Zum IV. Kongress ›Meditation und Wissenschaft‹
550 Teilnehmer waren am ersten Adventswochenende 2018 nach Berlin zum vierten Kongress ›Meditation und Wissenschaft‹ unter dem Titel: ›Meditation zwischen Abgrund und Nirvana‹ gekommen und diskutierten vor allem zwei Fragen: Wieweit lässt sich die Meditation – unter der in diesem Kontext grundsätzlich die buddhistisch inspirierte Achtsamkeits- oder die säkularisierte Zen-Meditation verstanden wird – zu Zwecken der Selbstoptimierung nutzen? Und: Wieweit wird das, was mit dieser Art der Meditation ursprünglich gesucht wurde, nämlich ein tieferes und wahres Verstehen der eigentlichen Natur der Welt und damit auch des eigenen Selbst, dadurch verraten, dass man Achtsamkeit im Sinne eines wirtschaftlichen und gesundheitlichen Effektivitätsdenkens instrumentalisiert? Der Kongress sollte mithin ein Statement gegen »Achtsamkeit light« sein.
Zur Ausstellung ›Mantegna und Bellini – Meister der Renaissance‹ in der Gemäldegalerie in Berlin
In der Malerei kann ein und dasselbe Motiv die unterschiedlichsten »Interpretationen« erfahren, je nachdem, wie es gemalt wird. Ist schon die Wirkung eines Musikstückes abhängig vom »Interpreten«, der es aufführt, so gilt dies umso mehr für die Farbwahl eines Bildes, den Aufbau, die Strichführung, den Umgang mit dem Licht, die Perspektive und vieles andere. Die vergleichende Betrachtung von Bildern desselben Motivs kann helfen, diese formalen Gestaltungselemente stärker in den Blick zu bekommen. Zu solchen Vergleichen lädt derzeit die von den Staatlichen Museen zu Berlin und der National Gallery, London in Kooperation mit dem British Museum veranstaltete Sonderausstellung ›Mantegna und Bellini‹ ein.
Zur Ausstellung ›Tizian und die Renaissance in Venedig‹ im Frankfurter Städel Museum
Das Thema Renaissance scheint in der Luft zu liegen. Nach der großen Florentiner Schau in der Münchner Pinakothek widmet sich nun das Frankfurter Städel Museum mit einer Sonderausstellung zu ›Tizian und die Renaissance in Venedig‹ diesem Kapitel der europäischen Kunstgeschichte. Mit über hundert Meisterwerken sind die Künstler der Lagunenstadt vertreten, die im 16. Jahrhundert einen eigenständigen Stil entwickelten. Sie setzten vor allem auf rein malerische Mittel, die Wirkungen von Licht und Farbe. Diese Ausstellung zeigt nun die ganze Bandbreite der venezianischen Malerei. Neben Tizian, der mit über 20 Werken präsentiert wird, die umfangreichste Auswahl, die je in Deutschland gezeigt wurde, sind vor allem Tintoretto und Paolo Veronese vertreten. In acht thematischen Kapiteln untersucht die Ausstellung aber auch eine Polarität, die schon in der zeitgenössischen Rezeption des 16. Jahrhunderts eine Rolle spielte: der Gegensatz von disegno (Zeichnung) in Florenz und Rom sowie colorito (Farbe) in Venedig.
Zeichnungen von Eva Hesse im Museum Wiesbaden
Das Werk der deutsch-amerikanischen Künstlerin Eva Hesse (1936–1970) wirkt erstaunlich gegenwärtig. Sie hatte sich künstlerisch entwickelt, als in den USA die Minimal Art als Gegenbewegung zum Abstrakten Expressionismus entstand. Mit wichtigen Vertretern dieser neuen Richtung wie Sol LeWitt, Donald Judd, Carl Andre und Dan Flavin war sie zum Teil eng befreundet; der wie ihre Familie aus Deutschland geflohene Bauhäusler Josef Albers war einer ihrer Lehrer. Doch hat sie bald ihren ganz eigenen Weg gefunden, der sich auch in ihren Zeichnungen widerspiegelt, die jetzt im Zentrum der von Jörg Daur verantwortlich kuratierten Wiesbadener Ausstellung stehen. Die Leihgaben, zumeist aus dem Eva Hesse-Archiv des Allen Memorial Art Museum in Oberlin/OH, werden ergänzt durch das beachtliche Ensemble von Gemälden, Skulpturen und auch Zeichnungen aus dem Besitz des Museums Wiesbaden selbst. Gezeigt wird das ganze Spektrum von frühen Studienblättern aus College-Zeiten bis hin zu Skizzen für konkrete Skulpturen.
