Wenn ein Kind auf die Welt kommt, dann hat es ein natürliches Vertrauen, ein »Urvertrauen« zu seinen Eltern. Das kleine Kind kennt eine Zeit lang noch keine Angst. In ihm tritt ein geistiges Wesen in die geformte Welt seines Leibes, lebt aber noch im Urvertrauen zu seinem Ursprung, zur geistigen Welt. Erst durch die Bildung der Seele, dem Bindeglied zwischen Leib und Geist, lernt es die Angst und später auch den Zweifel kennen.
Zur Pfingsttagung ›Neue Wege‹ in Budapest anlässlich des 100. Geburtsjahres von Georg Kühlewind
Man traf sich vom 17. bis zum 19. Mai 2024 in Budapest, der Geburtsstadt Georg Kühlewinds, in den großzügigen Räumen einer Schule an einem grünen Hang über der lebhaften Stadt. Eine pfingstliche »hohe Zeit« war es, ein wahres Fest – des gemeinsamen Übens, der Begegnungen mit alten Freunden, des Entstehens neuer Freundschaften und der Besinnung auf di zukunftsweisenden Impulse, die Georg Kühlewind mit seinem Lebenswerk gegeben hat. Und der »Zufall« wollte es, dass wir uns dabei in der Nähe des Hauses befanden, wo er über etliche Jahre mit Freunden meditiert hatte.
Zu Markus Sommer u.a.: ›Plastisch-therapeutsches Gestalten‹
In seinen Händen lebt der Mensch von Anbeginn so, wie er die Welt ergreift und begreift. In unserer Zeit, in der die Menschen mit ihren Fingerspitzen Glasscheiben betasten, um durch elektrisch leuchtende Zeichen ihre Wege, ihre Heilmittel und ihre Orientierung zu finden, tritt ein schweres, gewissermaßen aus feuchtem Ton geborenes, aber hellwach und einfühlsam geschriebenes Buch ans Licht und sagt: »Ergreife Erde und gestalte sie!« Gegen Ende des Buches heißt es zusammenfassend: »Schon das bloße Ergreifen und plastische Gestalten von Substanz kann therapeutisch wirksam sein. So wurden schwer beeinträchtige, neurologisch erkrankte, an Schlaganfällen sowie an Epilepsie leidende Patienten im Rahmen einer Studie gebeten, einen Klumpen Ton frei zu gestalten. Dabei zeigte sich, dass allein durch ein solches unsystematisches schöpferisches Tun und das Erfahren von Selbstwirksamkeit eine signifikante und anhaltende Besserung ihres Befindens bewirkte, was auf der Beck Hopelessness Scale (BHS) als signifikanter Therapieeffekt dokumentiert werden konnte.« (S. 294)
Zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich (5. September 1774 in Greifswald – 7. Mai 1840 in Dresden)
Greifswald, die Stadt am Meer. Hier wurde vor 250 Jahren Caspar David Friedrich, der bedeutendste Künstler der deutschen Romantik, geboren. Ich kenne Greifswald aus den 60er Jahren; es ist ein Wiedersehen nach langer Zeit. Doch au.er der markanten Silhouette der Kirchen – Marienkirche, Dom St. Nikolai und Jakobskirche – ist die Stadt kaum wiederzuerkennen. Aus einer grauen, fast verfallenen Altstadt durch Renovierung und Restaurierung auferstanden, ist sie so schön wie nie zuvor.
Zu Bernd Rosslenbroich: ›Properties of Life‹
»Was also ist das Leben?« Mit dieser Frage beschäftigt sich das neueste wissenschaftliche Buch von Bernd Rosslenbroich, Leiter des Instituts für Evolutionsbiologie der Universität Witten/Herdecke. Man könnte darin eine Abwandlung der Frage des Augustinus nach dem Wesen der Zeit sehen, auf die der Kirchenvater geantwortet hat: »Wenn keiner mich fragt, weiß ich es; wenn einer mich fragt und ich es erklären soll, weiß ich es nicht mehr.« Denn so ist es mit dem Lebendigen: Wir kennen es selbstverständlich und intuitiv, aber um eine befriedigende wissenschaftliche Erklärung ringt die Biologie seit über 2.000 Jahren.
