Vordenker und Vorbereiter
Reise in Humboldts Gegenwart
Sehnsucht nach Weltanverwandlung
Erfahrungen mit (deutscher?) Unkultur
Ein früher Maienurlaub an der Kieler Föhrde hat mir eine wunderbare Gewohnheit geschenkt: einen Spaziergang in aller Herrgottsfrühe, mitten in die schmetternden Vogelgesänge hinein, ins Buchengrün, in die aufsteigende Helle. Ich habe diese Gewohnheit beibehalten und durchstreife nun auch mein HavelstaÅNdtchen, entdecke es neu, sehe es mit erwachten Sinnen, und vieles sehe ich eigentlich zum ersten Male.
Bei einer kursorischen Durchsicht der Notizbücher Rudolf Steiners aus dem Jahr 1897 sind wir im Archiv über eine vermutlich autobiografische Notiz gestolpert. Auf einer sonst unbeschriebenen Seite steht: »Als Nietzsche-Herausgeber / pecuniäre Vorteile / Alles fließt / doch nicht ohne Nebenabsicht[.]« Als Nietzsche-Spezialist in unserem Archiv habe ich mich daraufhin an die Entschlüsselung dieser zunächst rätselhaften Zeilen gemacht.
Zwischen Schein und Sein in Weimar
Die wesentliche Erfahrung von Licht im irdischen Raum ist seine Brechung. Licht muss auf Widerstand treffen, um sich zu zeigen, es entreisst sich seiner eigenen Unsichtbarkeit in der Reflexion. Draußen in seiner kosmischen Realität, Lichtjahre von der Erde im Weltraum entfernt, da müsste es vor lauter Sternen eigentlich hell sein, wie das Olberssche Paradoxon besagt. Doch bekanntlich ist es dort stockdunkel, noch schwärzer als schwarz. Dies spricht für die Einbildungskraft des Lichtes als höheres Gesetz seiner Natur, für sein Schwingungsvermögen als Begegnungskraft. Wo es auftrifft, erzeugt es sichtbare Form und veraÅNndert energetische Gegebenheit, es kann durchleuchten, umhüllen, schattieren, konturieren, temperieren ...
Zu William Turners ›Schneesturm im Meer‹
Als William Turner 1803 sein Seestück ›Pier in Calais‹ ausstellte, erntete er reichlich Lob, vor allem wegen der realistischen und detaillierten Ausführung. Und dennoch musste sich Turner auch Kritik gefallen lassen – Kritik, die nicht völlig von der Hand zu weisen ist: Es wurde behauptet, das Wasser sei wie aus Stein und gleiche den Adern einer Marmorplatte. Hatte Turner also doch nicht exakt genug beobachtet? Oder macht sich hier ein anderes, ein grundsätzliches Problem bemerkbar? Besteht nicht stets ein Widerspruch zwischen einem zeitlich verlaufenden Geschehen und dem faktischen Stillstand des Bildes? Ist eine gemalte Welle nicht immer statisch? Kann eine bildliche Darstellung überhaupt etwas anderes vermitteln als einen angehaltenen, quasi zu Stein erstarrten Augenblick?
