die Drei - Journal für Anthroposophie - Sonderheft Die soziale Dreigliederung als Aufgabe der Waldorfpädagogik

Die soziale Dreigliederung als Aufgabe der Waldorfpädagogik

Eine Artikelserie von Stephan Eisenhut

Die Bedeutung der Waldorfpädagogik liegt nicht allein darin, dass sie Wege zu einem lebendigen und kindgerechten Unterricht aufzeigt. Ihr Begründer Rudolf Steiner sah in ihr auch einen ersten wirklichkeitsgemäßen Schritt in Richtung Dreigliederung des sozialen Organismus. Er ging davon aus, dass in dem Maße, wie Menschen Initiative ergreifen und ein freies, auf sich selbst gestelltes Geistesleben hervorbringen, sich der soziale Organismus notwendig gliedern wird. Die Übergriffigkeit des Staates auf den Bereich des Erziehungswesens kann nur durch geistige Aktivität zurückgedrängt werden. Das wiederum kann nur gelingen, wenn die Erzieher bereit sind, sowohl sich selbst die Ziele ihres Handelns vorzugeben, als auch durch Selbsterziehung daran zu arbeiten, diese Ziele auch umzusetzen. Die Anmaßung der Weltkonzerne, den Belangen der Staaten und des Kulturlebens ihren Imperativ aufzunötigen, kann hingegen nur überwunden werden, wenn wirtschaftliche Initiativen von Menschen angeleitet werden, die diese mit einem umfassenden Blick zu lenken verstehen. Die hierzu notwendige Bildung kann nur innerhalb eines freien Geisteslebens entstehen.
Wir stehen heute vor einer Herkulesaufgabe, die einer Quadratur des Kreises gleichkommt. Denn, wie schon Wilhem von Humboldt erkannte, die innere Aktiviät des Menschen wird schnell erlahmen, wenn er sich in die Obhut des Staates begibt. Es zieht Ruhe ein, wenn der Mensch sich dem »Geist der Regierung« unterordnet.
Genau in diese Falle ist die Waldorfschulbewegung geraten. Die überwiegend staatliche Finanzierung und die Ausrichtung auf das Abitur haben Kräfte aufgerufen, die es vielen um die Sache ringenden Lehrern immer schwerer machen, mit ihren Impulsen durchzudringen. An allen Orten können wir ein Erlahmen des Waldorfimpulses beobachten. Der »Geist der Regierung« wirkt – oft unbemerkt – über die Verwaltungsanforderungen der Schulen bis ins Kollegium und ins Klassenzimmer hinein.
Diese Aufsatzreihe versucht, zu den Urgedanken der Waldorfpädgagik und der sozialen Dreigliederung zurückzukehren. Diese haben eine gemeinsame menschenkundliche Grundlage. Gerade das wechselseitige Beleuchten der kindlichen und der sozialen Entwicklungsgesetze kann zu einem tieferen Verständnis unserer Zeitsituation führen und dem Erzieher neue Impulse für seine Tätigkeit geben. Sie ist aber nicht nur für Pädagogen geeignet. Auch Menschen, die ein Wirtschaftsunternehmen fruchtbar leiten wollen oder politisch tätig sind, können sich durch diese Gedanken inspirieren lassen. Vielleicht wird es für manchen auch eine überraschende Erkenntnis sein, dass wir die eigentlichen Fragen des Wirtschaftslebens gewöhnlich verschlafen und die des Rechtslebens verträumen. Es ist aber an der Zeit, für diese Fragen aufzuwachen!

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Die soziale Dreigliederung als Aufgabe der Waldorfpädagogik – Teil I

Seite: 15

Die soziale Dreigliederung als Aufgabe der Waldorfpädagogik – Teil II

Seite: 29

Eine Zwischenbetrachtung zum Zeitgeschehen

Seite: 45

Die soziale Dreigliederung als Aufgabe der Waldorfpädagogik – Teil III

Seite: 61

Die Aufgabe der Kulturräte