Zur ›Asghar Farhadi-Box‹ der ›trigon-film‹
Der iranische Regisseur und Drehbuchautor Asghar Farhadi ist hierzulande kein ganz Unbekannter. Zumindest Filmenthusiasten kennen den 1972 Geborenen als zweifachen Oscar-Preisträger in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film, zuletzt für das Ehedrama ›The Salesman‹ (2016). Es ist die subtile Darstellung zwischenmenschlicher Beziehungen sowie des mittelständischen Milieus, in dem seine Geschichten verortet sind, mit denen er sich diese und andere Ehren verdient hat. Für westliche Betrachter haben seine Filme den zusätzlichen Reiz, Einblicke in ein Land zu gewähren, das den meisten mehr als Projektionsfläche denn als Realität bekannt sein dürfte.
Rudolf Steiner als Lehrer für »höhere Töchter«
Kurz nach der Jahrhundertwende, als Rudolf Steiner seine Redakteursstelle beim ›Magazin für Litteratur‹ abgegeben hatte, musste er – neben seinen Kursen an der Arbeiterbildungsschule – alle möglichen Aufgaben annehmen, um ein Auskommen zu haben. Unter anderem gab er Stunden für Geschichte und Literatur an einer Fortbildungsschule für »höhere Töchter« in der Motzstraße 8. Wie war er zu dieser Aufgabe gekommen?
Zur Forschungskonferenz ›Goetheanismus & Medizin‹ in Dornach vom 8.-10. März 2019
Wo steht heute der naturwissenschaftliche Goetheanismus, inwiefern befruchtet er die anthroposophische Medizin, und welche Rolle kann er in der Ausbildung von Ärzten spielen? Diese wichtigen Fragen standen im Zentrum der Forschungskonferenz, die gemeinsam von der Medizinischen und der Naturwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum ausgerichtet wurde. Gleichsam eingerahmt von Beiträgen der ehrwürdigen Vorkämpfer Wolfgang Schad (›Was alles ist Goetheanismus?‹) und Jochen Bockemühl (›Lebt die Welt in mir? – Von der Möglichkeit spiritueller Erkenntnisentwicklung‹) gestalteten führende anthroposophische Forscher und Ausbilder vor rund 100 Teilnehmenden eine intensive und gut komponierte kollegiale Begegnung. Dabei wurden sowohl Forschungsergebnisse als auch methodische Aspekte zur gegenseitigen Wahrnehmung gebracht.
Zur Tagung ›Erkenntnis ist Teilnahme – Möglichkeit und Wirklichkeit der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft‹ in Stuttgart vom 22. -24 Februar 2019
Nachdem auf einer Tagung im Vorjahr das Gespräch unter den Mitgliedern der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft gesucht worden war, folgte diesen Februar mit der Tagung ›Erkenntnis ist Teilnahme‹ ein Versuch, die Freie Hochschule in die Öffentlichkeit stellen.
Über ein verdecktes Motiv in der Ausstellung ›Now is the Time – 25 Jahre Sammlung Kunstmuseum Wolfsburg‹
Unter dem Slogan ›Now is the Time‹ gibt das Kunstmuseum Wolfsburg zum 25-jährigen Bestehen einen repräsentativen Einblick in seine Sammlungsbestände, die internationale künstlerische Positionen der letzten 40 Jahre bergen und zuletzt 1999 umfänglich ausgestellt wurden. Mit einem kleinen Leitfaden in der Hand und wenigen Wandtexten mit Hintergrundinformationen, aber ohne einer offensichtlichen Museumsdidaktik verpflichtet zu sein, suchen Besucher und Besucherinnen ihre Wege durch diese Ausstellung, welche das ganze Haus bespielt. Um es vorweg zu sagen: Nichts Spektakuläres, eher Dokumentarisches aus der Sammlungsgeschichte des Museums ist zu erwarten. Dennoch lassen die Anordnungen der Kunstwerke und Ensembles vielfältige, teils neue Sinnzusammenhänge vermuten, zumal einige Werke bisher meist in Themen- oder Künstlerausstellungen integriert zu sehen waren. Darin liegt denn auch der Reiz: das einer bestimmten zeitgenössischen Kunstströmung Verpflichtete erneut zu entdecken und hinsichtlich Ästhetik und Erkenntnisgewinn zu befragen.
