Artikel von Ralf Sonnenberg
Die Weihnachtstagung zur Neugründung der Anthroposophischen Gesellschaft 1923/24 und Rudolf Steiners Hochschulimpuls
Noch unter dem unmittelbaren Eindruck der »Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts« stehend, wie der Historiker George F. Kennan den die Geschichte dieses Jahrhunderts prägenden Ersten Weltkrieg charakterisiert, gab Rudolf Steiner im Jahr 1918 ›Die Philosophie der Freiheit‹ neu heraus. Der Autor versah sein damals weitgehend in Vergessenheit gesunkenes Hauptwerk bei dieser Gelegenheit mit erläuternden Zusätzen und einer ›Vorrede‹. Offenbar war es ihm, der zu diesem Zeitpunkt seit mehr als einem Jahrzehnt in der theosophisch-anthroposophischen Bewegung als vielbeanspruchter Vortragsredner, Lehrer und Berater unterwegs war, wichtig, auf die Grundlagen der von ihm vertretenen Geisteswissenschaft zu verweisen. Es galt, das Ideal eines »ethischen Individualismus« ins Bewusstsein seiner spirituell meist hochmotivierten Schülerinnen und Schüler zu rücken. Diese waren aufgrund ihres Hangs zu mystischen Traditionen und unter dem Eindruck der Autorität des »Meisters« sowie der von diesem übermittelten »Offenbarungsinhalte« stets gefährdet, ihr selbstständiges Denken und Beobachten zumindest partiell einzubüßen.