Artikel von Matthias Fechner
Zur medialen Vermittlung der Corona-Krise
Weltweit begleiten seit über einem Jahr verschiedenste Medien die Verbreitung des SARSCoV-2-Virus, symbolisiert durch ein Stachelkugelmodell. Diese Berichterstattung empfanden nicht wenige Menschen in Deutschland als einseitig, bisweilen sogar als verstörend. Tatsächlich scheint es das emphatisch Betonte, das selektiv Dargestellte zu sein, mithin die Technik der Berichterstattung, was bisweilen von Angst, Sorge und Trotz getriebene Proteste hervorgerufen hat. Häufig wurden Ereignisse mit einer Fokussierung auf negative Details wiedergegeben, die entsprechende Rückschlüsse auf das Ganze suggerierten. Bei dieser Methode, in der Rhetorik als pars pro toto bezeichnet, werden z.B. auffällige Teilnehmer einer Demonstration von Journalisten mit Fragen konfrontiert – häufig in einem Kontext, der eine echte Verständigung verhindert. Die Angesprochenen fühlen sich provoziert, reagieren abweisend, sogar aggressiv. Die gescheiterte Kommunikation wird dann als Nachweis einer Verständigungsunfähigkeit seitens der Demonstrierenden verbreitet, auch in satirischer Weise, ergänzt durch eine Pathologisierung der Betroffenen – wodurch der Eindruck entsteht, dass der Protest gegen Corona-Schutzmaßnahmen vorwiegend psychisch und mental instabile Menschen anziehe. Flankierend sind sogar Ratgeber zum psychologisch geschickten Umgang mit Menschen entstanden, die der Corona-Politik der Regierung nicht fraglos folgen möchten.
Zu Oliver Nachtwey & Carolin Amlinger: ›Gekränkte Freiheit‹
Das Buch ›Gekränkte Freiheit‹ von Oliver Nachtwey und Carolin Amlinger erschien im Oktober 2022 im renommierten Suhrkamp Verlag. Zwischenzeitlich hat es dieses Werk auf Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste von DLFKultur, ZDF und ›Zeit‹ geschafft. Sein Thema ist die Herausbildung einer neuen politischen Tendenz: des »libertären Autoritarismus«, den die Autoren auch in anthroposophischen Zusammenhängen verorten. Nachtwey hatte mit einem kleinen Team bereits im Dezember 2020 eine Studie zur ›Politischen Soziologie der Corona-Proteste in Baden-Württemberg‹ vorgelegt, die einige häufig kolportierte Mythen zum Charakter der »Querdenken«-Bewegung widerlegte. So konnte er herausarbeiten, dass die Mitglieder dieser Bewegung tatsächlich eher links orientiert, weiblich, gut ausgebildet, in festen Arbeitsverhältnissen beschäftigt und spirituell aufgeschlossen sind. Die Folgepublikation ›Quellen des Querdenkertums‹ verortete die geistigen Ursprünge dieser Protestbewegung dann unter den Anthroposophen, aber auch im bürgerlichen Milieu, im Alternativmilieu und unter evangelikalen Christen. Dabei wurden überraschenderweise doch stärkere Bezüge zu rechtsextremen Einstellungen und Verschwörungstheorien festgestellt.
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