Bild einer neuen Einweihung
Über die Toten rede man nur gut?
Zum Film ›Like a Complete Unknown‹ von James Mangold
Diesem Film gelingt ein doppeltes Kunststück: ›Like a Complete Unknown‹ erzählt den Werdegang Bob Dylans in seinen frühen Jahren auf eine Weise, die zur zweifachen Zeitreise wird: vergegenwärtigte Vergangenheit, die sich inspirierend zukunftsoffen zeigt.
Zu den Ausstellungen: ›Kosmos Blauer Reiter. Von Kandinsky bis Campendonk‹ im Berliner Kupferstichkabinett und ›Kosmos Kandinsky. Geometrische Abstraktion im 20. Jahrhundert im Museum Barberini Potsdam
Etwas Besonderes bietet das Berliner Kupferstichkabinett auf dem Kulturforum: Zum ersten Mal in der Geschichte dieser Sammlung wird der eigene Bestand an Arbeiten des ›Blauen Reiters‹ Thema einer Ausstellung: ›Kosmos Blauer Reiter. Von Kandinsky bis Campendonk‹. Geprägt von vielfältigen Handschriften und künstlerischen Auffassungen, umfasst sie als Kern den Zeitraum von der Gründung des dem Expressionismus zugeordneten ›Blauen Reiters‹ durch Wassily Kandinsky (1866–1944) und Franz Marc (1880–1916) im Jahre 1911 bis zur Auflösung durch den Beginn des Ersten Weltkrieges 1914. Kandinsky musste als feindlicher Ausländer Deutschland verlassen. Franz Marc fiel 1916 als Soldat an der Front.
Zu Alexander Schaumann: ›Kunst und Wahrnehmung‹
»Wo steht die Kunst der Gegenwart? Welche Zukunftsaspekte lassen sich entdecken?« (S. 8). Mit dieser Frage untersucht Alexander Schaumann die Kunst der Moderne von Vincent van Gogh bis zu Joseph Beuys und ihre Vorläufer in der jüngeren Geschichte. So ist sein Blick stets auf ein Anfängliches gerichtet, das sich auf individuelle Weise Ausdruck zu schaffen sucht, durch den spezifischen »›Griff‹ des Künstlers in sein Material«, der ihm zum »Zauberstab« wird (S. 9). Dessen Bedeutung erschließt sich nach und nach durch die Einbettung in einen übergreifenden Entwicklungsstrom.
Seine Freundschaft mit der Schriftstellerin Gabriele Reuter (1859–1941)
Die Arbeit begann im zweiten Stock des Weimarer Schlosses, wo die Archivare am Anfang saßen, mit Blick auf den Ilmpark, das Wehr und die Kegelbrücke und auf das im Bau befindliche Goethe- und Schiller-Archiv, das jenseits der lim am Altenberg hoch über Weimar entstand, einem Prachtbau, der das Schloss Trianon in Versailles zum Vorbild hatte.Die Großherzogin Sophie (1824-1897) hatte, nachdem Walther von Goethe als letzter Nachkomme am 15. April 1885 verstorben war, den schriftlichen Nachlass seines Großvaters Johann Wolfgang von Goethe in Empfang genommen. Nach der Anhörung des Notars sprach sie würdevoll: »Ich habe geerbt. Deutschland und die Welt sollen mit mir erben.«Am 28. Juni 1896 wurde das neue Goethe-und Schiller-Archiv eröffnet. Der 35-jährige Rudolf Steiner war an diesem Tag dabei. Die Festrede hielt der damalige Direktor Bernhard Suphan (1845-1911). Steiner war Suphan auch privat verbunden, der in der Altenburg an der Jenaer Straße lebte. Um dessen beiden Söhne kümmerte er sich oft, denn Suphan war schon zum zweiten Male verwitwet.
