Artikel von Eva-Maria Begeer-Klare
Causa efficiens und Wille zum Dasein
Dieser Beitrag zur Debatte um das Buch Evolution im Doppelstrom der Zeit von Christoph Hueck (vgl. auch die Drei 5,6,11/2013 und 1/2014) leuchtet die vier Ursachen des Aristoteles und ihre möglichen Beziehungen zu den Bereichen Erkenntnis, menschlicher Organismus und Schicksal weiter aus. Im Vorfeld wurde von Martin Basfeld die Frage aufgeworfen, inwieweit sich das darauf bezugnehmende sogenannte »Zeitkreuz« Rudolf Steiners (vgl. Psychosophie (GA 115)) auf die Evolution von Mensch und Natur übertragen lässt.
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Zur Wandlung von Wille, Widerstand und Wirklichkeitserleben auf dem imaginativen Erkenntnisweg
Der anthroposophische Schulungsweg wird von Rudolf Steiner als ein dreistufiger Weg beschrieben, als Erscheinen einer neuen Wirklichkeit zunächst in den Bildern der Imagination, die sich dann in der Inspiration in ihrer Bedeutung zu erhellen und auszusprechen beginnen und zuletzt in der Intuition zur Begegnung mit bestimmten, sehr verschieden gearteten Wesen und ihren Intentionen führt. Diese drei Stufen erweisen sich jedoch nicht unbedingt als ein Nacheinander, sondern ebenso als ein Ineinander. Schon bei der ersten Stufe der Imagination zeigt sich, wie diese eine Dreifaltigkeit ist, indem auch Inspiration und Intuition in einer bestimmten Form in sie hineinwirken.
Meditation und Devotion als Elemente des Männlichen und Weiblichen
In Steiners Grundlagenwerk zum Schulungsweg ›Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?‹ wird die Polarität des Männlichen und Weiblichen im Menschen in wortwörtlichem Sinne nicht thematisiert. Jedoch hat nach Steiner der Mann einen weiblichen Ätherleib und trägt die Frau einen männlichen Ätherleib in sich, während der Astralleib bei Mann und Frau beide Elemente als seine Pole umschließt. Da esoterische Schulung im Sinne von ›Wie erlangt man ...?‹ bedeutet, vom Ich aus den Astralleib so umzuformen und sich zu eigen zu machen, dass dann auch dem Ätherleib eine neue, individualisierte Struktur eingeprägt werden kann, müssen aber die beiden Pole des Männlichen und Weiblichen in der Schulung eine Rolle spielen. In Devotion und Meditation, die den Ausgangspunkt des Schulungsweges bilden, kann man in meinen Augen diese beiden Pole wiederfinden, die das erste Kapitel bis in seinen Aufbau hinein maßgeblich bestimmen. Dabei zeigt sich: Für beide Geschlechter bedeutet die Schulung einen tiefen Eingriff in eingewurzelte Formen von Welt- und Selbstbegegnung.
Rudolf Steiners ›Philosophie der Freiheit‹ im Spiegel der ›Vorrede zur Neuauflage 1918‹
In der ›Vorrede zur Neuauflage 1918‹ kennzeichnet Rudolf Steiner nach 25 Jahren erneut die »Zielgedanken« seiner Schrift. Er will sich mit seinem Leser darüber verständigen, was von dem Buche zu erwarten ist und was nicht. Hier soll versucht werden, diese Zielgedanken kurz nachzuzeichnen und einige Schlaglichter zu werfen auf das Umfeld des seelischen Erlebens, in das sie sich hineinstellen in unserer Zeit. Sie erweisen sich dabei für den Gegenwartsmenschen als eine Art Instrument zur inneren Standortbestimmung.
Vom »leeren Phantom« der Wahlfreiheit zur freien Entscheidung
Es ist nicht leicht, den beweglich-prozesshaften Gedanken Rudolf Steiners im ersten Kapitel seiner ›Philosophie der Freiheit‹ zu folgen. Dort setzt er sich mit David Friedrich Strauß, Herbert Spencer und Baruch de Spinoza als Freiheitsgegnern auseinander. Eva-Maria Begeer-Klare führt in einer feinen und überzeugenden Art einen Weg durch diese Gedanken und Argumente, sie ruht auf ihnen, wendet sie in die eine und die andere Richtung. Was bei Steiner in wenigen Seiten abgehandelt ist, entwickelt sich in ihrem abwägenden Denken zu einer ganzen Welt.
Zur Bedeutung der »charakterologischen Veranlagung« in Rudolf Steiners ›Philosophie der Freiheit‹
»Michael muß uns durchdringen als die starke Kraft, die das Materielle durchschauen kann, indem sie im Materiellen zugleich das Geistige sieht«1 - Rudolf SteinerMit Eduard von Hartmanns Hinweis auf die determinierende Kraft charakterlicher Verschiedenheiten der Menschen führt Rudolf Steiner im I. Kapitel der »Philosophie der Freiheit« einen Freiheitsgegner an, der sich von den Auffassungen der großen Masse ihrer Gegner unterscheidet. Denn diese halten es für prinzipiell unmöglich, die Naturkausalität auf dem Gebiete menschlichen Handelns unterbrochen zu denken. ...
Der Doppelstrom der Zeit und die Causa finalis bei Aristoteles
Ethischer Individualismus und moralische Phantasie bei Mahatma Gandhi
In seiner Philosophie der Freiheit entwickelt Rudolf Steiner eine moralische Handlungsmöglichkeit, die sich nicht auf allgemeingültige Normen und Werte abstützt, sondern auf der »moralischen Intuition« des Einzelnen und deren Umsetzung durch »moralische Phantasie« beruht. Das wirft Fragen auf: Ist eine Handlung schon dadurch eine ethisch individuelle, dass sie die meine ist? Wodurch wird individuelles Handeln ein moralisches? – Die Autorin nähert sich diesen Fragen durch eine Betrachtung von Mahatma Gandhis Denken und Handeln. In ihm sieht sie jemanden, der für den westlichen Menschen einen erfrischend unintellektuellen und menschlich direkten Zugang gerade zu Fragen des ethischen Individualismus eröffnen kann.