Zum Leserforum in die Drei 1-2/2020
Ein Roman über den Klimawandel?
Philosophisch-einvernehmlich
Auf dem Weg zur großen Synthese
Antimuslimischer Rassismus?
Ein Symposion zum 100-jährigen Bestehen der Eurythmieformen zum ›Traumlied des Olaf Åsteson‹
Es war 1910 anlässlich des in Oslo gehaltenen Vortragszyklus’ über die ›Mission einzelner Volksseelen‹, dass Rudolf Steiner durch die norwegische Schriftstellerin und Anthroposophin Ingeborg Möller-Lindholm vom ›Traumlied des Olaf Åsteson‹ erfuhr. Er ließ es sich von ihr aus dem Norwegischen ins Deutsche übersetzen und übertrug diese Prosafassung dann anschließend in eine rhythmische Form. In mehreren Vorträgen zwischen 1911 und 1914 erläuterte Steiner den Mysteriengehalt und die Inhalte des ›Traumliedes‹ für die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft und schuf 1920 Eurythmieformen für das ›Traumlied‹, die in den Jahren 1921 bis 1922 insgesamt sechzehnmal von verschiedenen Ensembles zur Aufführung gebracht wurden.
in zwei Bildern von Giotto di Bondone
»Das Was bedenke, mehr bedenke Wie« – dieses Motto aus Goethes ›Faust‹ kann auch für die Kunstbetrachtung gelten. Mit dem »Was« des Bildes, seiner gegenständlichen Ausdeutung, beschäftigt sich die Ikonografie und Ikonologie, die Erwin Panofsky (1892–1968) begründete. Doch muss jede Interpretationsmethode, welche die spezifische Gestaltung des Werkes außer Acht lässt, rein spekulativ bleiben. Ein Kunsthistoriker, der sein Augenmerk auf das »Wie« lenkte, war Max Imdahl (1925–1988). Die Ansätze von Panofsky und von Imdahl lassen sich an zwei Fresken erläutern, die Giotto zu Beginn des 14. Jahrhunderts schuf und die in der Scrovegni-Kapelle in Padua übereinander angeordnet sind: die ›Darbringung Jesu im Tempel‹ und die ›Gefangennahme Christi‹.
Ein Bekenntnis
Seit Jahrzehnten dasselbe Erlebnis: Ich schaffe es nicht, die sogenannte Willensübung durchzuführen. Warum? Weil mir das Gleiche widerfährt wie im Sportstudio auf Laufbändern, Fahrrädern oder anderen Ertüchtigungsgeräten. Ich leide am Stumpfsinn der Tätigkeit, sie langweilt mich in ihrer Routine. Über kurz oder lang fühle ich mich wie in einer Warteschleife, gebannt in einen sinnlosen, künstlichen Ablauf.
Zu Anna Seydel: ›Stirb und Werde‹
An die Seite ihres vor zehn Jahren erschienenen spirituell-praktischen Büchleins ›Ich bin du. Kindererkenntnis in pädagogischer Verantwortung‹ (Stuttgart 2009) stellt die erfahrene Klassenlehrerin Anna Seydel nun eine Reihe von Studien vor, die aus ihrer anthroposophischen Grundlagen-Arbeit hervorgegangen sind. Sie vereinigen sich unter dem Gesichtspunkt des von Rudolf Steiner beschriebenen rosenkreuzerischen Schulungs- und Erkenntnisweges.
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Zu Andreas Neider: ›Denken mit dem Herzen – Wie wir unsere Gedanken aus dem Kopf befreien können‹
Viele Entwicklungsschritte, die heute notwendig sind, kann man auch an deren Gegenbildern und den damit zusammenhängenden Gegenwelten erkennen. Gerade wenn man mit der Frage lebt, wie wichtig bestimmte Entwicklungsschritte sind, kann der Blick auf die Gegenbilder von zentraler Bedeutung sein.
