Zur Ausstellung ›fontane.200/Brandenburg – Bilder und Geschichten‹ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam
Der 200. Geburtstag Theodor Fontanes (*30. Dezember 1819; † 20. September 1898) wird gegenwärtig in Berlin und Brandenburg unter der Überschrift ›fontane.200‹ mit einer Fülle von Veranstaltungen begangen, darunter die am 7. Juni eröffnete Ausstellung ›fontane.200/Brandenburg – Bilder und Geschichten‹ im ehemaligen Kutschstall am Neuen Markt in Potsdam, der heute als Haus der Brandenburgisch- Preußischen Geschichte dient. Sie ergänzt die seit dem 30. März 2019 laufende Leitausstellung ›fontane.200/Autor‹ in Neuruppin und eine Reihe kleinerer Ausstellungen.
Zu Albert Schmelzer & Jan Deschepper: ›Menschenkunde verstehen‹
Wie macht man heute, hundert Jahre nach der Gründung der ersten Waldorfschule, werdende Lehrer mit dem erstaunlichen Einführungskurs bekannt, den Rudolf Steiner für die zwölf ersten Lehrerinnen und Lehrer der Schule kurz vor ihrer Eröffnung im Herbst 1919 gehalten hat? Total immersion nennt man heute ein Lehrprogramm für eilige Fremdsprachenlerner, das die Teilnehmer vom Morgen bis zum Abend dem Leben einer fremden Sprache aussetzt, von deren Grammatik sie keine Ahnung haben. Etwas Ähnliches hat das Mannheimer Lehrerseminar – das heute als ›Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität‹ der Alanus Hochschule firmiert – jahrelang in Gestalt eines vierzehntägigen Kompaktkurses für seine Studienanfänger praktiziert: ein Ritual des Eintauchens in einen Kosmos neuer Ideen, das sich ganz am Wortlaut der Nachschriften entlangbewegte, die aus dem Gründungskurs erhalten geblieben sind. Vielleicht ist das noch heute ein bedenkenswerter Weg, die in anthroposophische Pädagogik Einzuweihenden der ganzen moralischen Wucht auszusetzen, mit der einst, nach der Weltkriegskatastrophe, eine heute weltweit verbreitete Schulbewegung begründet wurde. Nun hat sich aber die Situation der Waldorfbewegung seither in vieler Hinsicht geändert. Das erfordert einen neuen Griff.
Zu ›CaRabA – #LebenohneSchule‹ von Joshua Conens
So also soll es aussehen und sich anfühlen, wenn die leidige deutsche Schulpflicht aus dem 19. Jahrhundert, die in unserer zopfigen Form nur in wenigen Ländern existiert, endlich ausgehebelt ist – nicht etwa durch Revolution oder Subversion, sondern durch das Bundesverfassungsgericht. Bei dem legt eine Schülerin eine Beschwerde ein und bekommt im Jahr 2020 recht. Sämtliche Schulen werden daraufhin mit Stumpf und Stiel abgerissen. Was übrig bleibt, ist eine wohltuend grüne Wiesenwüste. Auf der beginnt ›CaRabA – #LebenohneSchule‹ – nach den Worten seines Initiators Bertrand Stern ein Film, der die Frage nach der Schule überwunden haben will und Möglichkeiten für Menschen aufzeigt, sich frei zu bilden.
Schulung der Herzenslogik
Zu ›Metamorphose Mensch & Tier‹ von Christoph Hueck in die Drei 5/2019 und zum Leserforum in die Drei 7-8/2019
Ob es nun um die Kommunikation von Mensch zu Mensch oder um das Erkennen der Welt geht: Es sind Worte und Bilder, mit deren Hilfe wir verstehen und uns verständigen können – besonders dann, wenn die Worte bildhaft und die Bilder begrifflich durchdrungen sind. Große Philosophen und Dichter sind deshalb immer auch Gedankenkünstler. Einige von ihnen kommen im vorliegenden Heft zu Ehren.
