Der Jahrhundertdichter Franz Kafka, dessen 100. Todestag im kommenden Jahr wieder zu einer breiteren Vergegenwärtigung des Vergangenen führen wird, hat eine deutliche Spur im kollektiven Bewusstsein des 20. Jahrhunderts hinterlassen, die sich zu dem weltweit in den allgemeinen Wortschatz eingegangenen Adjektiv »kafkaesk« verdichtet hat. Max Brod, sein engster Freund und der erste Herausgeber seines Nachlasses, war über den »Kafka-Boom« der 50er-Jahre entsetzt und sprach von der ›Ermordung einer Puppe namens Franz Kafka‹. Dora Diamant, die in seiner letzten Lebenszeit an Kafkas Seite war und ihm in Berlin beim Verbrennen von Manuskripten half, wehrte sich dagegen, dass man aus dem geliebten Menschen nach seinem Tod Literatur machen wollte. Allerdings hat Kafka, obwohl er testamentarisch die Vernichtung seiner Manuskripte forderte, nicht sie, sondern Brod als Nachlassverwalter eingesetzt, von dem er wusste, dass er sich nicht daran halten würde.