Zu Bron Taylor: ›Dunkelgrüne Religion‹
Vor allem durch drei Aspekte fasziniert das Buch ›Dunkelgrüne Religion‹ des amerikanischen Religionswissenschaftlers Bron Taylor: es hat nicht nur einen wunderschönen Titel, sondern beschreibt auch spannend die in Deutschland wenig bekannte Geschichte naturreligiöser Bewegungen in den USA und skizziert eine »vernunftgestützte« Spiritualität der Zukunft, die auch an Erkenntnissen der Wissenschaft orientiert sein sollte.
Sommerliche Gedanken über unsere Ernährung
»Schon wieder Gedanken über unsere Ernährung? Ist uns doch alles l.ngst bekannt. Hoffentlich kommt da nicht wieder einer mit Lob der Veggie-Kost, oder mit der Gesundheit dank vegetarischem Essen. Oder mit Apfelessig zum angeblichen Abnehmen, oder mit ...« Gell, da fällt einem gleich mancherlei ein zu solcher Überschrift. Nun ist das Thema längst nichts Neues. Auch das nicht mit Tante Berta, die ihr Leben lang ihren Hackbraten genoss und trotzdem mit 82 noch fit und lebenslustig war – oder war sie damals nicht schon 85?
Ein Lichtblick in der Dunkelheit
Begleitung eines Sterbens
Vergnügliche Lektüre-Reise
Zur gegenwärtigen Aufarbeitung der Corona-Politik – Teil III
Die Corona-Krise und die in derselben ausgeübte Pandemie-Politik wurden bislang weder in der allgemeinen Öffentlichkeit noch in den anthroposophischen Zusammenhängen grundlegend aufgearbeitet. Mit Teil I und II dieser Artikelfolge sollte dazu ein Beitrag geleistet werden. In diesem abschließenden dritten Teil geht es vor allem um die Grundlagen einer Freiheitsauflassung, wie sie aus anthroposophischer Sicht dem zweiten Narrativ2 der Corona-Zeit zugrunde gelegen hat und auch noch heute liegen kann, nämlich die des »ethischen Individualismus«.
zu den Planetensäulen Rudolf Steiners
Die »Säulenworte« gehören zu den rätselhaftesten Dingen, die Rudolf Steiner hinterlassen hat. Auf zwei Zetteln aus dem Jahr 1911 oder 1912 sind Zeichnungen von Säulen, Kapitellen und Architraven zu sehen, wie sie später in den beiden Kuppelsälen des Goetheanum in Dornach gebaut worden sind. Die Kapitellformen des großen Kuppelsaales gleichen denen von Malsch und von Stuttgart. Als gezeichnete Säulen zierten sie allerdings bereits 1907 während des Münchner Kongresses die Wände des Saales. Offenbar hat Steiner die einmal entwickelten Formen stets beibehalten. Aber nur auf jenem Zettel ist in den Schaft jeder Säule der großen Kuppel jeweils ein Wort eingeschrieben: »DAS ES« - AN ES« - »IN ES« - »ICH« - »VOM ICH« - »AUS MIR« - »ICH INS ES«. Was sollen diese Worte besagen? Nirgends im gesamten Werk Rudolf Steiners scheint es einen Hinweis in Bezug auf diese Worte zu geben.