Auch ein Beitrag zur anthroposophischen Diskussion über Verschwörungstheorien
Die Leserbriefe von Jens Heisterkamp und Johannes Denger zu Ralf Sonnenbergs Artikel ›Die offene Gesellschaft und ihre Anthroposophen‹ lassen vermuten, dass wir mit dem Thema »Verschwörungstheorien« – auch aus anthroposophischer Perspektive – noch nicht an ein Ende gekommen sind. Daher sollte man überlegen, wie weitere Diskussionen konstruktiv zu führen wären. Ihre Grundlage sollten Sachkenntnis sein sowie Einsicht in Haltungen, Arbeitsmethoden und Argumente der Befürworter von Verschwörungstheorien (im Folgenden »Skeptiker« genannt) und ihrer Kritiker.
Lebensbedingungen der Menschenwürde – II. Teil
Im ersten Teil dieser Betrachtung (vgl. die Drei 6/2019) wurde die Frage gestellt, was notwendig ist, um den goldenen Maßstab der Menschenwürde europäisch zu fassen. Dabei wurde an ein Bild des Philosophen Jürgen Habermas angeknüpft, der das Verhältnis von Wissenschaft, Kunst und Religion (bzw. Ethik) mit einem Mobile vergleicht, das sich ineinander verhakt hat. Wenn man dieses Bild auf das gesellschaftliche Ganze überträgt, stellt sich die Frage, wie Wirtschaft, Recht und Kultur in ein freies Spiel zueinander finden können – und ob zu diesem Zweck die Europäische Union neu verfasst werden muss.
Seit rund dreißig Jahren wird am Hardenberg Institut in Heidelberg entwickelt, was inzwischen als Dialogische Führung bzw. Dialogische Kultur bekannt geworden ist. Damit wird etwas ganz Spezifisches bezeichnet, nicht einfach nur (wie manche meinen), dass man »miteinander redet«. Miteinander zu reden, ist ja auch in anderen »Kulturen« nicht ganz ausgeschlossen! In der Dialogischen Kultur sucht man das Gespräch unter bestimmten Gesichtspunkten, die eingehend beschrieben wurden.
Zur dialogischen Konstitution des Menschseins anhand eines Gedichtes von Friedrich Hölderlin
»Im Anfang war das Wort« – der Logos, sagt Johannes zu Beginn seines Evangeliums. Die Anfänglichkeit und die Wortung – oder besser partizipial formuliert: das Wortende – werden damit auf eine gleichermaßen exponierte Seinshöhe gestellt. Sie müssen folglich auch eine innerliche Nahbeziehung, ja eine Wesensverwandtschaft aufweisen. Im Anfang kann nichts anderes gewesen sein als das Wort. Der Zusammenhang zwischen beiden ist nichts Akzidentielles und Kontingentes. Er muss in ihnen selbst begründet liegen. Doch wie sind Anfänglichkeit und das Wortende (als Ursprung von Sprache) miteinander wesenhaft verbunden? Inwiefern waltet in jedem Worte ein Anfängliches? Auf welche Weise ist in jeder Anfänglichkeit ein Wortendes zugegen? Und wie sind diese beiden Vorgänge miteinander erstursprünglich verbunden? Worin liegen deren gemeinsame Herkunft und Wurzel?
Oswald Spengler und Rudolf Steiner
Vor einem Jahrhundert erschienen die beiden Bände eines monumentalen Werkes, das zu den meistgelesenen Büchern der Weimarer Republik gehörte und bis heute eines der umstrittensten Werke der Geschichtsphilosophie ist: Oswald Spenglers ›Der Untergang des Abendlandes. Umrisse eine Morphologie der Weltgeschichte‹, dessen erster Band ›Gestalt und Wirklichkeit‹ 1918 und dessen zweiter Band ›Welthistorische Perspektiven‹ 1922 veröffentlicht wurde. Der Titel ist zu einem politischen, wenn auch oft ironisch gebrauchten Schlagwort geworden, das mit jeder neuen Krise die Geister mobilisiert. Lange Jahre in Vergessenheit geraten, erlebten Autor und Werk im Spengler-Jahr 2018 eine bescheidene Renaissance sowohl in Presse und Rundfunk als auch im universitär-akademischen Kontext. So veranstaltete die neu gegründete ›Oswald Spengler Society‹ ihre erste Konferenz und verlieh dem französischen Schriftsteller Michel Houellebecq – jüngst weithin diskutiert wegen seines Romans ›Die Unterwerfung‹ (2015) – im Oktober vergangenen Jahres in Brüssel den ersten ›Oswald-Spengler-Preis‹.
