Religion und Medizin

Teil I: Alte und neue dogmensetzende Gewalten

Ostern 2020 war jeder gemeinsame Gottesdienst in ganz West- und Mitteleuropa verboten. Die spirituellen Schutz, auch Trost suchende Gemeinschaft der Gläubigen wurde in dieser Zeit großer Befürchtungen – die »Bilder von Bergamo« liefen in den TV-Stationen in Dauerschleife – in den virtuellen Raum der neuen Medien verwiesen. Ausnahmslos. Ostern 2020 wird möglicherweise auch als der geschichtliche Moment zu beschreiben sein, an dem eine Stabübergabe von der alten zu einer neuen dogmensetzenden Gewalt erfolgte. Es gibt dieses emblematische Bild des einsamen Papstes vor dem leeren Petersplatz: gemeinsames Beten ist zu gefährlich und kontraproduktiv. Dafür konnte Bill Gates am Sonntag der Auferstehung zur besten Sendezeit im deutschen Fernsehen die neue, als heilbringend zu verstehende, jetzt irdisch-frohe Botschaft verkünden: »Wir werden den zu entwickelnden Impfstoff letztendlich sieben Milliarden Menschen verabreichen.« Das »wir« wurde nicht näher gekennzeichnet. Klar war aber, dass die Ausführung in die Hände der Ärzte gelegt wurde.

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Erschienen in



die Drei 6, 2022

Zwischen Glauben und Wissen

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