Rudolf Steiners Karmavorträge von 1924 als Denkkunstwerk
Erkenntnis, in alten Zeiten als Offenbarung eine Gottesgabe, ist immer mehr individuelle menschliche Leistung geworden. Am Beginn dieser Entwicklung steht Sokrates mit seinem schockierend radikalen Zurückweisen aller überlieferten Weisheit: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.« Sein Erkenntnisinstrument ist die Frage, als Einladung an den einzelnen Menschen, selbst zu denken. Dies führt zu der Einsicht und Grundregel der Philosophie, dass Weisheiten sekundär sind und nicht zu Dogmen erstarren sollten, dass Gedanken nicht das Denken ersetzen können. Das Denken selbst ist das Primäre, das lebendige Huhn, das immer neue Eier legt. In der Konsequenz entscheidet sich Lessing, wenn Gott ihm in der einen Hand die Wahrheit, in der anderen die Suche nach der Wahrheit zur Wahl bieten würde, für die Suche; nicht für die Produkte, die Erkenntnisse, sondern für die Erkenntnisfähigkeit als menschliche Produktionskraft. Und wenig spater stellt Hölderlin diese Umwendung im menschlichen Erkennen in einen großen Zusammenhang: »Denn nicht vermögen / Die Himmlischen alles. Nemlich es reichen / Die Sterblichen eh' an den Abgrund. Also wendet es sich, das Echo, / Mit diesen. Lang ist / Die Zeit, es ereignet sich aber / Das Wahre.«
In dem michaelischen Zeitalter, in dem wir leben, geht es einerseits darum, das eigene Denken zu verlebendigen und zu spirrtualisieren. Es geht aber genauso dringlich darum, die Sinneswahmehmungals etwaszu schulen undzu erleben, in dem auch das Seelische der Welt mitschwingt. Mit dem Vollziehen des von Steiner so genannten »Lichtseelenprozesses«, wird Stück um Stück der Materialismus unserer Zeit überwunden. Die Wandlung der Welt fangt bei jedem einzelnen Menschen an.
Selbstlosigkeit als Mitte einer Ästhesiosophie
»Sieghafter Geist / Durchflamme die Ohnmacht / Zaghafter Seelen. /Verbrenne die Ichsucht, / Entzünde das Mitleid, / Dass Selbstlosigkeit, / Der Lebensstrom der Menschheit, /Wallt als Quelle / Der geistigen Wiedergeburt.«Rudolf Steiner, 20 September 1919Dieser michaelisch gestimmte Spruch, den Marie Steiner bei der Erstveröffentlichung mit der Überschrift ‘Meditationsworte, die den Willen ergreifem versah, wurde von Rudolf Steiner am sechsten Jahrestag der Grundsteinlegung des ersten Goetheanums, am vierzehnten Tag nach der Eröffnung der ersten Waldorfschule verdichtet. Hier begegnen wir zwei Gebärden des Ich, die einen radikalen Gegensatz erzeugen.
Zur Bedeutung der »charakterologischen Veranlagung« in Rudolf Steiners ›Philosophie der Freiheit‹
»Michael muß uns durchdringen als die starke Kraft, die das Materielle durchschauen kann, indem sie im Materiellen zugleich das Geistige sieht«1 - Rudolf SteinerMit Eduard von Hartmanns Hinweis auf die determinierende Kraft charakterlicher Verschiedenheiten der Menschen führt Rudolf Steiner im I. Kapitel der »Philosophie der Freiheit« einen Freiheitsgegner an, der sich von den Auffassungen der großen Masse ihrer Gegner unterscheidet. Denn diese halten es für prinzipiell unmöglich, die Naturkausalität auf dem Gebiete menschlichen Handelns unterbrochen zu denken. ...
Gedanken zur geistigen Forschung
Über zwei Tagungen zur Neuimpulsierung des Wirtschaftslebens
Zwei unterschiedliche Blicke auf das Wirken von Daniel Nicol Dunlop (1868-1935) vermittelten zwei Tagungen, die im August und September dieses Jahres in Berlin und Dornach stattgefunden haben. Während beim Symposium des Instituts für soziale Gegenwartsfragen der Blick auf die ökonomischen Grundfragen im Vordergrund standen, war der Ausgangspunkt beim >World Goetheanum Forum< in Dornach die Inititiative, mit der neue Impulse in die Welt getragen werden können. Durch die Impulsreferate leuchteten aber auch die spiritutellen Hintergründe dieser eigentlich noch sehr unbekannten Persönlichkeit hindurch, die 1924 ein bis heute wichtiges Organ an der Schnittstelle zwischen Geistesleben und Wirtschaftsleben begründet hat.
