Endvierziger, mit schwarzer Fellmütze, Jeans und einem schwarzen Anorak; leger, normal, und doch sofort mit Lokalkolorit. Als er mich sieht, freut er sich und sagt, dass er sich geehrt fühle: Für uns habe er den landestypischen Bart abgeschnitten – und nun hätte ich solch einen Bart! Ich sähe aus wie ein Tschetschene. S. strahlt meinen Bart an und hat fast Tränen in den Augen. Er wird mich in den nächsten Tagen immer wieder auf Tschetschenisch ansprechen, da er es nicht hinzubekommen scheint, mich nicht als Tschetschenen anzusehen. Marija, die mit mir reisende Führerin und Übersetzerin, muss ihn dann gelegentlich daran erinnern, dass ich ihn nicht verstehe, und dass sie Pausen braucht, um zu übersetzen. Aber auch, wenn ich ihm auf Englisch etwas erwidere, scheint ihn das glücklich zu machen. S. wird sich während unseres Besuchs um uns kümmern. Stolz scheint ihn das zu machen. Zuerst förmlich und etwas steif, dann zunehmend herzlich. Jetzt steht er noch gewissermaßen dienstlich da – am Ende, gleicher Bahnsteig, vier Tage später, verabschiedet S. uns als Privatmensch, der Freunden schweren Herzens gute Reise wünscht.
Sinn und Auftrag der Waldorfpädagogik
Man sagt, die Waldorfpädagogik sei eine Erziehung zur Freiheit. Sie strebe danach, die Anlagen, die jedes Kind in sich trage, in umfassender Weise zu entwickeln. Ja, das ist eines ihrer Ziele – aber eben nur eines. Im August 1919, kurz vor der Begründung der ersten Waldorfschule in Stuttgart, erläuterte Rudolf Steiner den Dornacher Anthroposophen, was mit der Waldorfschule eigentlich erreicht werden soll. Es geht um eine dreifache Befähigung des späteren, erwachsenen Menschen: zu Freiheit im sozialen Miteinander, zum Verständnis von Gleichheit im rechtlichen Bereich, und – als höchstes Ideal – zu Brüderlichkeit im wirtschaftlichen Leben. Steiners Analyse war eindeutig: »Eine der allerwichtigsten sozialen Fragen für die Zukunft ist die Erziehungsfrage.« Was in der Kindheit und Jugend entwickelt wird (oder nicht), bestimmt das Denken, Fühlen und Wollen des späteren Lebens und damit das soziale Miteinander in umfassender Weise. Man muss bis zu einem gewissen Grad selbst seelisch gesund sein, wenn man sich gesund verhalten können soll.
Eine Betrachtung des Bildes ›Ixion, von Juno getäuscht‹ von Peter Paul Rubens
Denken, Fühlen und Wollen sind die drei Dimensionen des menschlichen Seelenorganismus, die sich im Physisch-Ätherischen auf das Nerven-Sinnes-System, das rhythmische System und das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System stützen. Dass diese Funktionen in der Entwicklung der Menschheit in einem langen, leidvollen Prozess harmonisiert wurden, schildert die griechische Mythologie in vielen Facetten. Drei ihrer berühmten Protagonisten – Sisyphos, Ixion und Tantalos – können die gewaltigen seelischen Kräfte nicht integrieren und werden deshalb grässlich bestrafte tragische Helden, welche die Gemüter bis in die Neuzeit beschäftigen. Es wurde bereits gezeigt, wie bei Sisyphos das Denken alles beherrschte und Wunsch und Wagemut den Tantalos verführten. Dass Ixion von den Kräften der Individualisierung überwältigt und vereinsamt wurde, weil es ihm nicht gelang, sein Gefühlsleben zu gestalten, wird im vorliegenden Beitrag mit Hilfe des Bildes ›Ixion und Nephele‹ von Peter Paul Rubens entwickelt.
