»Scharfsinnig im Urteil und unabhängig in der Analyse«, schrieb der spanische Schriftsteller Jorge Semprún über Daniela Dahn. Er hob ihre dialektisch angelegten Texte hervor und bezeichnete sie als Vertreterin der deutschen Tradition der »demokratischen Vernunft« und als ausgewiesene Gesinnungs- und Verantwortungsethikerin. Seit der Wiedervereinigung findet die streitbare Intellektuelle aus dem Osten zunehmend auch im Westen Gehör. Ihre kritischen Anmerkungen zur Wirtschaftspolitik sowie zur Entdemokratisierung lösen immer wieder heftige Kontroversen aus. In ihrem jüngsten Buch Wir sind der Staat! Warum Volk sein nicht genügt (Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2013) fordert sie ihre Leser dazu auf, die Verfassung mit Leben zu erfüllen und den Staat, der immer mehr zu einem Instrument der Wirtschaft zu werden droht, in Besitz zu nehmen. Sie plädiert für einen Staat, dessen Bürger an der politischen Willensbildung teilnehmen. Und sie setzt sich mit der Frage auseinander, wie eine Demokratie zu organisieren wäre, »an der teilzunehmen tatsächlich auch für die vielbeschworene Basis interessant ist – für die klassischen Arbeiter, die kleinen Angestellten und Ladenbesitzer, die Dienstleistenden, Migranten und Arbeitslosen«.