Erst-Begegnungen mit Rudolf Steiner I
In einem länglichen, blau ausgemalten Saal versammelte sich ein merkwürdiges Publikum: vorwiegend Damen, zumeist nicht ganz jung – viele trugen absonderliche hemdartige Kleider mit gerader Stola darüber –, auch hatten viele Ketten mit merkwürdigen Anhängern um den Hals. Doch auch da, wo Prätention sich geltend machte, konnte man keine geschmackvolle Erscheinung bemerken. Auffallend war der Mangel an Schminke. Sympathisch berührte vielfach ein menschlich warmer Gesichtsausdruck. Einen gemeinsamen Zug konnte man bei diesen Menschen empfinden: Es war kein zufälliges Publikum, sondern eine Gemeinschaft. Nur eine abseitsstehende Gruppe jüngerer Menschen schien weltlicher.
Zu Wolfgang Gädeke: ›Die Gründung der Christengemeinschaft‹
Drei Jahre nach seinem ursprünglich geplanten Erscheinungstermin liegt dieses Buch nun vor. Seinen enormen Umfang verdankt es einer Vielzahl von Dokumenten, die Wolfgang Gädeke zusammengetragen hat. Gädeke hat für die Christengemeinschaft jahrzehntelang als Gemeinde-Pfarrer und (für die Region Norddeutschland verantwortlicher) »Lenker« sowie als Autor gewirkt, und betätigt sich – verstärkt nach seiner Emeritierung – als ein mit Ausdauer und detektivischer Präzision arbeitender Sammler archivarisch relevanter Briefe, Berichte etc. sowie als Chronist. Schon lange vor dieser Publikation hat er intern vieles Neue und Erhellende zu den Vorgängen rund um die Gründungsereignisse zur Verfügung gestellt.
Zu Andreas Laudert: ›Unter den Augen des Himmels‹
Ein persönliches Buch über Steiner; und eine persönliche Rezension. Ich habe es gerne gelesen. Mit den Augen des Himmels durfte ich es lesen. Manchmal gingen meine Augen über – zu einem anderen Buch oder auch von Rudolf Steiner, dessen Leben hier erzählt wird, zum Autor, Andreas Laudert. Sein Ringen, Suchen und Bejahen Steiners ist stets spürbar. Immer bezogen auf die Gegenwart erscheint hier Rudolf Steiner. So heißt es am Anfang über unser Heute: »Aber eines dürfte sehr wahrscheinlich sein: dass er Anteil nähme. Dass er, inkarniert oder nicht, interessiert wäre. Daran, dass gut werde, was er damals hatte mithelfen wollen zu erschaffen, zu begründen, zu leben: anthroposophia, ein gemeinsames Bewusstsein davon, was es heißt, Mensch zu sein.« (S. 23)
Immer wieder neu stehe ich tief erschüttert vor dem unfassbaren Wunder von Rudolf Steiners Erdenwirken. Es ist das umfangreichste Werk, das jemals ein Mensch hinterlassen hat. Nicht ein einziger Gedanke, ein Satz oder eine Tat finden sich darin, die Rudolf Steiner eigennützig für sich selbst intendierte: Es ist ein reines Geschenk. Es stellt die Philosophie erstmals seit Plato und Aristoteles auf eine ganz neue Grundlage; es beantwortet die tiefsten Lebens- und Daseinsfragen der Menschheit in einer modernen, nachvollziehbaren Weise. Was ist der Mensch? Woher kommt die Welt? Was ist die Natur? Warum ist alles entstanden und wohin wird es führen? Wie verstehen wir Christus? Es inspiriert neue Künste, die Eurythmie, Sprach- und Theaterkunst, Malerei, Plastik, Architektur, und eine neue Praxis in Pädagogik, Heilpädagogik, Medizin, Landwirtschaft, christlicher Kirche und vielen anderen Lebensbereichen.