Zur Ausstellung ›Samurai – Pracht des japanischen Rittertums‹ in der Kunsthalle München
In der Kunsthalle München bietet sich die seltene Gelegenheit, Einblick zu nehmen in eine weit entlegene Kultur. ›Samurai – Pracht des japanischen Rittertums‹ ist wirklich eine Augenweide, ein Schauspiel, in dem der Betrachter sich ganz seiner sinnlichen Erfahrung anvertrauen kann. Das ermöglichen die rund hundert Exponate der Sammlung Ann und Gabriel Barbier-Mueller, die erstmals in Deutschland gezeigt werden. Die Objekte stammen aus dem 7. bis 19. Jahrhundert und wurden größtenteils in Europa erworben. Doch handelt es sich nicht um Raubkunst. Nach der Auflösung des Shogunats wurden die Rüstungen und Waffen der Samurai zu Repräsentationsobjekten, die als Ehrengeschenke für ausländische Gäste verwendet wurden. Das ist das erste, woran die Augen sich gewöhnen müssen: Gerätschaften des Krieges als Kunstwerke zu sehen.
Der Künstler und Sozialgestalter Michael Wilhelmi
Als ich Michael Wilhelmi zum ersten Mal wahrnahm, das war irgendwann nach der Jahrtausendwende im Berliner Johanneszweig, wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, er könne etwas mit Kunst zu tun haben. Auf mich wirkte er ausgesprochen kopflastig und eher trocken als sinnlich. Ein langer, hagerer Mensch von umfangreichen anthroposophischen Kenntnissen, sehr engagiert auf verschiedenen Ebenen, der zu einem angesprochenen Problem schon Antworten suchte, noch bevor es sich ganz dargestellt hatte. Ein Praktiker und immer hilfsbereit. Erst viel später sah ich einen hellen, bearbeiteten und sorgsam polierten Granitblock von organischer Form im langen Flur der Kreuzberger Erzieherfachschule stehen, die er mitbegründet hatte und in die der Johanneszweig inzwischen umgezogen war. Da stutzte ich. Etwas später tauchte eine schöne kleine Bronze im Foyer des Rudolf Steiner Hauses in Berlin auf. »Die ist von Herrn Wilhelmi«, sagte mir jemand. Da hatte ich schon begonnen, mich für seine Arbeiten zu interessieren.
Zu Horst Bredekamp: ›Aby Warburg, der Indianer‹
Von 2015 bis 2018 gehörte der renommierte Kunsthistoriker Horst Bredekamp, gemeinsam mit Hermann Parzinger und Neil Mac Gregor, zur Gründungsintendanz des Berliner Humboldtforums, in dem ab Dezember 2019 zahlreiche außereuropäische Weltkulturen vorgestellt werden sollen. Bredekamp, der seine Disziplin immer als Bildwissenschaft verstanden hat, kam wohl in diesem Triumvirat die Rolle des ausgewiesenen Symbolforschers zu. So lag es für ihn nahe, mit Aby Warburg einen berühmten Vorgänger zu porträtieren und in Verbindung mit den ethnologischen Beständen zu bringen, die im Humboldtforum gezeigt werden sollen. So lag es für ihn nahe, mit Aby Warburg einen berühmten Vorgänger zu porträtieren und in Verbindung mit den ethnologischen Beständen zu bringen, die im Humboldtforum gezeigt werden sollen. Denn die Reisen, die Warburg 1895/1896 zu den Puebloindianern in New Mexiko unternahm, dienten nicht kunsthistorischen Untersuchungen, sondern waren Recherchen zum kultischen Ursprung des bildhaften Denkens, das lebenslang den Forschungsschwerpunkt dieses eigenwilligen Gelehrten bildete.
