Artikel von Werner Thiede
Modernes Nachdenken über die Weltseele
Das Werden der Anthroposophie hängt aufs Engste mit dem Ringen Rudolf Steiners um den Begriff des »kosmischen Christus« zusammen. Eine interessante Frage ist es, ob seine diesbezüglichen Visionen und Spekulationen auch Einfluss über die Anthroposophie und die von ihm inspirierte Christengemeinschaft hinaus hatten. Das dürfte namentlich bei dem französischen Naturwissenschaftler und Paläontologen Pierre Teilhard de Chardin (1881–1955) der Fall gewesen sein, der zugleich als Theologe und Priester ausgebildet war. Ihm ging es zeitlebens um die Fragen einer ganzheitlichen Erfassung kosmischer Entwicklungsprozesse. Den Begriff des »kosmischen Christus«, den er ab 1916 verwendete, könnte er von Steiner, aber auch von einigen Theologen übernommen haben, die ihn seit 1906 ins Spiel gebracht hatten. So versteht der US-Amerikaner John Buckham den kosmischen Christus als das »Alpha and Omega«, wie das sp.ter bei Teilhard immer wieder betont zum Ausdruck kam. Ob wiederum Teilhard Buckham gelesen hat, bleibt unsicher. Jedenfalls hatte der Franzose nach seiner naturwissenschaftlichen und philosophischen Ausbildung von 1908 bis 1911 – also noch über seine Priesterweihe hinaus – in England theologische Studien getrieben, wo er auf Buckhams Publikation gestoßen sein könnte.
Eine Erinnerung zum 110. Todestag
In seinem letzten Jugendroman ›Der Ölprinz‹ lässt Karl May (1842-1912) den sächselnden Hobble-Frank die humorvoll formulierte, aber durchaus ernst gemeinte Frage aussprechen: »In welcher heematlichen Gegend sind denn eigentlich Sie aus der jenseitigen Ewigkeet in die diesseitige Zeitlichkeet hineingeschprungen?« Wenig später lässt May denselben Hobble-Frank Reklame für die Zeitschrift ›Der gute Kamerad‹ machen, in der dieser Roman zum Erstabdruck kam. Sollte auch die zitierte Frage eine Art Werbebotschaft enthalten - nämlich für seine spirituelle Weltanschauung?
Die Argumente für eine allgemeine oder altersgestufte Impfpflicht sind bekannt. Gleichwohl macht eine solche Maßnahme vielen Menschen Angst, weil sie sich dadurch in ihrer körperlichen Integrität beeinträchtigt und eines zentralen Grundrechts beraubt sehen. Wie gut oder schlecht die Gründe für ihre Ängste und Sorgen im Einzelnen sein mögen, wäre differenziert zu betrachten, ist aber hinsichtlich der psychischen Effekte sogar zweitrangig. Da es neben irrationalen Behauptungen und Verschwörungserzählungen sehr wohl auch seriöse, rationale Argumente gegen eine Impfpflicht gibt, wäre diese jedenfalls höchst fragwürdig. Sie würde ein nicht vorhandenes Vertrauen gleichsam erzwingen wollen, was aber nur noch mehr Misstrauen gegen staatliche Politik hervorrufen dürfte. Die Unlogik auf dem Gebiet emotionaler Intelligenz im Zuge einer staatlich durchgeführten Beraubung zentraler Grundrechte würde wahrscheinlich nicht befriedend wirken, sondern immer mehr Proteste in der Bevölkerung zur Folge haben.