Betrachtungen zum Lebensgang Rudolf Steiners II
Steiner beginnt den Blick auf seine Kindheit mit der Herkunft seiner Eltern. Beide. Mutter und Vater, stammten aus der gleichen Gegend.2 Darin waren sie sich ähnlich. Der Bezug zu Landschaft und Milieu prägte und bestimmte sie. Im österreichischen Waldviertel waren sie verwurzelt. Als ihr Leben sich rundete, kehrten sie wieder dorthin zurück.Das Verhältnis zwischen einem durch irdische Bedingungen und geistige Intentionen bestimmten Lebensweg, die Spannung zwischen physischer und geistiger Biografie, ist für die menschliche Existenz ein Leben lang thematisch. Ob man sich gedrängt fühlt, dort zu leben und zu arbeiten, wo man auch zur Welt kam. oder ob die Tätigkeit einen an die unterschiedlichsten Orte auf der Welt führt, ob innere oder äußere Beweggründe den Anlass geben zur Führung des eigenen Lebensweges, sagt immer auch etwas aus über das Verhältnis zwischen innerer und äußerer Existenz. Ist mit der Herkunft das Vertraute. Bekannte und Gewohnte verbunden, ein Lebenszusammenhang, der Sicherheit verheißt und der in diesem Sinne für das Alte und das Vergangene steht, so verheißt Fremde das Neue. Seine Unvorhersehbarkeit zielt auf die inneren Gestaltungskräfte der Seele und deren Wirksamkeit. Freilich handelt es sich dabei nicht um normative Aspekte biografischer Entfaltung. Die entscheidende und im eigentlichen Sinn ortsunabhängige Frage zielt letztlich auf das Maß der Verursachung einer eigenständigen Lebensführung durch das eigene Ich. Wird es vom Gegebenen, sei dies innerer oder äußerer Natur, überformt oder gibt es sich selbst und dem Leben Form und bildet auf diese Weise in der Zeit eine zweite Natur?
Wie sind sie zu verstehen?
Aus der Zeit vor der Jahrhundertwende gibt es mehrere Äußerungen Rudolf Steiners, die - in zum Teil recht heftiger Weise - gegen das Christentum gerichtet zu sein scheinen. In seiner Autobiografie erklärt er, was für ihn der Anlass dazu war: »Im Widerspruch mit den Darstellungen, die ich später vom Christentum gegeben habe, scheinen einzelne Behauptungen zu stehen, die ich damals niedergeschrieben und in Vorträgen ausgesprochen habe. Dabei kommt das Folgende in Betracht. Ich hatte, wenn ich in dieser Zeit das Wort »Christentum« schrieb, die Jenseitslehre im Sinne, die in den christlichen Bekenntnissen wirkte. Aller Inhalt des religiösen Lebens verwies auf eine Geistwelt, die für den Menschen in der Entfaltung seiner Geisteskräfte nicht zu erreichen sein soll. Was Religion zu sagen habe, was sie als sittliche Gebote zu geben habe, stammt aus Offenbarungen, die von außen zum Menschen kommen. Dagegen wendete sich meine Geistesanschauung, die die Geistwelt genau wie die sinnenfällige im Wahrnehmbaren am Menschen und in der Natur erleben wollte.« Es gibt Autoren, die diese Erklärung Rudolf Steiners nicht für alle seine Aussagen gelten lassen wollen: Einzelne Formulierungen, so wird behauptet, ließen sich nicht anders verstehen, als dass er doch das Christentum als solches damals gemeint habe.
und die Lehre von den Idolen nach Francis Bacon
Dieser Artikel wurde von Martin Basfeld vor seinem Tod am 12. Oktober 2020 verfasst. Da er seinen Artikel noch nicht als veröffentlichungsreif angesehen hat, hatte er ihn als »nur für den privaten Gebrauch!« gekennzeichnet. Da der Artikel sehr wesentliche Gedanken zur Frage der anthroposophischen Bewegung enthält, wird er in Zusammenhang mit einer überarbeiteten Verfassung von Stephan Eisenhut hier dokumentiert. Die leicht redigierte Pdf-Datei der Originalfassung hat Ute Basfeld mit Arbeitsnotizen ihres Mannes und einer Sammlung wichtiger Aussagen zum Thema ergänzt und der Redaktion zur Verfügung gestellt.