Zu Andree Mitzner: ›Karlfried Graf Dürckheim‹
Mystik heute? – Ja, im Westen wie im Osten! Am Ausgangspunkt dieses Buches über Karlfried Graf Dürckheim (1896-1988) steht die Frage: War er ein Mystiker? Die schon 1993 vorgelegte religionswissenschaftliche Dissertation des Psychotherapeuten Andree Mitzner wurde zu Dürckheims 30. Todestag wieder aufgelegt. Obwohl Dürckheim mehr als 20 Bücher über Mystik schrieb, ist er in der Religionswissenschaft kaum bekannt, eher im populärwissenschaftlichen Umfeld. Oft wird er in einem Atemzug mit den C.G. Jung-Schülern Viktor E. Frankl und Erich Neumann genannt. Mitzners Buch betrachtet Dürckheims Leben, Lehre und Impulse in ihrer gegenseitigen Bedingtheit.
In der Sakristei der Christengemeinschaft in Bristol (Großbritannien) hingen jahrelang zwei Briefe Rudolf Steiners, die dem Archiv bisher unbekannt waren. Ein umzugsbedingter Ortswechsel hat sie nun wieder in das Bewusstsein ihrer Besitzer gebracht. Der Geistesgegenwart und dem Engagement eines Besuchers der neuen Räumlichkeiten, dem emeritierten Priester der Christengemeinschaft John Baum, verdankt nun das Archiv den Neuzugang dieser Briefe. Gerichtet sind sie an Millicent Mackenzie, eine der wichtigsten Initiatorinnen der Steinerschen Pädagogik im Vereinigten Königreich.
Kulturtag auf dem Galgenberg am 31. März 2019
Der 105. Todestag Christian Morgensterns war Anlass für die ›Christian-Morgenstern-Gesellschaft e.V.‹, nach ihrer Jahreshauptversammlung in Werder (Havel) ein vielstimmiges kulturelles Programm zu gestalten. Dr. Andreas Hüneke eröffnete die dem Buch ›Palmström als Flieger‹ gewidmete Ausstellung. Diese 1917 von dem Jagdflieger Hellmuth Emil v. Zastrow unter dem Pseudonym »Zarathustra« verfasste Adaption Morgensternscher Gedichte »aus den Säuglings- und Kindertagen der Fliegerei« erfuhr eine nicht unproblematische Neuausgabe durch Paul G. Ehrhardt, der das Buch – um einige Gedichte ergänzt und mit köstlichen Illustrationen von Wolfgang Götze versehen – »im Kriegsjahr 1942« wieder veröffentlichte. Eine Ausstellung, die zum Nachdenken aufruft.
Oder: Nur aus der Ohnmacht kommt Neues in die Welt
»Ich heiße Greta Thunberg, ich bin 16 Jahre alt und komme aus Schweden. Und ich möchte, dass Sie in Panik geraten. Ich möchte, dass Sie sich so verhalten, als würde Ihr Haus brennen.« Mit diesen Worten stellte sich die jugendliche Klimaaktivistin am 16. April 2019, dem Tag nach dem Brand der Kathedrale Notre Dame in Paris, vor das Europäische Parlament in Straßburg. Dabei geht es ihr nicht darum, kopflos zu werden, sondern zu begreifen, in welcher Situation wir uns befinden. Sie hat sich kundig gemacht über das Ausmaß des Klimawandels wie sonst wohl kaum ein Laie. Und dieses Wissen macht ihr und ihren jugendlichen Mitstreitern Angst – Angst um ihre zukünftigen Lebensbedingungen, die sie auf die Handlungsträger unserer Zeit übertragen möchte: »Viele von uns werden von der Krise betroffen sein. Aber jemand wie ich darf nicht wählen. Und wir sind auch nicht in der Lage, Entscheidungen der Wirtschaft, der Politiker, der Ingenieure, der Medien, des Bildungswesens und der Wissenschaft zu beeinflussen. Bis wir so weit sind, uns ausgebildet haben – ja, wir haben die Zeit bis dahin nicht mehr. Und deshalb sind nun Millionen von Kindern auf die Straße gegangen zu streiken für das Klima, und versuchen die Aufmerksamkeit auf die Klimakrise zu lenken. Sie müssen uns zuhören!«
Zur Ausstellung ›Emil Nolde – Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus‹ im Berliner Museum für Gegenwart (Hamburger Bahnhof)
Ungewöhnlich und doch zeitlos schön wirken die meisten Bilder Emil Noldes (1867–1956): leuchtende Farben, spannungsvolle Kompositionen, träumerische Stimmungen und märchenhafte Motive. Wüsste man nicht, dass sichdie Ausstellung ›Emil Nolde – Eine deutsche Legende‹ um dessen nationalsozialistische Vergangenheit dreht – man würde angesichts der Gemälde nicht darauf kommen.
