Die Erweiterung ins Rituelle hinein

Zur Entwicklung der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft nach Rudolf Steiners Tod

Am 21. Januar 1931 schrieb die Leipziger Zweigleiterin Elise Wolfram, die sich seit vielen Jahren für medizinische Fragen interessierte, an Ita Wegman. Wolfram hatte Bücher über Paracelsus und über die Psychoanalyse geschrieben und sich für die Anthroposophische Medizin in Leipzig eingesetzt. Wegman wiederum hatte im Oktober 1930 eine Klassenstunde in Leipzig gehalten, die von den Mitgliedern des Goethe-Zweiges dankbar aufgenommen worden war. Nun fragte Wolfram, die von den anderen Leipziger Zweigen in der damals üblichen Vereinfachung als Anhängerin Wegmans angesehen wurde, ob diese nicht weitere Klassenstunden in Leipzig halten könne. Wegmans Antwort erfolgte recht bald. Am 12. Februar 1931 schrieb sie an Wolfram, dass sie im Augenblick keine Stunden halten wolle: »Ich werde es ganz sicher einrichten zu kommen, wenn einmal mehr Stabilität eingetreten ist in den jetzt herrschenden Verhältnissen, überall in Deutschland und auch hier. Ich glaube nicht, daß es gut ist, jetzt Klassenstunden zu halten.« 1931 waren also die Nichtanerkennung, Verdächtigung und gegenseitige Unterminierung der Anthroposophen untereinander bereits so weit fortgeschritten, dass ein tatkräftiges Mitglied des Dornacher Vorstandes bezweifelte, dass es in einer solchen Situation gut sei, Klassenstunden zu halten!

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