Artikel von Matthias Fechner
Erklärungsansätze für die Stille der Hochschulen in den Corona-Jahren – Teil I
Kurz nach Ende des Wintersemesters 2021 lief ich über den leeren Campus einer westdeutschen Universität. Eilte im kalten Wind über einen offenen Platz, der wohl einmal als Agora angelegt worden war, ein weiträumiger Treffpunkt im Freien. Anfang der Siebziger Jahre, als die Reformen der Bundesregierung unter Willy Brandt es begabten jungen Menschen aus allen Schichten ermöglichen sollten, ein Studium aufzunehmen. »Mehr Demokratie wagen« – das war der Slogan damals.
Erklärungsansätze für die Stille der Hochschulen in den Corona-Jahren – Teil II
Auch ein Blick auf die breiteren Schichten der Wissenschaftspyramide hilft zu verstehen, warum Universitäten und Hochschulen keinen eigenständigen und mutigen Umgang mit der Corona-Krise fanden. Nicht unterschätzt werden sollte dabei, dass dort 82% der Arbeitsverhältnisse befristet sind. Der Andrang auf die Stellen der wissenschaftlichen Hilfskräfte, der Projektmitarbeiter, der Lehrkräfte für besondere Aufgaben und Dozenten ist folglich nicht immer groß, zumal ein gutes Drittel lediglich eine Entlohnung in Teilzeit vorsieht. Warum also nehmen junge Menschen ein Studium auf, machen damit den ersten Schritt in die Wissenschaft? Laut ›Statista‹ locken sie vor allem fachliches Interesse (59%) und Karrierechancen (43%) an die Universität. Doch man darf annehmen, dass viele junge Menschen auch mit dem Bewusstsein studieren, im Studium, damit in der Wissenschaft, auf der Seite der Vernunft, des Fortschritts, der aufgeklärten Zukunft zu stehen. Die Immatrikulation, später eventuell das Arbeitsverhältnis an der Universität oder Hochschule kommt damit einer Selbstermächtigung gleich: Jetzt kann man etwas gegen den Klimawandel, gegen gesellschaftliche Ungleichheit oder gegen tödliche Infektionskrankheiten tun, unter Anleitung von Expert*innen, die man vielleicht schon aus den Medien kennt. Bereits Studierende bewegen sich dabei in einer Hierarchie, die mit dem Versprechen glänzt, man könne später einmal selbst als Professor*in die Welt erklärend verändern. Gleichzeitig suggerieren die Medien, dass andere Wege dieses Ziel zu erreichen, verwahrlost seien. «Listen to the Scientists!« – Der Mahnruf der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg führt dagegen auf einen klaren Weg mit umfassendem Programm, zur Rettung der Welt.
Ideologie und Fakten - Teil II
Der Umgang mit dem Begriff »Rassismus« verdient an dieser Stelle eine Klärung. Gegenwärtig wird er häufig pauschal und nicht selten populistisch verwendet; wie beispielsweise der Kampfbegriff des »Kommunismus« in Zeiten des Kalten Krieges, vor allem in der McCarthy-Ära. Damals stand schnell unter »Kommunismus «-Verdacht, wer eine allzu liberale Haltung gegenüber der Sowjetunion einnahm, soziale Gerechtigkeit forderte, sich nicht eindeutig von früheren, linken Aktivitäten distanzierte oder einfach nur »falsche« Bekanntschaften geschlossen hatte. In ähnlicher Weise kann heute der Gebrauch eines »falschen« Wortes im »falschen« Kontext als »Rassismus« gewertet werden. Nuancierte Beschreibungen für unpassendes Verhalten, Unhöflichkeit, Vorurteile, Unbildung, Missverständnisse oder situativen Zorn werden häufig nicht Erwägung gezogen.