Zur Ausstellung ›Yoko Ono. PEACE is POWER‹ im Museum der bildenden Künste in Leipzig
Der herrliche Blütenduft von 100 Zitrusbäumen in sargförmigen Holzkisten empfängt uns in der Ausstellung ›PEACE is POWER‹, die der japanisch- amerikanischen Künstlerin Yoko Ono (*1933) gewidmet ist. Ihr Lebensmotto steht im jüngst erschienenen Bildband ›Imagine‹: »Wenn eine Milliarde Menschen auf der Welt Frieden denkt, werden wir Frieden bekommen. [...] Stellt euch den Dominoeffekt vor und fangt einfach an, FRIEDEN zu denken.« Zu seinem bekannten Song ›Imagine‹ wurde John Lennon, mit dem die Künstlerin elf Jahre lang zusammenlebte, durch Onos ›Grapefruit‹ angeregt, eine Zettelsammlung mit »Instructions« zur Imagination von Musikstücken, Bildern, Räumen und Aktionen. Beide Künstler verband eine tiefe, nicht konfessionelle Religiosität.
Die Vordenkerin Charlotte Perkins Gilman
Gibt es einen weiblichen Beitrag zur Dreigliederung des sozialen Organismus? Bis vor 100 Jahren haben Frauen Politik und Gesellschaft nicht bestimmt, sie waren nur in Ausnahmefällen als Gattin oder Verwandte eines Mannes beteiligt. Insofern existieren kaum Gesellschaftsentwürfe von ihnen – außer Utopien. In ihnen können wir ihre Wünsche und Zukunftsträume kennenlernen.
Gedanken zur Wandlung des Geldes
Man könnte es als die Amfortas-Wunde des anthroposophischen Lebens empfinden: Bis heute ist es nicht gelungen, aus den Angaben Rudolf Steiners zwei wirksame Heilmittel zu schöpfen, zum einen, was die individuelle Krebserkrankungbetrifft und zum anderen für die soziale Erkrankung des gesellschaftlichen Organismus – beides hängt vielleicht innig zusammen.
Zur Ausstellung ›Saxones‹ in den Landesmuseen Hannover und Braunschweig
Eines der schlichtesten Stücke der in Hannover ausgestellten Funde ist ein »Langsax« aus Eisen vom 8./9. Jahrhundert aus einem Grab in Dörverden, Landkreis Verden an der Aller. Mit dem Begriff »Sax« wurden in den germanischen Sprachen einschneidige kurze Schwerter oder Messer, später auch größere Schwerter bezeichnet. Es liegt nahe und wäre auch sprachlich korrekt, den Namen »Sachsen« daraus abzuleiten – die frühen Sachsen wären dann die »Messermenschen«, die in den ersten verlässlichen Quellen als arge Plünderer und Piraten beschrieben werden; Menschen, die den Sax als effektive Waffe anstelle der Spatha, des zweischneidigen Langschwertes, benutzten.
