»Fass mich nicht an, ich bin ein Engel«

Zur Etel Adnan-Retrospektive im Lenbachhaus und in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen

Etel Adnan (1925–2021) war eine außergewöhnliche Künstlerin. Sie wurde durch zahlreiche Ausstellungen und literarische Werke bekannt und erlebte 2021, kurz vor ihrem Tod mit 96 Jahren, gerade noch die Vorbereitungen der ersten deutschen Retrospektive ihrer künstlerischen Arbeiten im Lenbachhaus München. Beim Rundgang durch die Ausstellung bemerkt man die Atmosphäre der von geistiger Freiheit und kosmopolitischem Denken geprägten Werke. Ein feiner Zauber liegt über dem Spiel mit Licht, Farben, Linien, Formen und Schriftzeichen. Ihr malerisches und literarisches Werk, die Gemälde, Grafiken sowie Gedichte, Erzählungen, Prosa und Gespräche, bilden eine Gesamtheit. In Worten und Bildern widmete sich Etel Adnan persönlich, philosophisch und politisch existenziellen Fragen; sie wollte Freiheit und Menschsein zum Ausdruck bringen, als ginge es um ein Gegengewicht zu all den Schrecknissen, globalen Krisen und Umwälzungen des 20. und 21. Jahrhunderts, mit denen sie sich durch eine enge Verbundenheit mit ihren Lebens- und Arbeitsorten im Osten und im Westen immer wieder konfrontiert sah. Sie lebte abwechselnd in Beirut, ihrem Herkunftsort, in Sausalito in Kalifornien, wohin sie 1979 mit ihrer Arbeits- und Lebenspartnerin Simone Fattal (geb. 1941) zog, und zuletzt in Paris. Ihr künstlerisches Lebenswerk ist Ausdruck ihres Werdegangs und gründet vor allem in ihrem Bewusstsein für die Gegenwart.

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Erschienen in



die Drei 1, 2023

Du musst dein Denken ändern