Zu ›Das Essenzielle geht verloren‹ von Corinna Gleide, Ulrike Wendt und Markus Buchmann in die Drei 7-8/2019 // Zu ›Migrationspolitik, Europa und der »neue Antisemitismus«‹ von Ralf Sonnenberg in die Drei 11/2019
Erste Hilfe gegen die Verblendung
Zur zweiten Transhumanismus-Tagung der Sektion für Schöne Wissenschaften
Sie ist lang, die Nacht in der Hütte des Bergregenwaldes – je nach Wolken über elf Stunden lang, viel länger jedenfalls, als ein Mensch zum Schlafen braucht. Und sie ist dunkel, dunkler, als es das Wort für gewöhnlich meint, wenn man vielleicht den unbeleuchteten Garten vom hellen Wohnzimmer aus betrachtet. Denn trätenwir da hinaus, könnten wir durch entfernte Straßenlaternen oder die nächtlich erleuchteten Nachbarfenster uns doch problemlos orientieren. Die Dunkelheit aber in den tropischen Wäldern ist total. Keine Stadt erleuchtet von ferne die Wolken. Selbst wenn der Mond senkrecht herunterscheint, verschlucken die Bäume fast alles Licht. Wegen der zu Hause vergessenen Taschenlampe vermag nur eine flackernde Kerzenflamme mühsam das Dunkel zu verdrängen und den Weg zur Schlafkammer zu erleuchten, um eine eventuelle Korallenschlange oder eineebenfalls hochgiftige Lanzenotter vom alten Laub unterscheiden zu können.
Zum Film ›Becoming Animal‹ von Emma Davie und Peter Mettler
Zur Ausstellung ›Moderne Jugend? Jungsein in den Franckeschen Stiftungen 1890–1933‹ in den Franckeschen Stiftungen in Halle a.d. Saale
Zur Ausstellung ›Van Gogh. Stillleben‹ im Museum Barberini Potsdam
Zur Ausstellung ›Impressionismus – Meisterwerke aus der Sammlung Ordrupgaard‹ in der Hamburger Kunsthalle
Zur Ausstellung ›Van Dyck‹ in der Alten Pinakothek in München
Die Marienfenster im Dom zu Linköping
Zu Mario Betti: ›Das Rosenkreuz – Von der Einwohnung des Christus im Menschen‹
Anfang März dieses Jahres hielt ich mich für drei Tage im Vreede-Archiv in Den Haag auf. Ich war auf der Suche nach einem eventuellen Briefwechsel zwischen Elisabeth Vreede und Elise Wolfram (1864–1942). Wolfram, derenBiografie ich weitgehend abgeschlossen habe, hat während ihres ganzen Lebens ein lebhaftes Interesse am Sternenhimmel gehabt, das sich z.B. in ihrem beharrlichen Fragen nach den eurythmischen Bewegungen und Gesten der Planeten und Tierkreiswesen, in ihrer Organisation von Rudolf Steiners Zyklus ›Christus und diegeistige Welt‹ in Leipzig sowie in ihrem letzten Werk ›Fixsternhimmel und Menschheit‹ (1940) zeigt. Es war naheliegend, einen Briefwechsel mit Vreede als Leiterin der Mathematisch-Astronomischen Sektion für möglich, ja wahrscheinlich zu halten. Nichts derartiges habe ich gefunden. Doch geben die Fülle des Materials und der bisherige Stand der Katalogisierung Hoffnung, dass noch etwas zu finden sein wird, denn in drei Tagen kann man nur einen kleinen Teil des Bestands durchsehen.
Eine geistige Grundfrage, welche die Menschheit beschäftigt, seit sie sich ihrer selbst bewusst wird, ist die nach dem Zusammenhang der äußeren Wirklichkeit mit dem Moralischen. Hannah Arendt formulierte sie einmal so: »Könnte die Tätigkeit des Denkens als solche – die Gewohnheit, das, was immer sich gerade ereignen mag, ohne Berücksichtigung des spezifischen Inhalts und ganz unabhängig von den Ergebnissen zu erforschen und zu bedenken –, könnte diese Tätigkeit so beschaffen sein, dass sie die Menschen gegen das Unrecht-Tun ›konditioniert‹?«1 In Anlehnung an die Diktion Rudolf Steiners könnte sie so lauten: Wie kann das reine Denken als eine durch Übung erworbene Fähigkeit zur Grundlage des moralischen Handelns werden?
Vom Nicht-Erkennen eines Versteckspiels
Das Hauptproblem bei der grassierenden Diskussion um die Mobilfunk-Strahlung besteht darin, dass am Hauptproblem vorbeigeschaut wird – und das besteht in einem Versteckspiel eines Wesens, das stets verneint.
Die Regulierung der Fortpflanzungskräfte in der Landwirtschaft
Die im vorangegangenen Artikel dargestellte »Düngerreform«2 des Landwirtschaftlichen Kurses dient der Erhaltung und Steigerung des Lebendigen. Anschließend geht Rudolf Steiner zu einer zweiten Reform über: die »Bekämpfung des Unkrautes und der tierischen Pflanzenschädlinge, der Parasiten, und [...] der Pflanzenkrankheiten«. Die Absicht geht also jetzt in die entgegengesetzte Richtung: Das Lebendige soll unterdrückt werden.