Endlich wieder erhältlich
Der Regisseur und Bühnenbildner Ulrich Rasche hat einen Inszenierungsstil entwickelt, mit dem er Furore macht. Gerade wurde er zum zweiten Mal in Folge zum Berliner Theatertreffen eingeladen, wo alljährlich die zehn bemerkenswertesten Inszenierungen im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet werden. 2017 waren es Schillers ›Die Räuber‹ an den Münchner Kammerspielen, dieses Jahr seine Baseler Inszenierung von Georg Büchners ›Woyzeck‹.
Objective Idealism and Agricultural Individuality
Der Nahe Osten zwischen den Weltkriegen – Teil II
Die Neuordnung des Nahen Ostens nach dem Ersten Weltkrieg war durch das Sykes-Picot-Abkommen sowie die Konferenz von San Remo nur insofern vorgenommen worden, als Frankreich und Großbritannien ihre Einflusszonen voneinander abgrenzten. Was innerhalb dieser Zonen geschah, musste erst noch geklärt werden. Der folgende Artikel betrachtet die Entwicklung in Syrien und dem Libanon.
Erzählungen vom Erwachsenwerden
Eine kurz gefasste, erste Orientierung
Seit etwa acht Jahren, also seit dem Jahr 2010, ist öffentlich wahrnehmbar, dass Anthroposophen bzw. Persönlichkeiten, die der Anthroposophie Rudolf Steiners nahe stehen, als Vortragende oder anderweitig aktiv Mitwirkende im Rahmen von Veranstaltungen der ›Stiftung Rosenkreuz‹ auftreten. Zumeist geht es dabei um Themen von allgemein spirituellem Interesse, behandelt auf Tagungen und Symposien, bei denen die der Anthroposophie Nahestehenden mit Vertretern der ›Stiftung Rosenkreuz‹ zusammenwirken. Der Schreiber dieser Zeilen ist schon langjährig, auch publizistisch, engagiert auf dem Feld des inter-spirituellen Dialogs. Es ist für ihn dabei selbstverständlich, dass Formen solchen Dialogs vor allem dann aussichtsreich sind, wenn um die Ansichten des jeweils Anderen tatsächlich gewusst wird.
Zur internationalen Fachkonferenz für Eurythmisten, Sprachgestalter, Heileurythmisten und Interessierte vom 2. bis 6. April 2018 am Goetheanum
Am Goetheanum in Dornach traf sich in der Osterwoche die heute weltweit ausgebreitete und vor nunmehr über 100 Jahren aus der Anthroposophie hervorgegangene Sprachgestaltungs- und Eurythmie-Bewegung zu einer internationalen, von über 600 Teilnehmern besuchten Konferenz. Dieses Ereignis hatte – wie mittlerweile viele solcher Fachkonferenzen, die zumeist in jährlichen bzw. dreijährlichen Abständen am Goetheanum stattfinden – symptomatischen Charakter, weshalb es sich auch in einer allgemeinen anthroposophischen Zeitschrift lohnt, darüber zu berichten. Symptomatisch deshalb, weil ein großer Teil der Entwicklung der Anthroposophie heute weltweit in diesen sogenannten »Tochterbewegungen« stattfindet, d.h. aber auch: nicht mehr nur in Mitteleuropa, sondern überall auf der Welt und in allen ihren Sprachen.