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Zu den Erlebnisstufen des anthroposophischen Meditationsweges
Früh erlebte ich es als sehr beschämend, wenn es hieß, Rudolf Steiner habe wohl geistig schauen können, seine Schüler aber seien Epigonen, und die von ihm gelehrten übersinnlichen Forschungsfähigkeiten seien bei ihnen ausgeblieben. Der Schulungsweg wurde mir umso wichtiger. Er vollzog sich dann in 12-Jahres-Stufen mit folgenden Schwerpunkten: 12 Jahre Studium, ethisches Bemühen, phänomenologische Wahrnehmung, verschiedene Übungen, Schwellenkrisen und erste geistige Erlebnisse (1976 bis 1988); 12 Jahre – nach Einrichtung eines kontinuierlich täglichen Meditationslebens – Erfahrungen meditativen Wahrnehmens an Übungen aus ›Wie erlangt man ...?‹, erste Wesenserlebnisse (1989 bis 2001); 12 Jahre Differenzierungsarbeit im anfänglichen Erleben der Imagination, Inspiration und Intuition an Sozialem, der Natur und dem Jahreslauf (2003 bis 2015); und – vermutete – 12 Jahre des Einlebens in Beziehungen zu verschiedenen Wesen (2015 bis 2027). Dabei bestätigte sich mir im Erleben die Stufung des anthroposophischen Schulungsweges:3 1. Studium; 2. Imagination; 3. Inspiration; 4. Intuition; 5. Beziehungsbildung zwischen Mikrokosmos (Ich) und Makrokosmos (geistige Welt und ihre Wesen); 6. Einswerden mit dem Makrokosmos; 7. Gottseligkeit, als Weg vom verfeinerten Wahrnehmen zur verfeinerten Verbundenheit.
Tore der Seele zur Bildekräftewahrnehmung
Wer sich mit Fragen der inneren Schulung beschäftigt, schaut auf ein weites Feld verschiedenster Aspekte und Ansätze. Ich möchte mich in diesem Beitrag auf einen kleinen Ausschnitt beschränken. Dabei gehe ich von Erfahrungen in der Bildekräfteforschung aus.
In der Bildekräfteforschung wird ein innerer Übweg veranlagt, der zur Wahrnehmung im Bereich des Ätherischen und der angrenzenden Gebiete des Seelisch-Geistigen befähigen soll. Dieser Übweg trägt alle Charakteristika, die einen anthroposophischen Schulungsweg kennzeichnen: Er strebt eine bewusste, Ich-geführte Umgestaltung des eigenen Wesensgliedergefüges an, um nach und nach eine Verwandlung von Denken, Fühlen und Wollen zu ermöglichen.
Dabei wird zunächst und in besonders intensiver Weise an einem durchschaubaren Verhältnis zum eigenen Denken gearbeitet. Die Bedeutung einer Verlebendigung des eigenen Denkens hat Rudolf Steiner in immer wieder neuen Aspekten an seine Zuhörer und Leser herangebracht, er ist eines der zentralen Themen in seinem Werk.
Ich-Wille und Himmelsgaben im Denkprozess
Die allgemeine Auffassung von den Möglichkeiten und dem Wesen des Denkens beschränkt sich heutzutage fast flächendeckend auf dessen intellektuelle Komponenten – wie das Sammeln von Gedanken und Wissen, das Verfassen kritischer Analysen, das Auffinden von Kausalitäten oder das Erstellen von Meinungen und Urteilen. Spirituelle Kräfte des Denkens bleiben dabei unbeachtet, sei es aufgrund einer materialistischen Leugnung des Geistigen überhaupt oder einer Unkenntnis vom Denken als Ganzem in vielen, auch spirituell offenen Kreisen.