und die Inspirationsquellen der Anthroposophie
Martin Basfeld, der am 12. Oktober 2020 überraschend verstarb, arbeitete in den letzten Monaten seines Lebens intensiv an einem bedeutenden Artikel zu den fünf >lnspirations-quellen der Anthroposophie^ Angeregt von dem gleichnamigen Büchlein Sigismund von Gleichs wollte er zeigen, dass es einen geradezu spiegelbildlichen Zusammenhang zwischen der Baconschen Lehre von den Idolen und den fünf Inspirationsquellen gibt, und zwar in der Weise, dass diese Idole heute in verwandelter Form in Einrichtungen - auch in anthroposophischen - wieder Einzug gehalten haben. Das Anliegen dieses Artikels ist zweierlei: Zum einen mithilfe der Erkenntnisintention seines bislang unveröffentlichten Aufsatzes Martin Basfeld noch einmal »zu Wort kommen zu lassen«. Zum anderen auf der Grundlage seiner Ausführungen zu entwickeln, wie das Erkennen dieser Gegenimpulse dazu führen kann, einen neuen Zugang zu den Impulsen der Michael-Schule zu finden, die zu realisieren mit der Weihnachtstagung I923 angestrebt wurde.
Ein geistesgeschichtlicher Bogen von Aristoteles über Francis Bacon zu Rudolf Steiner
In einem Vortrag von 1910 entwickelte Rudolf Steiner eine eigentümliche, viergliedrige, symbolische Darstellung der menschlichen Seele: Zwei aufeinander zulaufende Pfeile in der Horizontalen, zwei in der Vertikalen, das Ganze umschlossen von einem Kreis. Dabei repräsentiert der eine der beiden horizontalen Pfeile (von links) die Erinnerung, durch welche die vergangenen Eindrücke in das gegenwärtige Seelenleben hereingetragen werden, der andere (von rechts) das »Begehren«, womit Rudolf Steiner das Gefühlsleben meinte, das sich auf Zukünftiges bezieht (Angst. Hoffnung. Vorfreude, im weiteren Sinne Sympathien und Antipathien). Senkrecht von oben wirkt in der Seele die Aktivität des Ich, welcher die Sinneseindrücke senkrecht von unten entgegenstehen. Die beiden horizontalen Pfeile zeigen die zeitliche Einbettung der Seele zwischen Vergangenem (Erinnertem) und Zukünftigem (»Begehrtem«), während das Ich gleichsam von »oberhalb« des Zeitstroms, aus dem Geistigen in die Seele hineinwirkt, und die Sinneseindrücke immer (nur) im Hier und Jetzt auftreten, also ebenfalls keine eigene Zeitlichkeit an sich tragen.
Christliche Ursprünge moderner Demokratie. Zugleich ein Blick auf Theo Kobusch: ›Die Entdeckung der Person‹
Seit gut 75 Jahren hat anthroposophisches Leben in den meisten deutschsprachigen Gebieten innerhalb von Gemeinwesen sich entwickeln und prosperieren können, die es in seinem Bestehen sichern, eingebettet in freiheitliche, demokratische Staatswesen. Wo sich aber, wie neuerlich zunehmend zu bemerken ist, durch Anthroposophie angeregte Weltsichten mit Ansätzen eines wieder stärker aufstoßenden völkischen Nationalismus durchmischen, ist es oftmals die Demokratie selbst, die skeptisch ins Visier genommen wird. Daraus ergeben sich Fragen an das anthroposophische Selbstverständnis, zumal diese Kritik an der Demokratie sich auf bestimmte Äußerungen Rudolf Steiners beruft, wie etwa im ersten ›Memorandum‹ von 1917.
