Perspektiven einer anthroposophischen Geschlechterforschung

Aufgabe und Anspruch der transdisziplinären Gender Studies (Geschlechterforschung) ist es, Geschlechterverhältnisse wissenschaftlich zu erfassen und ein differenziertes Geschlechterwissen als Beitrag für Vielfalt und Gerechtigkeit im gesellschaftlichen Zusammenleben zu gewinnen. Eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen Geschlechtlichkeit ist vielleicht gerade für Institutionen schwierig, die sich vor allem auf das Seelisch-Geistige des Menschen konzentrieren wollen. Aber diesen zentral irdischen Bereich von Sex und Gender zu ignorieren oder zu verdrängen, rächt sich letztlich, wie sich etwa an den Missbrauchsskandalen in der Katholischen Kirche gezeigt hat. Für das menschliche Leben und Erleben hat die Geschlechtlichkeit nach wie vor eine existenzielle Bedeutung, zumal damit bei näherem Hinsehen sowohl die Soziale Frage als auch die Forderung des »Erkenne dich selbst« innig verknüpft sind – Fragen, die nach einer tieferen Welt- und Selbsterkenntnis verlangen, und die sich nicht von selbst lösen werden. Deshalb könnten die diversen Hinweise und Erklärungen, die uns Rudolf Steiner zum Thema der Geschlechtlichkeit hinterlassen hat und die bisher nur wenig bearbeitet wurden, durchaus die Basis bilden für einen eigenen Ansatz, für eine anthroposophischgeisteswissenschaftliche Geschlechterforschung.

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die Drei 4, 2020

Geschlechterfragen