So widerfährt dem Denken eine Missachtung. Da für den spirituellen Fortschritt der reine Intellekt verständlicherweise als Hindernis erlebt wird, will man häufig das Denken überhaupt vermeiden. Andererseits wird wenig gezögert, den Intellekt in Form einer berechnenden Raffinesse bis zum Äußersten auszureizen, um damit egoistische Ziele wie beispielsweise wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen. Der Respekt dem Denken gegenüber ist somit weitgehend geschwunden, und so scheint es auch kein besonderer Schritt zu sein, digitale Funktionen an dessen Stelle setzen zu wollen. Auf diese Weise verliert aber der Mensch den Bezug zu seinem eigenen Denken. Es entgleitet ihm und stürzt ab. Dem Einzug von Lügen und der weit verbreiteten Fake-News sind damit alle Türen geöffnet.
Das Frühwerk Rudolf Steiners mit seiner Entwicklung und Darstellung eines lebendigen Denkens ist einem Samen vergleichbar, der – indem er aufgeht und zur Pflanze sich entfaltet – in die geistige Welt hineinzuwachsen vermag. Steiner hatte gezeigt, dass das menschliche Denken sich so selbst ergreifen und durch innere Kräfte entwickeln kann, dass es eine Brücke zur geistigen Welt bilden kann. Allerdings wurde er in diesem Ansatz nicht verstanden. Dies trug wesentlich zu der Krise bei, die Rudolf Steiner am Ende des 19. Jahrhunderts durchlebte und die in der Fragestellung: »Soll man verstummen?«, wie er sie dann in seinem ›Lebensgang‹ formulierte, gipfelte. Offensichtlich war da ein Schritt in der Geistesgeschichte der Menschheit getan worden, der seiner Zeit vorausging.
Obwohl dem so war und Rudolf Steiner biografisch ab 1900 den Weg über die Theosophische Gesellschaft wählte, die ihrerseits durch ihre Geschichte mit Elementen verbunden war, die nicht aus dem mitteleuropäischen Geistes- und Gedankenleben stammten, entwickelte er die Anthroposophie so, dass sie in der ganzen Art, wie er sie selbst erforschte und darstellte, immer vom Denken getragen war. Das heißt, bei seinem eigenen geisteswissenschaftlichen Forschen ging er vom Denken aus und nutzte dieses als Brücke in die geistige Welt.
und sein Zusammenhang mit dem Ereignis der Begegnung Goethes mit Schiller
Am 1. September 1919 schrieb Rudolf Steiner seinem jungen Mitarbeiter Hans Kühn einen vierzeiligen Spruch als Widmung in dessen Exemplar seiner im Frühjahr 1919 erschienenen Schrift ›Die Kernpunkte der sozialen Frage‹. Auch im Kontext des gesamten Reichtums der sogenannten ›Wahrspruchworte‹ Rudolf Steiners zeigt dieser Spruch eine besondere Beziehung zur sozialen Frage, weil er in methodischer Klarheit die Notwendigkeit »innerer« Seelenentwicklung mit dem zu entwickelndenVermögen »äußerer« sozialer Gestaltung verbindet: »Suche im Innern das Lichtvolle / Und du findest die Welt; / Suche im Äußern das Sinnvolle / Und du findest dich selbst.« Es ist kein Zufall, dass Steiner diesen Spruch mit dem Weg nach »Innen« beginnt, vielmehr zeigt sich darin etwas Grundlegendes seiner »Freiheitsmethode«. In seinem philosophischen Hauptwerk ›Die Philosophie der Freiheit‹ bemerkt er in Bezug auf Schillers an Goethe gerichtetes Gedicht ›Die Übereinstimmung‹: »Von Schillers bekannten zwei Wegen: ›Wahrheit suchen wir beide; du außen im Leben, ich innen / In dem Herzen, und so findet sie jeder gewiß. / Ist das Auge gesund, so begegnet es außen dem Schöpfer, / Ist es das Herz, dann gewiß spiegelt es innen die Welt‹ wird der Gegenwart vorzüglich der zweite frommen. Eine Wahrheit, die uns von außen kommt, trägt immer den Stempel der Unsicherheit an sich. Nur was einem jeden von uns in seinem eigenen Innern als Wahrheit erscheint, daran mögen wir glauben.«
›Ekta Parishad‹ als Beispiel einer sozialen Bewegung
Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging und unsere Eltern glaubten, wir seien nach Ausbombung, Evakuierung und Flucht »angekommen«, wurden uns Kindern kleine Gartenbeete zum Bestellen und Pflegen zugeordnet. Da wir in diesen ersten Nachkriegsjahren oft Hunger hatten, säten wir schnell Wachsendes und direkt Essbares, Radieschen und Möhren. Neugier und Hunger ließen mich beim Hervorsprießen der ersten Blätter die Pflänzchen herausziehen – wenigstens ein kleines bisschen – um zu sehen, ob sich schon etwas Rotes, Essbares zeigte. Ich lernte aus dieser pädagogischen Maßnahme meiner Eltern, dass die Keimblätter, also die allerersten Blätter, stets anders aussehen als die der späteren Pflanze, und ich erlebte, dass unvorsichtiges Hinschauen einen Wachstumsprozess gefährden und abbrechen kann.