Christos und Jeanne-Claudes ›The Floating Piers‹ – Eine Spurensuche
Christo hat einen langen Atem. Mit unerschütterlicher Beharrlichkeit und Begeisterungsfähigkeit läßt er schon lang gehegte Vorhaben schließlich Wirklichkeit werden. ›The Floating Piers‹ ist das erste Großprojekt, das er seit der tödlichen Hirnblutung seiner Frau Jeanne-Claude im Jahre 2009 durchgeführt hat. Eine vergleichbare Idee wollten beide schon vor 49 Jahren in Buenos Aires verwirklichen, doch daraus wurde nichts. Auch ein Anlauf vor zwanzig Jahren in der Bucht vor Tokio scheiterte am behördlichen Widerstand. Erst jetzt, am zwischen Brescia und Bergamo gelegenen
Zur Anwesenheit des Unsichtbaren
Als Kind habe ich mich gerne hoch oben in der Krone einer Pappel versteckt, die im verwilderten Garten einer Kriegsruine stand. Die Bäume waren vom Schlingknöterich überwuchert. Der bildete blickdichte Dächer und ließ die Bäume wie große grüne Fabeltiere aussehen. Der Garten grenzte an den Rheindamm, auf dem ein vor allem an den Wochenenden stark frequentierter Spazierweg vorbeiführte. Ich saß also oben in der Krone versteckt, beobachtete die vorbeischlendernden Spaziergänger und belauschte die Gespräche derjenigen, die sich auf einer in direkter Nähe meines Verstecks befindlichen Bank niederließen. Interessant war dabei weniger, was ich zu sehen und zu hören bekam, sondern vielmehr das Gefühl des Verborgenseins: Ich war unsichtbar da, und dies vermittelte, einmal ganz abgesehen von der wunderbaren Vogelperspektive, ein Gefühl der Souveränität und Unangreifbarkeit.
Gottfried Wilhelm Leibniz verteidigt den individuellen Geist
Nach Thomas von Aquin beschäftigte sich auch Gottfried Wilhelm Leibniz mit der Frage, ob dem einzelnen Menschen ein individueller Geist zukomme, oder ob er nur an einem allgemeinen Geist teilhabe. Der folgende Artikel verfolgt die Argumente, die Leibniz, zum Teil in Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Denkweisen, die dem Menschen den individuellen Geist absprachen, aufbrachte. Und macht deutlich, wie diese Fragestellung auch mit der Denkbarkeit von Reinkarnation zusammenhängt.
Einige persönliche Anmerkungen zur Frage der Erkenntnis der höheren Welten
Im folgenden Beitrag wird ein individueller innerer Weg biografisch beschrieben und ins Verhältnis zu einigen der von Rudolf Steiner in ›Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?‹ gegebenen Darstellungen gesetzt. Aus der Perspektive von Eurythmie und Bildekräfteforschung lassen sich bei einer Übung wie »Sprießen und Welken« viele neue Bezüge entdecken, daran anschließend kann ihre Urgebärde, das »Werden und Vergehen«, in weitreichenden Zusammenhängen aufgefunden werden.
Zur Skalierbarkeit von Imagination, Inspiration und Intuition
Die höheren Erkenntnisstufen sind nicht nur für Eingeweihte erreichbar. Die damit verbundenen Erfahrungen können unter bestimmten Bedingungen schon im alltäglichen Leben eintreten, nur werden sie dort oft nicht bemerkt, weil sie sehr unscheinbarer Natur sind. Man muss gewissermaßen seine Denkaktivität auf die richtige Größenordnung einstellen, um sie zu bemerken. Anders gesagt: Die Begriffe Imagination, Inspiration und Intuition lassen sich skalieren.
Über das Verhältnis von Wissen, Wahrnehmung und Handlung vom Gesichtspunkt der Waldorfpädagogik
In der Rezeption der Waldorfpädagogik spielen deren charakteristische Methoden, die Verwendung spezifischer Materialien und wohl auch die Haltung der Pädagogen eine überragende Rolle. Dies gilt nicht minder für die − von Rudolf Steiner als Vertiefung der Pädagogik verstandene – Heilpädagogik. Die anthropologischen Grundlagen bleiben in der Rezeption demgegenüber zurück. Dennoch konstatieren waldorfpädagogisch orientierte Forscher und Praktiker seit langem, dass nicht nur zahlreiche Praxiselemente der WaldorfpaÅNdagogik ins allgemeine Schulsystem übernommen werden, sondern sich auch genuine und grundlegende Gedanken der anthroposophischen ›Menschenkunde‹ in zeitgenössischen Konzepten wiederfinden, welche zudem durch empirische Ergebnisse bestärkt werden.
