Artikel von Stefan Schmidt-Troschke
Wir leben in einer paradoxen Situation. Die Europäische Integrationsbewegung, der Verfassungsstaat, unsere repräsentative Demokratie, unser Gesundheits- und Sozialsystem und nicht zuletzt die moderne wissenschaftliche Medizin ermöglichen Formen der Selbstbestimmung, wie sie die Menschheit nie zuvor gekannt hat. Auf der anderen Seite sind es eben diese Bedingungen und Instrumente, durch die wir uns um das zu bringen drohen, was sie uns ermöglichen sollen: ein Zusammenleben in und eine menschliche Entwicklung aus Freiheit. Das, was eigentlich erst den Entfaltungsraum für die Entwicklung der menschlichen Freiheit herstellen sollte, wendet sich mit Macht gegen den Menschen selber. Undurchschaubare Verflechtungen zwischen Staat, Wirtschaft und Kulturbereich, mächtige Institutionen, Sicherheitsmaßnahmen, flächendeckende Präventionsprogramme und politisch wie ökonomisch gesetzte Handlungsanreize stehen (um nur einige Beispiele zu nennen) für einen diffus um sich greifenden und subtilen Entzug von Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.