Rembrandt zum 350. Todestag
Zum 400. Geburtstag Rembrandts im Jahr 2006 hat der Verfasser zwei ausführliche Beiträge zu Rembrandts Leben und Werk in dieser Zeitschrift veröffentlicht. Das 350. Todesjahr ruft eher die Frage nach dem Weiterwirken des Lebensimpulses dieses Giganten der Malkunst wach.
Zwei Ausstellungen im Museum Wiesbaden
Eine seltene Symbiose wird im Museum Wiesbaden dargeboten, das diese Zuschreibung bereits in seinem offiziellen Namen trägt: ›Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur‹. Im Sommer dieses Jahres wurde dort ein neuer Ausstellungsbereich eröffnet, der das Haus zu einem herausragenden Ort in der europäischen Museumslandschaft werden lässt. Er ist einer Schenkung des Wiesbadener Mäzens Ferdinand Wolfgang Neess gewidmet, der eine der bedeutendsten Privatsammlungen des Jugendstils und des Symbolismus zusammengetragen hat: mehr als 500 Objekte, darunter Möbel, Gemälde sowie Werke aus Glas, Porzellan und Keramik. Die Sammlung bietet einen Querschnitt durch alle Gattungen und stilistischen Positionen dieser Kunstrichtung, außerdem werden die Objekte in geografischer und thematischer Hinsicht miteinander in Bezug gesetzt. Die Ausstellungsräume im Südflügel wurden dafür zum Teil wie regelrechte Wohnungen eingerichtet. So ist ein Gesamtbild entstanden, das in dieser Form wohl einmalig ist. Als Besucher tritt man dadurch in eine Lebenswelt ein, wie sie befremdlicher nicht sein könnte.
Gleich die richtige Seite aufschlagen
Zu ›Die Meisterfrage bei Sergej O. Prokofieff‹ von Klaus J. Bracker in die Drei 7-8/2019
Forum für Auszubildende + Studierende
Eine Spurensuche
Geht man auf die Suche nach den Rosenkreuzern in den Niederlanden des siebzehnten Jahrhunderts, dann trifft man zunächst auf eine Fülle von Hinweisen, von denen sich die wenigsten konkretisieren lassen. Eine gewisse Klarheit bringt die als Buch publizierte Dissertation von Govert Snoek: ›De Rozenkruisers in Nederland‹. Dieser hat mit unendlicher Geduld die entlegensten Ecken der Archive durchsucht, alte Nachlassverzeichnisse durchstöbert sowie Briefe und Biografien studiert, um die Fäden des verworrenen Gewebes zu ordnen.
Zu Rembrandts letztem Gemälde
»Nun entlässt du, o Gebieter, deinen Knecht in Frieden, wie du es verheißen. Denn meine Augen haben dein Heil gesehen.« (Lk 2,29-30) So lauten die Worte des alten Simeon, die er angesichts des Jesuskindes ausspricht, denn ihm wurde geweissagt, dass er erst sterben werde, wenn er Christus1 gesehen habe. Erlöst im Anblick des Erlösers darf er nun in Frieden aus dem Leben scheiden. Rembrandt malte dieses Erlösungsgeschehen, bevor er selbst – am 4. Oktober 1669 – in die geistige Welt einging. Das Gemälde soll auf seiner Staffelei gestanden haben, als er starb. Obwohl es eine Auftragsarbeit war, wirkt es wie eine Art Vermächtnis; nicht nur wegen des Motivs, sondern vor allem wegen der ganz eigenen anschaulichen Wirkungsgestalt des Bildes.
