Die Begegnung des Alanus mit dem Kinde und die Bewusstseinsseele

Alanus ab Insulis wurde um das Jahr 1120 geboren und hat fast das ganze zwölfte Jahrhundert gelebt. 1203 starb er in Citeaux - und derjenige, der folgende Worte als Grabinschrift verfasste, ahnte viellacht, dass ein solcher Geist wiederkehren würde: »Eng ist das Grab und kurz die Zeit, die Alanus hier festhält, / Ihn, der die Zwei und die Sieben, der alles Wissbare wusste.« Vielleicht wurde mit der »Zwei« das Alte und das Neue Testament gemeint, und mit der »Sieben« die Sieben Freien Künste. Dass das Wissbare ihm den Beinamen »Doctor Universalis« gab, war durch die Nachwelt gegeben. Alanus lebte in der Zeit der Kreuzzüge, in der für die politischkulturelle Entwicklung Europas folgenschweren Stauferzeit. Licht und Schatten wechselten damals auf der Bühne des historischen Geschehens dramatisch ab. In einigen Ländern blühte die Kunst der Troubadours, und der Minnesang bewirkte eine Veredelung der Sitten. Es war das Jahrhundert der Grals-Literatur. Wolfram von Eschenbach dichtete an seinem >Parzival<, dem tiefsinnigsten Epos des deutschen Mittelalters. Der Orden der Zisterzienser wirkte nach dem Prinzip des ora et labora, rodete Wälder, drainierte Felder, betätigte sich als Viehzüchter und Baumeister, als Lehrer und Führer unzähliger Seelen.

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