Darf es eine freie Ukraine geben?

Wladimir Putin und sein Krieg

Ich hatte Wladimir Putins Invasion der Ukraine befürchtet und erwartet; doch als sie am 24. Februar 2022 in der Morgenfrühe tatsächlich begann, war ich, wie wohl die meisten meiner Zeitgenossen, zutiefst schockiert; weil das, was nicht geschehen durfte, eben doch geschah – und ich meine tiefe Ohnmacht spürte. Schon am Vortag hatte die ›Frankfurter Allgemeine Zeitung‹ ein Prosa-Gedicht (sozusagen ein ›Gedicht in Prosa‹ à la Turgeniew) von Uwe Kolbe veröffentlicht. Ich zitiere die ersten fünf Zeilen (wobei die erste Zeile auch die Überschrift ist): »Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen. / Der ehemalige Sowjetrepubliken beherrschende / vermutlich ehemalige Geheimdienstoffizier tut es / erneut: Angrenzende Gebiete werden angrenzende / Staaten, werden anerkannt, besetzt, einverleibt.«3 Dazu kontrastierend schildert Kolbe Reminiszenzen des inneren, kultivierten, »eigentlichen« Russland und endet wieder mit: »Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen.« Mit der Anfangszeile wird der Bogen zurück zu einem anderen, allgemein bekannten Ereignis geschlagen; denn vor 83 Jahren (das ist genau meine Lebenszeit!), verkündete Adolf Hitler mit diesen Worten, dieser Lüge den Beginn des Zweiten Weltkriegs.

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