Artikel von Salvatore Lavecchia
Klänge eines totalitären Rechtslebens
In zwei anregenden Beträgen hat Matthias Fechner, auf Deutschland konzentriert, ungeschminkt die - oft als zu heikel betrachtete - Frage nach den Gründen erörtert, warum die meisten Hochschulen als Institutionen in den Corona-Jahren unfähig gewesen sind, eine umfangrache kritische Diskussion der weltgeschichtlich erstmaligen, sei es menschlich, sei es wissenschaftlich, sei es rechtlich, sei es wirtschaftlich tief problematischen Corona-Politik zu fördern. Denn es gab natürlich einzelne, mancherorts sogar nicht ganz wenige Akademiker, die eine solche Diskussion anregen wollten. Ihre Versuche wurden jedoch von den jeweiligen Institutionen im besten Fall ignoriert, allzu oft aber zensiert, boykottiert und diffamiert.
Anfang einer Ästhesiosophie
Der aus dem Griechischen übersetzte Anfang des Johannesevangeliums ist bekannt: »Am Anfang war das Wort (lógos), und das Wort war bei Gott.« (Joh 1,1). Bei aller Stimmigkeit verbirgt diese mittlerweile gängige Übertragung - wie übrigens alle Übertragungen ins Lateinische oder in eine moderne Sprache - die fruchtbare Vielfalt des griechischen Begriffs lógos. Ohne Bewusstsein dieser Vielfalt ist es jedoch nicht möglich, den unerschöpflichen Reichtum der johanneischen Spiritualität wahrzunehmen. Zu diesem Bewusstsein möchten die folgenden Ausführungen einladen, dabei manche fruchtbare Anregungen zu einem zukunftsträchtigen Menschenbild hervorhebend, die das Johannes-Evangelium uns schenkt.Im geistigen Horizont des Johannes bezeichnet der griechische Begriff lógos nicht nur das schöpferische Wort, das von der göttlichen Intelligenz (ebenso lógos) des Vaters geboren wird, sondern auch das harmonische Verhältnis, das zwischen dem Vater und dem Sohn/Wort am Anfang allen Seins schöpferisch wirkt, und durch das alle Formen des Seins entstehen (Joh 1,3 und 10). Denn in der Tat ist eine Grundbedeutung von lógos eben Verhältnis, Relation, Proportion, auch in musikalisch-mathematischem Sinne, d.h. als stimmiges Verhältnis wahrgenommen. Demzufolge kann der Anfang des Johannesevangeliums ebenso übertragen werden als: »Am Anfang war das (stimmige, harmonische) Verhältnis, und dieses Verhältnis war zum Gott hin gewendet.«