Die Waldorfpädagogik und die Esoterik der Anthroposophie

Ein Zwischenruf

Die Anthroposophie ist die einzige spirituelle Geistesrichtung, die eine konkrete Praxis in verschiedenen Lebensbereichen hervorgebracht hat. Gerade darin liegt ihre Bedeutung, aber auch ihr Problem. Wieder einmal sind Kritiker unterwegs, die Anthroposophen vorwerfen, eine esoterische und unwissenschaftliche Weltanschauung zu vertreten (wobei »Wissenschaft« natürlich nur im materialistischen Sinne verstanden wird). Im Zuge der Corona-Krise hat die Kritik eine neue Stufe erreicht. Während man bisher zwar die Anthroposophie für Humbug hielt, ihre Praxis aber durchaus schätzte und anerkannte, wird inzwischen gefragt, ob nicht auch die Praxis gefährlich und sogar menschenverachtend sei.Jost Schieren, Professor für Schulpädagogik mit Schwerpunkt Waldorfpädagogik an der Alanus Hochschule in Alfter, hat im April 2022 einen ausführlichen Aufsatz zur Kritik an der Waldorfpädagogik verfasst. Darin geht er auch auf das sogenannte »Esoterikproblem« der Waldorfpädagogik ein, mit dem er sich seit Jahren auseinandersetzt. Um die Kritiker zu befrieden, fordert er einen »Anthroposophieverzicht« und eine »Esoterikabstinenz in der Waldorfpädagogik«. Ein solcher Verzicht sei für die Waldorfpädagogik nicht problematisch, denn Rudolf Steiner habe »in seinen pädagogischen Vorträgen, (den grünen Bänden der Gesamtausgabe) die weiten Themen- und Denkhorizonte der allgemeinen Anthroposophie gar nicht auftreten« lassen. Schieren möchte offensichtlich der Waldorfbewegung Argumente zur Selbstverteidigung liefern: Schaut her, wir sind gar nicht so schmuddelig, wie uns vorgeworfen wird. Im Gegenteil, wir sind sogar clean!

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