Artikel von Roland Halfen
Anthropomorphe und kryptoreligiöse Motive des Transhumanismus
»Die Wissenschaft denkt nicht«: Dieser starke Satz Martin Heideggers kam mir schon während meiner Studienzeit in München des Öfteren in den Sinn, wenn mein anfänglicher Respekt vor Mathematik- oder Physikstudenten bei gemeinsamen Verständnisbemühungen in Philosophie-Arbeitskreisen wie Butter in der Sonne dahinschmolz. Gerade neuerdings drängte sich mir der Satz erneut auf, diesmal aber nicht angesichts verzeihlicher studentischer Unreife, sondern angesichts eines Artikels mit dem Titel ›Unsere Nachfahren werden Maschinen sein‹, der am 23. Oktober in der ›Neuen Zürcher Zeitung‹ erstmals in deutscher Übersetzung ganzseitig publiziert wurde. Bei seinem Autor, Martin Rees, handelt es sich jedoch nicht um einen wissenschaftlichen Anfänger, sondern um einen der renommiertesten Wissenschaftler der Gegenwart. Der 1942 in York geborene Astronom der Cambridge University wurde seit 1984 aufgrund seiner wissenschaftlichen Arbeit mit hochdotierten Auszeichnungen − vom Albert Einstein World Award of Science (2003) bis zur Isaac Newton Medaille (2012) − geradezu überhäuft, schliesslich sogar in den Adelsstand erhoben worden (Baron Rees of Ludlow) und war ein halbes Jahrzehnt, von 2005 bis 2010, Präsident der Royal Society (PRS), der bedeutendsten britischen Gelehrtengesellschaft.
Kultur- und bewusstseinsgeschichtliche Aspekte zur Trump-Ära
Kann man aus der Geschichte lernen? Derzeit mag man es im Blick auf die USA sehnlichst hoffen, aber zu einem erfolgreichen Lernprozess gehört zunächst eine tiefergehende Analyse dessen, aus dem man zu lernen beabsichtigt. Aus der Geschichte zu lernen bedeutet daher mehr, als nur die Schäden zu begleichen und alles zu tun, damit es wieder so sei wie zuvor oder dass »so etwas nie wieder passiert«. Es heißt, aus Erkenntnis das Nötige zu tun, damit »dies« nach erfolgreich umgesetztem Lernprozess nicht wieder passieren kann. Auch für diejenigen etwa, die nicht selbst unter der Herrschaft des Nazi-Regimes gelitten haben und auch nicht zu den nachfolgenden Generationen von Deutschen gehören, kann es von Bedeutung sein, sich über die Bedingungen und Ursachen aufzuklären, die zu diesem geschichtlichen Phänomen geführt haben. Insofern soll dieser Beitrag auch nicht etwa die deutschen »Besserwisser« (tatsächlich ein Lehnwort im Norwegischen) bedienen, wenn an dieser Stelle versucht wird, die kultur- und bewusstseinsgeschichtlichen Faktoren zu erschließen, die zu einem derart bedeutsamen geschichtlichen Phänomen wie dem der letzten Präsidentschaft der USA geführt haben. Denn eine gewichtige Frage, die mit der Erwägung dieser Aspekte einhergeht, ist natürlich die, ob so etwas »auch bei uns« geschehen könnte – oder sogar bereits geschieht. Um eine Kultur in ihrer Eigenart zu verstehen, nicht nur, was die Mentalität ihrer Bewohner betrifft oder ihre Gewohnheiten, Intentionen und Werte, sondern in dem, was bis in politische und geopolitische Entscheidungen reicht, ist ein Blick auf deren natürliche und gesellschaftliche Lebenswelt unumgänglich. So handelt es sich bei den USA nicht einfach um ein Land, sondern um einen Staatenbund von Kontinentalgröße. Zwischen Polarkreis und Karibik erstreckt sich eine riesige Landfläche, welche an die beiden größten Ozeane der Erde grenzt. Bei einem Lebensgefühl, in dem für irgendein anderes Land der Erde kaum noch Platz übrig bleibt, überrascht es kaum, wenn Jugendliche in den USA nicht zwischen Austria und Australia, zwischen Britanny (Bretagne) und Britain unterscheiden können.