Wie kommt das Geistige in die Kunst?

Zur Ausstellung ›Lebensmenschen. Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin‹ im Museum Wiesbaden

Den Auftakt bilden zwei Selbstbildnisse. Das von Marianne von Werefkin (1910 – Abb. 1) ist im Münchner Lenbachhaus, der ersten Station dieser Ausstellung, zu Hause, das von Alexej Jawlensky (1912 – Abb. 2) im Museum Wiesbaden, wo sie planmäßig bis zum 12. Juli 2020 zu sehen ist und von wo aus sie auch durch Roman Zieglgänsberger konzipiert wurde. Beide Bildnisse sind von kräftiger Farbigkeit aus durchaus ähnlichen Paletten. Und beide haben nicht nur den akademischen Naturalismus des 19. Jahrhunderts hinter sich gelassen, sondern repräsentieren bereits vollgültig die gerade sich entwickelnde expressionistische Malweise. Doch damit enden auch schon die Gemeinsamkeiten. Marianne von Werefkins »behüteter« Kopf auf gestrecktem Hals schaut den Betrachter aus glühend roten Augen an. Während Alexej von Jawlenskys dunkle Augen in dem runden, fast kahlen Schädel, der mit kurzem dickem Hals dem Rumpf aufsitzt, prüfend auf den gerichtet erscheinen, der gerade malt – auf sich selbst. Er bleibt bei sich und scheint zu sagen: »Ich und die Farben sind eins.«

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die Drei 6, 2020

Gesellschaftsfragen