Artikel von Ulrich Kaiser
Zu Rachel Whitereads Water Tower und anderen Arbeiten
Gelingende Worte, sich klärende Gesten – Teil II
Im ersten Teil seiner Studie hat Ulrich Kaiser das Konzept der Performativität, wie es im Anschluss an John Langshaw Austin seit den 50er Jahren entwickelt wurde, darstellt (die Drei 9/2014). Nun geht es um das Wirken Rudolf Steiners als Vortragender, Ritualist, Schriftsteller und spiritueller Lehrer. Steiners Werk, so Kaisers These, ist darauf hin angelegt, dass es von seinen Zuhörern und Lesern performativ hervorgebracht wird. Jede solche Hervorbringung trage in sich das Moment der Verwandlung. Nur wo dies auch geschehe, könne von Anhroposophie die Rede sein.
Teil I: Das Konzept der Performativität
Rudolf Steiner wollte mit seinem Schreiben und Reden stets wirken. Um diese ursprüngliche Dimension des Performativen in seinem Werk herausarbeiten zu können, stellt Ulrich Kaiser im folgenden ersten TeiI seiner Arbeit das Konzept der Performativität vor, wie es von John Langshaw Austin in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt und durch Philosophen und Philosophinnen wie Habermas, Derrida und Judith Butler ausdifferenziert und modifiziert wurde: Letztlich bringt jeder Sprechakt eine (neue) Situation hervor, ja bestimmt sogar das vermeintlich Naturgegebene. – Diesen ersten Teil abschließend, entwickelt Kaiser ein »hermeneutisches Dreieck«, worin deutlich wird, dass die Dimension des Performativen niemals nur für sich besteht, wir also unsere ganze Kultur nur auf Fragen des Gelingens oder des Hervorbringens aufruhen lassen können. In diesem Kontext stellen sich auch weiterhin und vereint damit die Fragen nach Wahrheit oder Kohärenz, die Fragen nach Schönheit und der Darstellungsweise.
Über den Maler und Anthroposophen Karl Ballmer
Der Künstler und Denker Karl Ballmer hat den paradox anmutenden Versuch unternommen, aus seiner persönlichen Begegnung mit Rudolf Steiner (1861-1925) heraus diese Beziehung mit Person und Werk so zu denken, dass sie der persönlichen Begegnung als einer unhintergehbaren individuellen Beziehung gerecht wird. Er prägte Formeln wie »Ereignis Rudolf Seiner« oder »Karma-Orientierung der Erkenntnistheorie«. Sie wirken schillernd und widersprüchlich, weil Steiners Werk Wissenschaftsanspruch erhebt und die Ausdrücke nach Personenkult riechen oder nach willkürlicher persönlicher Entscheidung oder privater Esoterik. Natürlich sind sie so nicht gemeint. – Im Folgenden unternehme ich den Versuch, Ballmers zu wenig bekanntes und nicht leicht zu erschließendes Werk bis zu jener Schwelle vorzustellen, wo seine Motive und Begriffe, meine ich, plausibel werden und eine im engeren Sinn philosophische Darstellung beginnen kann.