Atmendes Licht

Eine österlich-michaelische Betrachtung

Michaeli und Ostern bilden miteinander eine kosmisch-terrestrische Polarität – im Spannungsfeld zwischen Sommer und Winter. Man kann sie, vom Tageserleben her, mit den Lichtsituationen des Abends und des Morgens vergleichen – den Zonen zwischen Tag und Nacht. Wie diese in den Dämmerungen leben, den Bereichen der Schwelle zwischen Nachtdunkel und Tageshelle, so gehen mit Michaeli und Ostern zwei verschiedene Welten ineinander über: die Welt des sommerlich auswärts gekehrten und die des winterlich nach innen gewendeten Lichtlebens – dort viel äußeres Licht bei einer möglichen inneren Dumpfheit, hier viel äußere Dunkelheit, oft begleitet von hellerem, klarerem Bewusstsein. Der Mensch, der diese Schwellenübergänge vollzieht, bleibt mit sich selbst identisch, seine Lebensvollzüge aber sind von der gerade vorherrschenden Intro- oder Extravertiertheit beeinflusst, die sich infolge des Zusammenlebens mit der natürlichelementarischen Mitwelt in der dunklen oder in der lichten Jahreshälfte ergeben. Die Selbstidentität zu wahren, in ihr zu erwachen, sie immer bewusster zu verwirklichen, stellt sich gerade mit diesen Übergängen als Aufgabe – zu Michaeli wie um Ostern. Das schon angedeutete Motiv, das solches Erwachen begünstigt, liegt darin, dass beispielsweise auf der herbstlichen Seite das äußere Zurückgehen des Lichts durch das Anwachseninneren Lichtes beantwortet wird – eines Lichtes, das weitgehend dem individuellen Bewusstseinslicht entspricht. Das drückt sich in dem vormichaelischen Wochenspruch des ›Anthroposophischen Seelenkalenders‹ aus, der den Wechsel vom schwindenden Außen- zum zunehmenden Innenlicht behandelt.

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