Dieses Heft steht im Zeichen des Anfangs. Zunächst ganz äußerlich: Noch nie haben wir so viele Beiträge gebracht, die als »Teil I« gekennzeichnet sind. Dann aber inhaltlich: Denn die Welt zu verändern ist bekanntlich ein langwieriges Unterfangen, bei dem die unvorhersehbaren großen Sprünge durch viele kleine Schritte mühsam vorbereitet werden müssen.
oder: Perversion des Auserwähltseins
Die zum zweiten Mal innerhalb von fünf Monaten abgehaltenen Wahlen in Israel sind ein Anlass, den Blick auf bestimmte Aspekte der aktuellen gesellschaftlichen Lage dieses Landes zu lenken. Davon, diese Lage umfassend zu verstehen oder zu erklären, kann kaum die Rede sein. Eher geht es um eine möglichst genaue Beobachtung der Phänomene – und um eine Schilderung von Bildern und Gedanken, die im Bewusstsein eines von weitem beobachtenden Einheimischen aufsteigen. Keine verborgenen Wahrheiten oder Enthüllungen, sondern ein besorgter Blick auf den offensichtlichen Zerfall von Werten und sozialer Kohärenz.
Zu einer verantwortungsethischen Streitschrift des deutschsyrischen Politologen Bassam Tibi
Die Terroranschläge in Christchurch und Halle sowie der Mord an dem CDU-Abgeordneten Walter Lübcke führen auf verstörende Weise vor Augen, dass an den Rändern unserer Gesellschaft eine Radikalisierung stattfindet, die nicht zuletzt auch ein Ausdruck der wachsenden Polarisierung in diesem Land ist. Es hat den Anschein, als ob die Bereitschaft, einander zuzuhören und das Berechtigte in der Anschauung des jeweils anderen wahrzunehmen, gegenwärtig im Sinkflug begriffen ist. Indes streiten Experten darüber, ob der Antisemitismus, der in dem zwei Todesopfer fordernden Anschlag auf die Hallenser Synagoge eine neue Dimension der Gewalt erfuhr, in den letzten Jahren zugenommen habe. Wolfgang Benz, der frühere Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, geht von einem weitgehend unveränderten Bodensatz an judenfeindlichen Gesinnungen seit den 60er Jahren aus, der dank der Anonymität der »sozialen Medien« sowie des Erfolges rechtspopulistischer Parteien im In- und Ausland heute nur unverfrorener zutage trete.
Die erweiterte Demokratie – Teil I
Der vorliegende Aufsatz skizziert die Grenzen der Wirksamkeit demokratischer Prozesse. In den folgenden Teilen der hiermit beginnenden Serie wird dann aufgezeigt, wie sich das Volk gegenwärtig durch seine Fixierung auf demokratische Abstimmungsverfahren selbst entmachtet und der Herrschaft durch Finanz- und Politeliten unterwirft. Vor dem Hintergrund der Klimadebatte und der Enteignungs-Forderungen des Juso-Chefs Kevin Kühnert sollen demgegenüber praktische Wege beschrieben werden, wie »alle Macht« tatsächlich vom Volk ausgehen könnte.
Das kürzlich vorgelegte Klimaschutzpaket lässt sich nicht anders als ironisch kommentieren. Was als Endziel der CO2-Bepreisung vorgestellt wird, ist eine politische Verhaltenstherapie zur Modifikation der Volksseele. Offenbar soll die Bevölkerung nun mit sanfter Gewalt wie Herdenvieh in die richtige Richtung gelenkt werden. Die zunächst vertagte, aber dann doch irgendwann – wenn’s die Leute vielleicht wieder vergessen haben – kommende Gebührenordnung ist so prozessual eingerichtet wie ein Naturgeschehen: eine allmählich ansteigende finanzielle Belastung, an die man sich gewöhnen wird wie an die zunehmende Hitze. Wirtschaft und Industrie werden ebenso gelenkt. Solange sich der Schaden noch rechnet, wird weiter mit Emissionen gehandelt. Die Kosten-Nutzen-Bilanz soll von selbst dafür sorgen, dass neue und erdfreundliche Technologien hervorgebracht werden. Das ist das Naturgesetz des Marktes, das sich ja schon in der Vergangenheit als so segensreich erwiesen hat.