Die erweiterte Demokratie – Teil IV
Der moderne Mensch stellt sich der Welt als ein Ich gegenüber. Innerhalb seines Ich erlebt er die Ideenwelt. Was sich demgegenüber vor seinen Sinnen ausbreitet, zählt er zu einer unabhängig von seinem Ich existierenden Außenwelt. Sein Nachdenken über die Sinneswahrnehmungen führt ihn allerdings dazu, in diesen Modifikationen seines Gehirns durch eine Außenwelt zu sehen, die ihrerseits nicht unmittelbar wahrnehmbar ist. Die Wirklichkeit hinter der Farbe Rot etwa stellt er sich als Prozess auf molekularer, photochemischer und elektrischer Ebene vor. Ein solcher Zusammenhang ist nicht den Sinnen als Wahrnehmung, sondern dem Denken als Idee gegeben. Statt dem Inhalt seiner Sinneswahrnehmungen spricht er somit seiner Idee eine vom Bewusstsein unabhängige Existenz zu. Sie ist für ihn ein unveränderliches »Naturgesetz«. Ganz anders dagegen die Kulturideen, von den religiösen Inhalten bis zu den Menschenrechten: Diese erlebt der Gegenwartsmensch als willkürliche Produkte seines Geistes.
Der anthroposophische Schulungsweg bildet eines der Kernthemen unserer Zeitschrift. Dabei ist es uns ein Anliegen, authentische Erfahrungsberichte und konkrete Übungsvorschläge zu veröffentlichen, die nachvollziehbar machen, wie dieser Weg begangen werden kann. Und auch, dass dieser Weg nicht von der Welt entfremdet, sondern im Gegenteil erst recht mit ihr vertraut macht, indem er eine Begegnung mit ihrem wahren Wesen ermöglicht.
Zur Ankündigung der ›Steiner Studies‹ in die Drei 11/2019 // Zu Johannes Mosmann: ›Der blinde Fleck der Gesellschaftskritik – Die erweiterte Demokratie Teil I‹ in die Drei 11/2019
Gibt es Spiel ohne Ernst?
Wie aus einer anderen Welt
Eine Einweihungskrise in Briefen
Zum 11. Forschungskolloquium Meditationswissenschaft am 9. November 2019 in Stuttgart
Am 9. November 2019 veranstaltete die Akanthos Akademie im Rudolf Steiner Haus in Stuttgart das 11. Forschungskolloquium Meditationswissenschaft zum Thema ›Von der Natur zur Geisterkenntnis – ein methodischer Vergleich zwischen Goetheanismus und Bildekräfteforschung‹. Durch die Beiträge von Laurens Bockemühl, Ulrike Wendt, Markus Buchmann und dem Verfasser sowie in Gesprächsgruppen und einer Podiumsdiskussion wurden etliche Gemeinsamkeiten, aber auch einige wesentliche Unterschiede zwischen diesen beiden Forschungsmethoden deutlich. Weitere Fragen zu diesem Thema wurden in einer intensiven Nachbesprechung aufgegriffen.