Der Siegeszug der herrschenden Technikgläubigkeit, mit ihrem Kern der Menschenverachtung, nimmt mit Alexander von Humboldt (1769–1859) Fahrt auf – was seine Tragik ausmacht, aber auch seine nachwirkende Größe. Denn seine Sicht auf die Welt, auf die Erde – denn das war sein zentrales Anliegen, eine »lebendige Erkenntnis des Weltganzen«1 – prägte sein wissenschaftliches Verständnis. Womit er als Generalist und Weltbürgerseiner Zeit zwar voraus war, aber doch nur in Fußstapfen wandelte, die nicht tiefer drangen, als Oberflächen gekonnt in Zusammenhänge zu bringen – was heute, digital verstärkt, allgemein üblich ist, aber entschieden zu wenig, um zu erkennen, von welchem Zeitgeist unsere Gegenwart schon seit dem 17. Jahrhundert vorangetrieben wird.
Von der Ressourcenverwaltung zur Zukunftsgestaltung – Teil II
Im ersten Teil dieses Artikels wurden unter der Fragestellung ›Wie kommt Neues in die Welt?‹ die zwei diametral verschiedenen Denk- und Handlungsansätze von Uwe Schneidewind und Hildegard Kurt im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit vorgestellt und diskutiert. Im Folgenden geht es im Hinblick auf dieselbe Frage um das Wechselspiel zwischen Selbst- und Weltverhältnis. Wie kann die innere Ohnmacht angesichts der in der Welt herrschenden Todeskräfte überwunden werden?
oder: Das Christliche in der Politik
Im Europawahlkampf wurde einmal mehr beklagt, wie inhaltsleer die Parolen der Volksparteien sind. Dagegen wird eher pflichtschuldig ins Bewusstsein gehoben, wie anachronistisch das C im Parteinamen der christlich-demokratischen (bzw. sozialen) Union ist. In diesem C verschränken sich Kalkül und Sentimentalität. Es geht ja nicht in erster Linie um den Glauben, der immer noch als Privatsache gilt, sondern um eine kulturelle Prägung, um die Wertetradition des Abendlandes – ›Die Christenheit oder Europa‹, um den Titel des 1799 entstandenen Aufsatzes von Novalis heranzuziehen.
Die erweiterte Demokratie – Teil II
ImInternet tobt ein Meinungskampf zwischen Klimaaktivisten und »Klimaleugnern«. Während die einen »mit Augen zu sehen« glauben, wie CO2 die Erde erwärmt, sprechen die anderen von Panikmache im Dienste finanziellerInteressen. Beide Lager vermuten hinter der Meinung des jeweils anderen Manipulationen oder gar Verschwörungen. Nicht wenige »Klimaleugner « behaupten, ›Fridays for Future‹ werde von Finanzinvestoren wie George Soros »gemacht«, während Klimaaktivisten derartige Skepsis wiederum für das Werk von »PRAgentender Reichen und Mächtigen« halten. Interessanterweise sehen also beide Lager irgendwie »den Neoliberalismus« am Werk. Uneinigkeit herrscht nur darüber, was diesem nun eher in die Hände spielt: die von Schülern geforderte CO2-Bepreisung oder die Leugnung der CO2-Problematik. Hier soll keine Partei für die eine oder andere Seite ergriffen, sondern die Aufmerksamkeit auf das gelenkt werden, was beide Seiten verbindet: die Unsicherheit in der Einschätzung der ökonomischen Kräfte. Und außerdem die Tatsache, dass beide dieDemokratie für die einzig mögliche Form der Volksherrschaft halten und deshalb den Staat auch in der Verantwortung für die Wirtschaft sehen. Beide Lager bewegen sich somit im Koordinatensystem derselben Weltanschauung. Der Dualismus zwischen Markt und Staat als selbstverständliche Voraussetzung jeglicher Meinungsbildung ist nämlich seinerseits das Werk des Neoliberalismus. In seiner Überwindung, und nicht etwa in der Beseitigung einzelner Symptome der Welt-Misswirtschaft, liegt die Lösung der Klimafrage.
Ein Jahr Gelbwesten-Proteste
Man stelle sich vor, dass in einem autoritär regierten Land, sagen wir Russland, seit über einem Jahr tausende von Menschen jeden Samstag auf die Straße gehen, um gegen ihre Regierung zu protestieren. Man stelle sich weiter vor, dass die Regierung immer wieder gewaltsam gegen diese Demonstranten vorgeht, mit Tränengas und Gummiknüppeln, aber auch mit Gummigeschossen, die so schwere Verletzungen hervorrufen, dass 24 Menschen ein Auge verloren haben, fünf Menschen eine Hand abgerissen wurde und ein Mann einen Hoden verlor; dass eine 80-jährige Frau starb, weil sie von einer Tränengasgranate ins Gesicht getroffen wurde; und dass Organisationen wie ›Amnesty International‹ und ›Reporter ohne Grenzen‹2 das harte Vorgehen der Polizei kritisieren. Wäre das nicht in unseren Medien ein Thema, das wiederholt behandelt und von moralischen Verurteilungen begleitet würde? Wenn es um Russland ginge, ganz bestimmt. – Aber es geht ja um Frankreich.
oder: Die zwei Quellen verkehrter Menschlichkeit
Dieser Artikel ist aus einem Dialog entstanden. Martin Large gibt zunächst eine bedrückende Beschreibung der politischen und sozialen Situation seines Heimatlandes Großbritannien. Anschließend zeigt Stephan Eisenhut, dass sich hier viele Entsprechungen zu dem finden, was Rudolf Steiner im Dezember 1919 speziell für die aus England angereisten Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft über Niedergangs- und Aufbaukräfte sowie deren Zusammenhang zum alten und zu einem erneuerten Mysterienwesen ausgeführt hat. Dem Dialog zwischen englischem und deutschem Geistesleben kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu.
Gegen ärgerliche Vereinfachungen