Ruth Renée Reif im Gespräch mit dem Philosophen Slavoj Žižek
Slavoj Žižek ist einer der anregendsten Denker der Gegenwart. Seine Philosophie entspringt der Auseinandersetzung mit den sozialen und kulturellen Phänomenen der Gegenwart. Der Philosophenkollege Dominik Finkelde vergleicht sie mit jenem anamorphotischen Blick auf die Wirklichkeit, der die Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts kennzeichnet, wenn perspektivisch verzogene Bildinhalte erst unter einem bestimmten Blickwinkel erkennbar werden. So wird Žižek von dem Willen getrieben, alles aus einer durch das Vokabular Hegels und Lacans getönten Perspektive noch einmal zu interpretieren. In seinem Buch ›Weniger als nichts. Hegel und der Schatten des dialektischen Materialismus‹, dessen Taschenbuchausgabe im August 2016 bei Suhrkamp erschienen ist, entwirft er aus der Perspektive immer neuer Lektüren von Hegel, Marx und Lacan seine politische Philosophie.
Lebendige, bewegliche Begriffe sind für ein Beschreiten des anthroposophischen Erkenntnisweges sowie die Umsetzung der auf ihm gewonnenen Einsichten in den verschiedenen Lebensfeldern unerlässlich. Der Schwerpunkt des vorliegenden Heftes enthält einige aus der Praxis gewonnene Beispiele für die Bildung einer derartigen Begrifflichkeit.
Zu ›Sonnenmysterien – oder Computer?‹ von Johannes Greiner in die Drei 7/2016
Beginnen wir vom Ende her. Man stelle sich das einmal vor: eine Welt ohne Fotografie und ohne Film, ohne CD- und mp3-Player, ohne iPod, und Smartphone, ohne iPad und Tablet, ohne PC und Laptop, ohne Radio und Fernsehen, ohne eBook-Reader. Das soll kennzeichnend für »Michaeliten« sein, für Menschen, die den Sonnenmysterien am nächsten kommen, die »für die gesamte Menschheit wichtig sind«, die einer menschheitlichen Mission dienen. So beschreibt es Johannes Greiner in seinem Artikel mit dem suggestiven Titel: ›Sonnenmysterien – oder Computer?‹.
Das ›Christian-Morgenstern-Literaturmuseum‹ in Werder (Havel)
Der hier als Titel vorangestellte Aphorismus gilt natürlich auch für den kühnen Entschluss, auf dem bekannten Galgenberg im Havelstädtchen Werder das erste – und immer noch einzige – Museum für Christian Morgenstern zu schaffen. Achim Risch, der rastlose Schöpfer dieser Einrichtung, hat mir am 31. März 2016, dem 102. Todestag des Dichters, symbolisch den Schlüssel überreicht – und nun liegt es an mir, diese »Kulturtat« meines Vorgängers behutsam, aber auch mutig weiter zu gestalten.
Wohin es führt, einen sonderlichen Satz von Joseph Beuys verstehen zu wollen
Am Anfang stand ein Erlebnis auf der ›documenta 5‹ in Kassel. All das, was ich dort von dem Mann mit Hut zu sehen und zu hören bekam, hat mich ziemlich beeindruckt. Fortan verfolgte ich mit loser Aufmerksamkeit, wie er sein Werk inszenierte und die Öffentlichkeit polarisierte. Jahre später stand ich erstmals vor seiner Installation ›Zeige deine Wunde‹. Wenn möglich, nutze ich Aufenthalte in München, um im Lehnbachhaus den ›Wundenraum‹ zu besuchen. Was immer ich danach von ihm sah, sprach in mir etwas an, das ich aber kaum benennen konnte. Es war ganz einfach da. Ende der achtziger Jahre, als ich mich der Anthroposophie über ihre sozialen Arbeitsfelder näherte, bemerkte wer, ob ich denn wüsste, dass Beuys vom »Steiner-Virus« befallen war, nur sei das bislang kaum bekannt. Nein, weder wusste ich das, noch fand ich es damals bedeutsam.
