»Es sollte gar nicht möglich sein zu sagen: Ich habe angestrebt das Wissen vom Heilen, aber nicht den Willen zum Heilen. – Denn ein Wissen, das also real ist, kann sich gar nicht vom Willen trennen, das ist ganz unmöglich«. So Rudolf Steiner 1924 im Osterkurs für Jungmediziner.Wie viele andere entscheidenden Motive der ›Jungmedizinerkurse‹ – von denen dieses Jahr sich der hundertjährige Geburtstag ereignet – darf auch dieser entschlossene Hinweis auf die lebendige Einheit von Wissen/Erkenntnis und Wollen, das mit der begegnenden Situation bzw. Individualität stimmig zusammenklingt, nicht als etwas wahrgenommen werden, das speziell, um nicht zu sagen mehr oder weniger exklusiv die Ärzte beträfe. Dieser Wahrnehmung würde in der Tat nicht nur der allgemeine Ton der zitierten Formulierung, sondern auch der Kontext widersprechen, in den sie eingefügt ist. Sie schließt nämlich eine allgemeine Betrachtung ab, in der Rudolf Steiner einerseits eine stimmige Menschenerkenntnis als unentbehrliche Grundlage für alle Gebiete der Erkenntnis/Wissenschaft und Handlung bezeichnet, damit in die Wirklichkeit der Welt eingegriffen und somit eine fruchtbare Einheit von Erkenntnis und Willen erzeugt werden kann; andererseits diese lebendige Einheit mit dem Mysterienwissen verbindet: »Es soll das Gefühl, das man gegenüber der Erkenntnis hat, überall, auf allen Gebieten des Lebens, zur Realität hin drängen, nicht zu formalem Auffassen. So war es ja, als das Wissen überall ein Mysterienwissen war. Da mußte man denjenigen, die bloß erkennen wollten, das Wissen vorenthalten, und gab es nur denen, die den Willen hatten dieses Wissen in Realität überzuführen.«