Zur Gegenwart der Zukunft
Anthroposophie ist »die Weisheit, die der Mensch spricht«. - Der Mensch ist aber das Ich: »Und dieses ›Ich‹ ist der Mensch selbst. Das berechtigt ihn. dieses ›Ich‹ als seine wahre Wesenheit anzusehen«. Wiederum: »Das Ich ist alle Wesen / Alle Wesen sind das Ich«. - Diese wenigen, knappen Formulierungen Rudolf Steiners könnten dazu helfen, die häufig auftauchende Frage nach dem Spezifischen der Anthroposophie eindeutig und fruchtbar zu beantworten. In Zusammenklang mit ihnen könnte sie lauten: Das Spezifische der Anthroposophie ist ihr Wesen - hier verbal verstanden! - und Wirken als Ichosophie!
Zu Rudolf Steiners 100. Todestag am 30. März 2025
Mich beschäftigte eine bestimmte Frage in der Zeit der 80er- und 90er-Jahre. Ich war damals dabei, meinen Weg und mich selbst zu finden. Innerlich voller Fragen, stieß ich um mich herum auf eine Reihe älterer Menschen, meine Eltern und auch ehemalige Lehrer, die alle Anthroposophen waren und die irgendwie genau wussten oder zu wissen meinten, was aus mir werden sollte. Sie beurteilten mich aufgrund festgelegter Begriffe und Vorerfahrungen und planten mein Leben. Daraus entstand die folgende Frage: Kann man einen anderen Menschen aufgrund von festgelegten Begriffen und Vorerfahrungen wirklich beurteilen und verstehen? Ich erlebte, wie das völlig selbstverständlich so gehandhabt wurde, und merkte bei mir selber ein Unwohlsein demgegenüber. Denn diese Begriffe und Urteile hatten etwas an sich, als ob ihnen die Organe für das fehlten, was wirklich im Tieferen und auch in der Wahrnehmung geschah. Sie blieben bei sich. Reichten gar nicht zu mir hin. Ich fühlte mich in meinem inneren und äußeren Leben nicht gesehen.
Liebe Anthroposophie der Zukunft, ich schreibe Dir einen Brief. Einmal, um mich Deiner zu vergewissern im Nachsinnen und Vordenken. Dann auch, weil ich gefragt wurde, was ich zu Deinem Wesen sagen könnte, im Angesicht des 100. Todestages Rudolf Steiners am 30. März 2025. Dieses Datum hat sicher auch für Dich eine Bedeutung. Ich empfinde es als Einschnitt, durch den vieles neu werden kann - wenn es Menschen gibt, die das wollen. Da hier noch andere mitlesen, versuche ich. diesen intimen Brief so zu gestalten, dass möglichst viele Menschen mitdenken und mitfühlen können.
Oder: Klare Kante gegen Rechts – und alles gut?
