»Nach einer Epoche eines nicht faulen, sondern kerngesunden, kräftigen und zuversichtlichen Friedens, da viele von uns sich ihrer Zeit, ›unserer Zeit‹, der Jetztzeit, gefreut hatten, herrscht wieder das Dunkel einer Vorkriegszeit. Es war das aber ein Vorkrieg, wie es ihn vielleicht noch nie zuvor gegeben hatte. Der Frieden bestimmte weiter das Bild, allgegenwärtig das Wort ›Frieden‹ von Flugzeugen in den Himmel geschrieben, von Fackelträgern in die Nacht gebrannt, genauso wie das Wort ›Liebe‹. Und zugleich war schon der Krieg im Gang, sowohl der alte der Völker als auch ein neuer, eines jeden gegen jeden, der zweite rücksichtsloser noch auf Vernichtung bedacht als der erste.« Ob es diesen »kerngesunden« Frieden, von dem Peter Handke in seinem vor 20 Jahren erschienenen Roman ›Der Bildverlust‹ schreibt, nach dem Zweiten Weltkrieg je gegeben hat, sei dahingestellt. Auf alle Fälle scheint mir die Beobachtung richtig, dass unter der Decke längst ein »Vorkrieg« zugange war. Dieser ist heute - wieder einmal - zu einem offenen Krieg geworden. In Russland, dem Sitz eines Aggressors, darf dieser jedoch nicht als ein solcher benannt werden, während der nicht minder scheinheilige Westen seine eigene Aggressorenrolle als defensives Handeln tarnt. Wer in Russland offene Worte spricht, kommt ins Gefängnis; wer im Westen nur beschwichtigen will, wird als von Putin verführter Naivling in die Ecke gestellt.