Artikel von Anna-Katharina Dehmelt
Anthroposophische Meditation als Weg zur Erforschung des Bewusstseins
Was ist eigentlich Bewusssein? Geht es dem Denken voraus oder bildet es die Grundlage für das Denken? Gibt es Bewusstsein nur beim Menschen? Hier zu einem klaren, in der Anthroposophie abgestützten Begriff zu kommen, ist kein einfaches Unterfangen, aber für die Anschlussfähigkeit anthroposophisch-meditativer Bewusstseinsforschung an den allgemeinen Diskurs der Gegenwart unverzichtbar. – Anna-Katharina Dehmelt untersucht grundlegend die verschiedenen Bewusseinsformen, beginnend beim Tier bis hin zu einem kosmischen Bewusstsein, dabei auch immer wieder das Verhältnis von Gehirn und Bewusstsein streifend. Dreh- und Angelpunkt ist heute das in der Meditation sich selbst ergreifende und verstehende Bewusstsein des sich seiner selbst bewussten Menschen.
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Grundlagen und Übungsansätze
Am 30. November 1919, also vor bald einhundert Jahren, hielt Rudolf Steiner einen Vortrag, in dem er erstmalig – und, was die Bezeichnung betrifft, auch einmalig – von einem »Lichtseelenprozess« spricht, der heute übend bewusst werden kann. Steiner entwickelt darin diesen Lichtseelenprozess anhand der Bewusstseinsentwicklung des Menschen. Diese hat sich durch die Kulturepochen hindurch von einer nahezu ungetrennten Einheit zwischen Mensch und Welt im alten Indien und auch noch im alten Persien zu einer allmählichen Differenzierung zwischen Mensch und Welt zunächst in der dritten nachatlantischen Kulturepoche entwickelt: »[M]an unterschied schon den Gott außerhalb und den Gott innerhalb; nur dachte man ihn als einheitlich, den Gott in der Natur, den Gott im Menschen, nur war er derselbe.« Die Ellipse, die Steiner als Symbol der Einheit an die Tafel gezeichnet hatte, bildet nun in ihrer Mitte einen Berührungs- bzw. Kreuzungspunkt aus und wird so zur Lemniskate: Mensch und Welt umgreifen noch ein Ganzes, aber die Unterschiedlichkeit und zunehmende Trennung ist bereits angelegt. Zum Ausdruck kam diese beginnende Trennung der Einheit in einem Bewusstsein des Atmungsprozesses, den man als »Luftseelenprozeß« bezeichnen kann. Damals konnte die Luft noch als beseelt erlebt werden, und im Einatmen atmete man das Seelische der Welt ein, verband sich mit ihm, verwandelte es und gab es der Welt zurück.