Die Lebenswege der Menschen durch das Dunkel einer Welt, in der die geistige Orientierung verloren gegangen ist – das ist ein großes Thema im neunzehnten Jahrhundert. In der Gegenüberstellung zweier charakteristischer Gestalten der deutschen Literaturgeschichte, des Österreichers Adalbert Stifter (1805–1868) und des Schweizers Conrad Ferdinand Meyer (1825–1898), kann deren Eigenart deutlicher werden. Meyer schuf erst nach Stifters Tod, über vierzig Jahre alt, die Meisterwerke, die im ganzen deutschen Sprachraum eine große Leserschaft fanden und der Grund sind, dass er heute, zweihundert Jahre nach seiner Geburt, nicht vergessen ist. Bei Stifter verschwindet der Mensch in der Natur als einem lebendigen, beseelten, durchgeistigten Makrokosmos; bei Meyer tritt der Mensch als seelischer Mikrokosmos aus dem stilisierten, kulissenhaften Hintergrund der Geschichte, besonders der Renaissance, hervor.