Ohne Seele keine Wiedergeburt, ohne Leib keine Auferstehung

Seelenverständnis und Todesüberwindung

Obwohl Rudolf Steiner die Anthroposophie anfangs mit Bezug auf die Naturwissenschaften begründet hat, begegnen wir in ihr doch einer besonders großen Reihe von Inhalten, die in der Wissenschaftswelt nicht in den Bereichen der Natur-, sondern ausschließlich in denen der Geisteswissenschaften zu finden sind. Dort wiederum sind die thematischen Berührungen im Feld der Theologie besonders groß. In der Theologie bahnen sich deshalb Gespräche über die Grenzen der unterschiedlichen Sprachräume von anthroposophischer und universitärer Wissenschaft hinaus eher an als anderswo. Im Werk Steiners finden wir die Rede von der Seele in Abgrenzung und im Vergleich mit dem Leiblichen und dem Geistigen des Menschen. Der Leib vermittelt die Sinneswahrnehmung, durch die Seele treten wir in ein persönliches Verhältnis zur Welt, und mit unserem Geist erkennen wir die zeitlosen und überpersönlichen Gesetzmäßigkeiten der von unseren Bedürfnissen unabhängigen Wahrheit. Das ist Steiners Ansatz im Grundlagenwerk Theosophie von 1904. Ganz anders begegnet uns der Begriff der Seele im Raum der Geistesgeschichte. Hier geht es im Gespräch über die Seele primär um die Fragen des nachtodlichen Lebens. Von hier aus sind deshalb die Versuche zur »Abschaffung« des Seelenbegriffs in der Theologie des 20. Jahrhunderts zu betrachten und auch die beiden aktuellen theologischen Vorstöße zur Rehabilitierung des Seelenbegriffs, mit denen ich mich auseinandergesetzt habe: Christof Gestrich: Die Seele des Menschen und die Hoffnung der Christen. Evangelische Eschatologie vor der Erneuerung (Frankfurt/Main 2009) und Helmut Feld: Das Ende des Seelenglaubens (Berlin, Münster 2013).

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