Erinnerungswund(e)

Zum 100. Geburtstag Paul Celans

Er kam als Verfolgter zu uns, auf lebensgefährlichem Fluchtweg, nach Wien, 1947. Von da nach Paris. Deutschen Boden hat er nur besuchsweise betreten, immer auch mit dem unguten Gefühl, Personen zu begegnen, die in die Verbrechen des Dritten Reichs verstrickt waren. Er kam aus dem Osten, aus der Bukowina, das die Österreicher Buchenland nannten, genau aus Czernowitz, dem heute zur Ukraine gehörenden Czernowzy. Er ent-kam: ein Jude. Dass er überlebte, während seine Eltern dem Holocaust zum Opfer fielen, hat sich ihm »schwarz« als Schuld und »Erinnerungswunde« eingebrannt. Aus dieser »phylakterienfarbenen« Düsternis und Trauer ist sein unvergleichbares poetisches Werk erwachsen, dessen Anfänge klangvoll, farbig, langversig, oft auch gereimt, surrealistisch aufwogten, eine »Tonkunst«, die das Publikum verzauberte, ihm selbst aber immer verdächtiger wurde: »EIN KNIRSCHEN von eisernen Schuhn ist im Kirschbaum. / Aus Helmen schäumt dir der Sommer. Der schwärzliche Kuckuck / malt mit demantenem Spornsein Bild an die Tore des Himmels.«

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