Perspektiven der Michael-Schülerschaft
Was die beiden hier besprochenen schmalen, konzentrierten Schriften verbindet, ist der individuelle Ansatz, von dem aus die Autoren im Hinblicken auf die Welt (d.h. Innen- wie Außenwelt) dasjenige mitteilen wollen, was ihnen auf dem Weg der Schülerschaft an Einsichten und Wirkgesten erwuchs – einer Schülerschaft innerhalb der heute bestehenden Mysterienschule Michaels. Autor der ersten Schrift: ›Vom Schicksal der Töne. Musikalische Betrachtungen zur Anthroposophie‹ ist Steffen Hartmann, Pianist, Vortragender und Buchautor. Als Liedbegleiter verdankt er wichtige Anregungen, so Hartmann zu seinem Werdegang, den Jahren des Lernens bei Elisabeth Schwarzkopf und Dietrich Fischer-Dieskau. Etwa die Hälfte seines Lebens gehört dabei zugleich, neben allem anderen, der meditativen Bemühung und Erfahrung. Das Buch bietet die Zusammenfassung einiger Aufsätze des Autors, die er zwischen 2010 und 2015 schon anderweitig publizierte, für die neue Edition jedoch zum Teil gründlich überarbeitete. Die Themen sind Musik als individuelles Schicksal, das Tonerleben in Verbindung mit dem Meditieren, das Schicksal der Töne im 20. Jahrhundert, die Hinweise Rudolf Steiners zur Musik in den Vorträgen über das Initiatenbewusstsein, Bachs ›Wohltemperiertes Klavier‹ im zodiakalen Kontext und die Bedeutung musikalischer Skalen für einen Erlebnis- und Erkenntniszugang zu den Engelhierarchien.
Zu Börries Hornemann & Armin Steuernagel (Hrsg.): ›Sozialrevolution!‹
Die rasanten technologischen Entwicklungen unseres gegenwärtigen »Digitalzeitalters« haben in den letzten Jahrzehnten zu tiefgreifenden Veränderungen in der Lebens- und Arbeitswelt geführt. Bereits 1995 prognostizierte Jeremy Rifkin in seinem Buch ›Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft‹ einen gewaltigen Arbeitsplatzabbau durch Automation und Robotik. Zwar scheint der Rückgang der Arbeitslosigkeit z.B. in Deutschland Rifkins Vorhersage zu widersprechen, doch verschleiern die sogenannten Hartz IV-Reformen nur die Tatsache, dass immer mehr Menschen in den Niedriglohnsektor abgedrängt wurden. Es bleibt allerdings die Frage, ob die offensichtliche Ausbeutung wirklich die Folge der technologischen Entwicklung oder nicht vielmehr der Ausdruck dafür ist, dass die bestehenden Rechtsordnungen und ihre Bewertungssysteme die realen Verhältnisse nicht wirklichkeitsgemäß abbilden, sondern nur deformiert widerspiegeln.
Die total überwachte und gesteuerte Gesellschaft naht
Mit dem Stichwort der »Smart-City« ist die datengesteuerte, total überwachte Stadt der Zukunft gemeint. An ihr wird weltweit auf internationalen Konferenzen gearbeitet. Auch die deutsche Bundesregierung hat unlängst eine »Smart-City-Charta« veröffentlicht, in der die Ziele dieser Totalüberwachung auf smarte Weise beschrieben werden.
Zu Reiner Kunzes 85. Geburtstag
»Welches Glück, einen Dichter zu haben ...« Das ist der immer wiederkehrende Stoßseufzer der Hauptfigur des Romans ›Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge‹ von Rainer Maria Rilke. Brigge ist eine biografische Figur, der Autor lässt ihn in Paris unter seinen eigenen Lebensumständen wohnen, identisch bis zur Hausnummer. Auch seine Ängste und Sorgen gibt er der Figur mit – Rilke, der im Grunde sein Leben lang obdachlos war, ohne eigene Wohnung und ohne gesichertes Einkommen, ständig angewiesen auf Unterstützung durch Gönner und Mäzene. Malte, der Romanheld erfährt das soziale Elend des damaligen Paris der Jahrhundertwende. Immer wenn er es in der Winterkälte der ungeheizten Wohnung nicht mehr aushält, geht er in die Bibliothek. Draußen auf der Straße die Bettler, die ihm zu verstehen geben: Bald könntest du einer von uns sein … Diese bedrohliche Vision, die seine eigene ist, bekämpft Rilke nicht mit dem Gefühl: »Welches Glück, ein Dichter zu sein!« Seine soziale Randlage empfindet er als Auslieferung und die Pflicht des »Dennoch« in der Notwendigkeit künstlerischen Schaffens.
Zu ›»Stiftung Rosenkreuz«, »Lectorium Rosicrucianum« und anthroposophische Bewegung‹ von Klaus J. Bracker in die Drei 4/2018