Am 11. September 1990, zum Ende des Kalten Krieges, verkündete Präsident George H.W. Bush eine neue Weltordnung. Das mag verheißungsvoll geklungen haben, denn eine vernunftbasierte und friedliche Regelung innerstaatlicher und zwischenstaatlicher Verhältnisse ist stets zu begrüßen. Aber zu fragen bleibt, ob Ordnung in diesem Sinne gemeint war oder ein neues Dominanzsystem der USA. Unerwartete Antwort gab der damalige US-amerikanische Außenminister Antony Blinken im Dezember 2024 vor dem »Council on Foreign Relationsc »Wenn wir auf die letzten 20 Jahre zurückblicken, waren unsere Experimente mit Regime-Change nicht gerade von durchschlagendem Erfolg gekrönt.« Tatsächlich finden wir seit 1990 in der politischen Welt immer weniger Ordnung, trotz der seit 2008 vor allem von der westlichen Welt propagierten »regelbasierten internationalen Ordnung«. Die letzten 35 Jahre waren in hohem Maß irritierend, nicht nur aufgrund von Naturkatastrophen und neuen Technologien, sondern auch durch eine dichte Abfolge oft völkerrechtswidriger Kriege; Revolutionen mit der Folge von »failed States« (wie in Syrien. Libyen und Afghanistan); eine reale oder fiktive Terrorgefahr weltweit; globale Probleme mit illegaler Migration usw. Für die Zukunft gibt es nur unsichere Prognosen; Eben noch sah man einen neuen Kalten Krieg zwischen den USA und Russland heraufziehen, nun verbrüdern sich die beiden mächtigsten Männer der Welt. Wie wird sich das Verhältnis der USA zu China entwickeln? Und stehen die BRICS-Staaten zwar für eine multipolare, aber nicht für eine freiere und gerechtere Welt? Immerhin will China sein Smart-City-Konzept den Ländern des globalen Südens aufdrängen, und Russland bis 2025 ein landesweites biometrisches Zahlungssystem einführen.
Rudolf Steiners 100. Todestag war auch für die Redaktion dieser Zeitschrift ein Anlass, innezuhalten und einen so dankbaren wie kritischen Blick in die Vergangenheit zu werfen, um danach die Aufgaben der Zukunft ins Auge zu fassen. Und so stehen hier Rudolf Steiner und die Anthroposophie fast ausschließlich im Mittelpunkt – auch wenn Bernd Brackmann einleitend die verrottende politische Kultur unserer Gegenwart beschreibt und zur Rettung unseres demokratischen Gemeinwesens mehr Mitbestimmung für mündige Bürger empfiehlt.
Zu Andreas Neider: ›Zur gegenwärtigen Aufarbeitung der Corona-Pandemie – Teil I-III‹ in die Drei 3-5/2024 und zu Ute Hallaschka: ›Ein Mensch‹ in die Drei 6/2024
Die Zahl Acht ist ein Wesen, eine Idee in der Geisteswelt. Wir können nur acht Äpfel, acht Bäume sehen, aber nicht die Zahl Acht. Was für eine Farbe hat sie? Was für eine Form? Klingt sie noch? Gäben wir darauf eine Antwort, würde das Wesen der Acht zum etwas Konkreten. In der Wirklichkeit verfügt die Acht als Wesen über unendlich viele Möglichkeiten zur Verwirklichung und unzählbare Beziehungen zu anderen Wesen.
Oder: Da fehlt noch etwas
Raja Brooke Birdwing Butterfly, zu Deutsch: Raja Brooke Vogelfalter-Schmetterling. Das bedeutet also (von hinten beginnend):
1. Er ist ein Schmetterling.
2. Er gehört zur Gruppe der Vogelfalter, die nicht nur so heißen, weil sie so groß sind wie kleine Vögel, sondern auch, weil ihre flach ausgebreiteten Flügel genau wie die sichelartigen Schwingen von Schwalben oder Seglern aussehen.
3. Er ist der Namensträger von Raja Brooke, eigentlich Sir James Brooke (1803–1869), eines englischen Abenteurers, der 1841 mit seinem bewaffneten Segelschiff dem Sultan Omar Ali Saifuddin II. von Brunei half, den Aufstand von Einheimischen auf Borneo unblutig zu beenden. Danach übernahm er vom Sultan als »Raja« (Herrscher) die Verwaltung der Provinz Sarawak, machte sich bald selbstständig und begründete die Dynastie der »Weißen Rajas« von Sarawak. Nach dem Überfall Japans auf Borneo und dem Ende der britischen Kolonialherrschaft fiel das Königreich an den neu gegründeten Staat Malaysia. Raja Brooke gilt heute als wichtiger Vorläufer der Staatsgründung Malaysias. Und der Schmetterling, als der Nationalschmetterling Malaysias, ist also gewissermaßen staatstragend.