Paulus und das Volk Israel

In seiner ›Geheimwissenschaft im Umriss‹ weist Rudolf Steiner darauf hin, dass der Christus den Menschen nicht als Angehörigen seines Volkszusammenhanges ansprechen will, als der er sich bis zu Seinem Erscheinen empfand, sondern in seinem tiefsten Wesen als Individualität. »Noch das israelitische Volk fühlte sich als Volk, der Mensch als Glied dieses Volkes. Indem zunächst in dem bloßen Gedanken erfaßt wurde, daß in Christus Jesus der Idealmensch lebt, zu dem die Bedingungen der Sonderung nicht dringen, wurde das Christentum das Ideal der umfassenden Brüderlichkeit. Über alle Sonderinteressen und Sonderverwandtschaften hinweg trat das Gefühl auf, daß des Menschen innerstes Ich bei jedem den gleichen Ursprung hat.« Den Schritt über die einschränkenden Volkszusammenhänge hinaus, der mit dem Christus vollzogen wurde, ist in Seiner Nachfolge keiner so konsequent gegangen wie der Völkerapostel Paulus. Selbst die Kirche hat nicht begriffen, welch grundlegende Neuerung mit dem Erscheinen des Christus gegeben war und ist nicht den Schritt über die sondernden Gruppeninteressen hinaus zum Allgemeinmenschlichen gegangen. Nur auf diese Weise hätte sich ihr der individuelle Einzelmensch erschlossen, auf den es dem Christus ankam.

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