Über Anna-Katharina Dehmelt: ›Kreuz und Rose‹
Ein Atlantis-Roman von Karl zu Eulenburg
Karl Kuno Eberhard Wend Graf zu Eulenburg-Hertefeld (l885-l975), der jüngere Bruder des durch die ›Brücke über den Strom‹ bekannt gewordenen Botho Sigwart zu Eulenburg (I884-1915) veröffentlichte I926 seinen Roman ›Die Brunnen der großen Tiefe‹ mit dem Untertitel: ›Ein Atlantis-Roman‹. Durch meine Beschäftigung mit Botho Sigwart zu Eulenburg stieß ich auf dieses Werk und bin davon so tief beeindruckt, dass ich es dem Vergessen entreißen möchte.
Über Paolo Gentilli: ›Der Ruf des Montecorvo‹
Paolo Centilli (geb. am 6. Dezember 1890 in Wien, gest. am 22. Juli 1961 in Mailand) war Maschinenbauingenieur, Erfinder, ein Kenner des Templerordens und der ›Divina Commedia‹ von Dante sowie ein Schüler Rudolf Steiners. 1922 reiste er zum ersten Mal nach Dornach, und 1924 nahm Rudolf Steiner ihn in die Erste Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft auf. Im Jahre 1943 - als der Zweite Weltkrieg seinem Höhepunkt zuging und mit Ita Wegman und Elisabeth Vreede zwei wichtige Repräsentanten der anthroposophischen Bewegung kurz hintereinander überraschend starten, schrieb Paolo Centilli das Drama ›Der Ruf des Montecorvo‹. Es wurde 1944 von Hugo Reimann ins Deutsche übersetzt und erschien 1945 in Basel, 1947 in Mailand. Die Uraufführung fand am 28. Oktober 1962 in Ulm statt.
Zu Christoph Otterbeck & Ludwig Rinn: ›Kompass Beuys‹
Zum Gedenken an den 650.Todestag von Francesco Petrarca (* 20. Juli 1304 in Arezzo - t 19. Juli 1374 in Arquà)
Petrarca war ein italienischer Dichter und Historiker. Mit Dante und Boccaccio wurde er zum Begründer des Humanismus in Italien. Angesichts seines Riesenwerkes kann die folgende Betrachtung nur ein Streiflicht sein.Francesco Petrarca wurde am 20. Juli 1304 in Arezzo gehören. Seine Eltern lebten in schwierigen, fast ärmlichen Verhältnissen, da sie aus der Heimatstadt Florenz verbannt waren. Der Vater Pietro di Parenzo gehörte als Notar zum Kleinbürgertum. Schon 1302 war er aus Florenz ausgewiesen worden, im gleichen Jahr wie Dante Alighieri (1265-1321), weil auch er zur politischen Partei der weißen Cuelfen (kaiserfreundliche Anhänger des Papstes) gehörte. Bis zu seinem siebten Lebensjahr hatte das Kind deshalb ein unruhiges Leben in der Toskana. Erst als die Familie von Pisa an den päpstlichen Hof in Avignon ging und sich im provenzalischen Carpentras ansiedelte, wurde es besser. Hier wurde Francesco mit seinem jüngeren Bruder Cerardo in Crammatik und Rhetorik unterrichtet. Sein Lehrer Convenevole da Prato weckte in ihm die Liebe zu Cicero.
Zur Ausstellung ›Frans Hals. Meister des Augenblicks‹ in der Gemäldegalerie Berlin