Zur Ausstellung ›Im Licht des Nordens – Dänische Malerei der Sammlung Ordrupgaard‹ in der Hamburger Kunsthalle
Es hat sich eingebürgert, dass Teile von Kunstsammlungen, deren Häuser wegen baulicher Vorhaben vorübergehend geschlossen werden, ausgeliehen und damit einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Eine solche Möglichkeit nutzt aktuell die Hamburger Kunsthalle, die dieses Jahr ihr 150. Jubiläum feiert. Leihgeber ist das Museum Ordrupgaard bei Kopenhagen, das gegenwärtig umgebaut und erweitert wird. Unter dem Titel ›Im Licht des Nordens‹ werden Hauptwerke aus dessen Sammlung dänischer Künstler des 19. Jahrhunderts bis zum frühen 20. Jahrhundert gezeigt. Im Wesentlichen wurden diese und eine Kollektion französischer Impressionisten von dem Versicherungsdirektor Wilhelm Hansen und seiner Frau Henny zusammengetragen, die mit ihrer Schenkung an den dänischen Staat das 1953 eröffnete Museum begründeten.
Zur Ausstellung ›Emy Roeder. Das Kosmische allen Seins‹ im Landesmuseum Mainz
Mit einer Sonderausstellung würdigt das Landesmuseum Mainz aktuell eine der profiliertesten Bildhauerinnen des 20. Jahrhunderts – für die meisten dürfte sie jedoch eine Unbekannte sein. ›Emy Roeder. Das Kosmische allen Seins‹ zeigt mit rund 140 Exponaten eine umfassende Werkschau dieser Künstlerin.
Zu einem Gemälde von Liane Collot d’Herbois
Dieses etwas über 66 cm breite Aquarell zeigt eine Küstenszene, und es lässt sich vermuten, obwohl es nicht von der Natur gemalt wurde, dass Liane Collot d’Herbois solche Szenen sehr gut aus eigenem Erleben kannte.1 Collot d’Herbois, die 1907 geboren wurde, lebte die ersten fünf Jahre ihres Lebens und dann wieder nach ihrer Rückkehr aus Australien bei der Großmutter in Camelford. Nicht weit entfernt liegt Tintagel, jenes keltische Gebiet an der Südwestküste Englands, das eng mit der Artussage verbunden ist. Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre hat Collot d’Herbois diese Artusburg immer wieder in ihren Bildern thematisiert. Von Cornwall aus ging sie zum Studium an die Birmingham Academy of Arts, das sie mit 20 Jahren abschloss. Es muss um diese Zeit gewesen sein, d.h. kurz nach Rudolf Steiners Tod, dass sie die Anthroposophie kennenlernte.
Zu E. Leonora Hambrecht: ›Elisa Métrailler – Ein Leben im Dienste von Kunst und Therapie‹
Dieser Band zu Leben und Wirken von Elisa Métrailler kann als eine Art später Nachruf auf die Malerin und Maltherapeutin gelesen werden, die in ihren Impulsen eng mit der Malerin Liane Collot d’Herbois verbunden war. 1921 in Wien geboren, starb Elisa Métrailler im Jahre 1999 in Owingen am Bodensee.
Ende März 2019 erreichte uns eine Anfrage unserer Kollegen von der Zeitschrift ›Info 3‹, wie wir es mit der Frage nach einer gendersensiblen Sprache halten. Nachdem wir dieses Thema auf der nächsten Redaktionssitzung besprochen hatten, entwarf ich folgende Antwort: »Unsere Redaktion besteht aus drei Männern und zwei Frauen. Der Chefredakteur ist ein Mann, die Herausgeberin eine Frau. Wir sind einmütig gegen das Gendern, weil wir finden, dass es sich dabei um eine äußerliche und intellektualistische Art des Umgangs mit der Sprache handelt. Gendern macht die Sprache sperrig, weil es den Schwerpunkt vom Bezeichneten auf das Zeichen verschiebt. [...]«
Alexander von Humboldt (* 14. September 1769; † 6. Mai 1859)
Durch den erstaunlichen Erfolg von Daniel Kehlmanns 2005 erschienenem Roman ›Die Vermessung der Welt‹ rückte die Gestalt Alexander von Humboldts neuerlich in den Vordergrund. Ob irgendjemand, der durch dieses Buch erstmals mit Humboldt in Berührung gekommen ist, dadurch seiner Größe und, vor allem, seinem Streben hat nahe kommen können, muss bezweifelt werden. Zu einfach, ja geradezu einfältig wurden die Charaktere gezeichnet: Humboldt als ein beinahe seelenlos wirkender Mensch, der zwanghaft Daten akkumuliert; der französische Naturforscher Aimé Bonplond (1773–1858), sein Reisegefährte in Südamerika, als unzuverlässiger Hemmschuh, der von kaum einem anderen Gedanken als dem an die nächste Frau umgetrieben wird; schließlich Carl Friedrich Gauß (1777–1855) als unerträglicher Zyniker. Was konnte von der auf Kehlmanns Roman basierenden Verfilmung von Detlev Buck (2012) anderes erwartet werden, als dass sie das Zerrbild des Zerrbildes, die Reduktion der Reduktion bieten würde?
