Dank ›YouTube‹ ist ein Filmdokument einer im Jahr 1970 stattfindenden Debattierveranstaltung zum Thema Kunst und Gesellschaft einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Das Podium ist mit Arnold Gehlen, dem konservativen Philosophen, und Joseph Beuys, dem Aktionskünstler und Denker der »Sozialen Plastik«, prominent besetzt. Beuys versucht den Zuhörern sein von der Anthroposophie inspiriertes Verständnis gesellschaftlicher Prozesse näherzubringen. Was auffällt: Wohl aufgrund der Schwierigkeit, dem Publikum einige seiner Einsichten nachvollziehbar zu machen, und der Befürchtung, die Zuhörerschaft mit einer allzu fremdartigen Weltsicht zu verprellen, flüchtet der Referent in das Wortaroma einzelner Begriffe, ohne diese näher zu charakterisieren. Verbale Provokationen und der für ihn typische Duktus charismatischer Selbstinszenierung kompensieren, was im Verkehr mit dem Auditorium nicht so recht gelingen mag. Beuys’ verzweifelter Zwischenruf »Wir brauchen eine neue Menschenkunde!« dürfte sich in den Ohren der meisten Teilnehmer, die dabei sicher nicht an Rudolf Steiners Werke zur Pädagogik, zu den Wesensgliedern oder zur Sinneslehre dachten, wie Wortgeklingel ausgenommen haben. Jedenfalls wirft Arnold Gehlen, selbst im Gebrauch präziser Begrifflichkeiten geschult und als Verfasser von Schriften zur .Philosophischen Anthropologie. mit den Menschenkunden eines Helmut Plessner oder Max Scheler bestens vertraut, nicht ganz zu Unrecht ein, dass das, was sein Kontrahent vorbringe, über das Niveau von Phrasen nicht viel hinauskomme.