Artikel von Iris Hennigfeld
Zum 100. Todestag von Franz Brentano
Am 17. März dieses Jahres 2017 jährt sich der Todestag von Franz Brentano zum hundertsten Male. Der Philosoph und Psychologe hat an den Grundlagen des Gebietes der seelischen Phänomene geforscht und maßgeblich zur Entwicklung der Psychologie als eigenständige Wissenschaft beigetragen. Brentano zählt zudem zu den wichtigsten Vorreitern der philosophischen Phänomenologie. Der Artikel möchte an die Persönlichkeit Brentanos erinnern und Grundgedanken sowie wichtige Entdeckungen seiner Seelenlehre umreißen. Dabei soll das Schwergewicht auf sein methodisches Hauptwerk ›Psychologie vom empirischen Standpunkte‹ (1874) gelegt werden. Gegen Ende des Beitrags wird Rudolf Steiners Würdigung des Philosophen in seinem Nachruf auf Brentano von 1917 zur Sprache gebracht und es werden einige darin enthaltene Grundeinsichten in ihrer Relevanz für die Möglichkeit zukünftiger geisteswissenschaftlicher Forschung skizziert.
Oswald Spengler und Rudolf Steiner
Vor einem Jahrhundert erschienen die beiden Bände eines monumentalen Werkes, das zu den meistgelesenen Büchern der Weimarer Republik gehörte und bis heute eines der umstrittensten Werke der Geschichtsphilosophie ist: Oswald Spenglers ›Der Untergang des Abendlandes. Umrisse eine Morphologie der Weltgeschichte‹, dessen erster Band ›Gestalt und Wirklichkeit‹ 1918 und dessen zweiter Band ›Welthistorische Perspektiven‹ 1922 veröffentlicht wurde. Der Titel ist zu einem politischen, wenn auch oft ironisch gebrauchten Schlagwort geworden, das mit jeder neuen Krise die Geister mobilisiert. Lange Jahre in Vergessenheit geraten, erlebten Autor und Werk im Spengler-Jahr 2018 eine bescheidene Renaissance sowohl in Presse und Rundfunk als auch im universitär-akademischen Kontext. So veranstaltete die neu gegründete ›Oswald Spengler Society‹ ihre erste Konferenz und verlieh dem französischen Schriftsteller Michel Houellebecq – jüngst weithin diskutiert wegen seines Romans ›Die Unterwerfung‹ (2015) – im Oktober vergangenen Jahres in Brüssel den ersten ›Oswald-Spengler-Preis‹.
Rudolf Steiner erringt in seiner Wiener Zeit eine Anschauung über das Erkennen, die er als objektiven Idealismus bezeichnet. Diese Anschauung ermöglicht es ihm, eine in den Untergründen von Goethes Schaffen wirkende Erkenntnistheorie herauszuarbeiten. Exemplarisch für Goethes wissenschaftliche Methode ist das Anschauen der Übergänge in der Natur, das in eine künstlerische Tätigkeit übergeht. Die von Steiner entwickelte Erkenntnistheorie legt zugleich den Weg von der Natur in die geistige Welt hinein frei.
Horizonte wissenschaftlicher Anthroposophie-Forschung
Der vorliegende Beitrag setzt sich kritisch mit Christian Clements Einleitung des von ihm heraugegebenen Band 5 ›Rudolf Steiner – Schriften Kritische Ausgabe‹ auseinander. Die Autorin erkennt in seiner Position einen psychologistischen Reduktionismus, wie ihn schon Edmund Husserl kritisiert hat. Aus der reduktionistischen Perspektive werden Clement die geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse Steiners zu Vorstellungen und Projektionen des eigenen Ich. Die Autorin zeigt, dass die von Clement aufgestellte Hypothese eines ›ideogenetischen Grundgesetzes‹ von Grundannahmen über das Erkennen ausgeht, die von Rudolf Steiners anthroposophischer Geisteswissenschaft eher weg- als zu ihr hinführen.