Zur Ausstellung ›Clara Schumann – Eine moderne Frau im Frankfurt des 19. Jahrhunderts‹ im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main
Am 13. September 1819 kam Clara Schumann, geborene Wieck, in Leipzig zur Welt. Bereits als Zwölfjährige ging sie auf Konzertreise bis nach Paris. Eine Station war Weimar und ein Besucher war Goethe in seinem letzten Lebensjahr. »Dieses Mädchen hat mehr Kraft als sechs Knaben zusammen«, soll er gesagt haben. Was der Dichter empfand, lässt sich für den Besucher der Ausstellung ›Clara Schumann. Eine moderne Frau im Frankfurt des 19. Jahrhunderts‹ unmittelbar nachvollziehen, präsentiert vom Institut für Stadtgeschichte im ehemaligen Karmeliterkloster in Frankfurt am Main.
Zur Ausstellung ›fontane.200/Brandenburg – Bilder und Geschichten‹ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam
Der 200. Geburtstag Theodor Fontanes (*30. Dezember 1819; † 20. September 1898) wird gegenwärtig in Berlin und Brandenburg unter der Überschrift ›fontane.200‹ mit einer Fülle von Veranstaltungen begangen, darunter die am 7. Juni eröffnete Ausstellung ›fontane.200/Brandenburg – Bilder und Geschichten‹ im ehemaligen Kutschstall am Neuen Markt in Potsdam, der heute als Haus der Brandenburgisch- Preußischen Geschichte dient. Sie ergänzt die seit dem 30. März 2019 laufende Leitausstellung ›fontane.200/Autor‹ in Neuruppin und eine Reihe kleinerer Ausstellungen.
Zu Albert Schmelzer & Jan Deschepper: ›Menschenkunde verstehen‹
Wie macht man heute, hundert Jahre nach der Gründung der ersten Waldorfschule, werdende Lehrer mit dem erstaunlichen Einführungskurs bekannt, den Rudolf Steiner für die zwölf ersten Lehrerinnen und Lehrer der Schule kurz vor ihrer Eröffnung im Herbst 1919 gehalten hat? Total immersion nennt man heute ein Lehrprogramm für eilige Fremdsprachenlerner, das die Teilnehmer vom Morgen bis zum Abend dem Leben einer fremden Sprache aussetzt, von deren Grammatik sie keine Ahnung haben. Etwas Ähnliches hat das Mannheimer Lehrerseminar – das heute als ›Institut für Waldorfpädagogik, Inklusion und Interkulturalität‹ der Alanus Hochschule firmiert – jahrelang in Gestalt eines vierzehntägigen Kompaktkurses für seine Studienanfänger praktiziert: ein Ritual des Eintauchens in einen Kosmos neuer Ideen, das sich ganz am Wortlaut der Nachschriften entlangbewegte, die aus dem Gründungskurs erhalten geblieben sind. Vielleicht ist das noch heute ein bedenkenswerter Weg, die in anthroposophische Pädagogik Einzuweihenden der ganzen moralischen Wucht auszusetzen, mit der einst, nach der Weltkriegskatastrophe, eine heute weltweit verbreitete Schulbewegung begründet wurde. Nun hat sich aber die Situation der Waldorfbewegung seither in vieler Hinsicht geändert. Das erfordert einen neuen Griff.