Bei den Schnecken ist es besonders deutlich, dass das Haus Teil ihres Leibes ist. Sie scheiden aus den seitlichen Falten der oberen Hautschichten in Eiweiß eingebundenen, zunächst gelösten Kalk aus, der dann aushärtet und die nächste Schicht ihres festen Schneckenhauses bildet. Dabei wächst das gedrehte Haus mit wachsender Körpergröße immer mit, indem sich vorne der nächstgrößere Ring anlegt. Ist eine Meeresschnecke gestorben, übernimmt gerne ein Einsiedlerkrebs das leere Gehäuse und schützt damit sein verletzliches Hinterteil. Doch wächst das Haus jetzt nicht mehr mit dem Leib mit. Der wachsende Einsiedlerkrebs muss sich bald ein größeres suchen und in dieses umziehen. Aus dem Leib ist ein Haus geworden.
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Eine Begegnung mit Karl Ballmer in Aarau
Nach 26 Jahren zeigt das Aargauer Kunsthaus in Aarau/Schweiz wieder eine große Ausstellung ihres ›Hauskünstlers‹ Karl Ballmer, der 1891 in Aarau geboren wurde und dessen Nachlass nach seinem Tod im Jahre 1958 im Aargauer Kunsthaus in Form einer Stiftung deponiert wurde. Die gegenwärtige Ausstellung ist in den weiten, im besten Sinne neutralen Räumen des 2003 von Herzog & de Meuron erweiterten Kunsthauses großzügig gehängt, sodass die Bilder in freier Weise miteinander in Beziehung treten können – ohne in ein chronologisches Konzept eingezwängt zu sein.
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Chancen und Hemmnisse
Unter dem propädeutischen Motto: »Vorstudium der Geisteswissenschaft« beschäftigt sich ein Kreis Berliner Forscherinnen und Forscher seit über zwei Jahrzehnten mit der Frage, wie das heutige, an der Gegenstandswelt geschulte naturwissenschaftliche Bewusstsein in der Auseinandersetzung mit der Anthroposophie eine Steigerung und Fortbildung erfahren könnte, ohne dass wissenschaftsferne Verhaltensweisen – wie das Suchen nach religiöser Befriedigung auf Kosten des kritischen Erkenntnisstrebens, das politische Taktieren auf der Suche nach Mehrheiten und »Erfolg« oder das operationale Schielen nach Honorierung seitens der Vertreter des akademisch-universitären Mainstreams – diesen Anspruch überlagern oder sogar gänzlich zunichte machen. Die kürzlich erschienene Studie ›Zurüstungen‹ von Lutz Liesegang erwuchs aus der intimen Arbeit dieses Kreises, an der auch der Rezensent in bestimmten Abständen mitgewirkt hat. Im Folgenden sei dieses Buch ausführlicher besprochen, da es meiner Ansicht nach eine Reihe bedeutsamer Fragen im Hinblick auf das Selbstverständnis und die Zukunft einer Hochschule für Geisteswissenschaft (d.h. Anthroposophie) aufwirft.
Eine Korrektur
Rudolf Steiner gibt im II. Teil seiner ›Philosophie der Freiheit‹ – auf der Grundlage der vor allem erkenntnistheoretischen Überlegungen des I. Teils, die zur Einsicht in den universellen Charakter des reinen Denkens1 und zum zentralen Begriff der Intuition führen – eine Beschreibung dessen, was ihm als menschen- und zeitgemäße Ethik vorschwebt. Er nennt sie den »Ethischen Individualismus«. Steiner hielt seine ›Philosophie der Freiheit‹ für so grundlegend und bedeutsam, nicht zuletzt als Fundament der Anthroposophie, dass er sein Leben lang an ihr festhielt. Deshalb ließ er 25 Jahre nach ihrem ersten Erscheinen auch eine zweite Auflage folgen und bereits 1921 noch eine dritte. Und deshalb hat Steiner in seinem Gesamtwerk auch mehr als 200-mal auf die ›Philosophie der Freiheit‹ verwiesen, was die Bedeutung, die er ihr beimaß, eindrücklich unterstreicht.
Bausteine zu einer anthroposophisch inspirierten Psychotherapie
Juni 2013 erschien in der anthroposophischen Zeitschrift ›Merkurstab‹ ein Artikel von mir zu Wegen für Psychotherapeuten, die eine meditativ orientierte Vertiefung ihrer therapeutischen Arbeit im Sinne des gegenwärtig wirkenden Christuswesens suchen wollen. Während ich in diesem Artikel umfassend und grundsätzlich auf Meditation als Therapieinstrument zu schauen versuchte, stelle ich hier eine Form meditativ orientierter Diagnostik vor. Sie ist von mir zwar ursprünglich für psychotherapeutische Klienten angewandt worden, kann aber, so denke ich, auch anderen Therapeuten hilfreich sein, die helfend und heilend mit der Beziehung der menschlichen Seele zwischen Körper und Geist umgehen.
Die vier Stufen der christlich-mystischen Meditation
»Meditation« ist heute weltweit zu einem Schlagwort geworden, unter dem sich die meisten Menschen etwas vorstellen, das im östlichen Buddhismus seinen Ursprung hat. Dass es aber ebenso in der westlichen Tradition, insbesondere im christlichen Mittelalter bereits sehr differenzierte Meditationsanweisungen und Methoden gegeben hat, ist nur wenigen Menschen bekannt. Der folgende Beitrag soll einen Einblick in eine sehr gut dokumentierte Meditationsweise geben, die in ihrem vierstufigen Aufbau eine deutliche Verwandtschaft zu den ›Stufen der höheren Erkenntnis‹ Rudolf Steiners zeigt.
Eine kurze Begegnung mit Rudolf Steiner
Je länger man lebt, desto mehr denkt man über seine Vergangenheit nach; immer mehr hat man das Bedürfnis, seine Erinnerungen, seine Erfahrungen mit anderen zu teilen. Eric Kandel, Neurowissenschaftler und Nobelpreisträger für Medizin, schreibt: »Die Persönlichkeit ist die Erinnerung. Wir sind, was wir sind, auf Grund unserer Erinnerungen«. Und Erinnerungen müssen – das sollte man nicht vergessen – an kommende Generationen weitergegeben werden. Dies ist wichtig für die Kultur und Entwicklung der ganzen Menschheit, der einzelnen Nationen und des einzelnen Menschen.
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Gedanken zu Willy Wimmers Buch ›Die Akte Moskau‹
Als sich im Jahre 1989 die Möglichkeit ergab, die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten zu erreichen, war für viele deutsche Politiker damit auch die moralische Aufgabe verbunden, ein neues, friedvolles Verhältnis zu den Staaten des ehemaligen Ostblocks einschließlich der Sowjetunion herzustellen. Die Gestaltung des »gemeinsamen Hauses Europa«, von dem Michail Gorbatschow damals sprach, wurde ihnen zum Herzensanliegen. Dabei war man sich bewusst, dass die Sowjetunion auf keinen Fall als Verlierer des Kalten Krieges behandelt werden durfte, sondern dass die Neuordnung der europäischen Verhältnisse für dieses Land, das im Zweiten Weltkrieg so viel Leid durch Deutschland erfahren hatte, ohne Gesichtsverlust möglich sein müsse. Insbesondere wollte man es wirtschaftlich stabilisieren, da dies als eine zentrale Grundlage für ein friedvolles Zusammenwirken betrachtet wurde. Es kam aber ganz anders als erhofft. Russland gilt heute in der öffentlichen Meinung als Unruhestifter, der völkerrechtswidrig die Krim annektiert hat, im Donbass verdeckte Kriegsführung gegen die Ukraine betreibt und jederzeit auch das Baltikum zurückerobern könnte. Und sein Präsident Wladimir Putin gilt als ein Machtpolitiker, der den Untergang der Sowjetunion bedauert und Russland seine alte Weltmachtstellung zurückgeben möchte.
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