Zur Erinnerung an Paul Klein (1871–1957)
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Christengemeinschaft sollte auch an Paul Klein erinnert werden, der als einflussreicher evangelischer Stadtpfarrer in Mannheim und persönlicher Schüler Rudolf Steiners der jungen Gemeinschaft die Wege ebnete. Zugleich sei einiges aus seinem Wirken für die anthroposophische Gesamtbewegung mitgeteilt, wobei hier nur einzelne Aspekte und Ereignisse aus seinem Leben berührt werden können.
Aus dem Umkreis der Christengemeinschafts-Gründung
Die dicht gedrängte Folge von Hundertjahrfeiern einiger bedeutender Gründungen, welche durch die Anthroposophie Rudolf Steiners ermöglicht worden sind, schärft den Blick für allfällige Gefahren, denen man als Beteiligter ausgesetzt ist.
Anthroposophische Bewegung und Bewegung für religiöse Erneuerung als die Pole des freien Geisteslebens
Die Gründung der Christengemeinschaft bezeichnete Rudolf Steiner als »wichtigstes Ereignis der anthroposophischen Geschichte«. Allerdings wusste er, dass dadurch die Gegner der anthroposophischen Bewegung noch weiter herausgefordert werden würden. Der vorliegende Artikel untersucht, wie die beiden großen Gegenimpulse der Verstandes- oder Gemütsseelenepoche mit den unterschiedlichen Aufgaben der Bewegung für religiöse Erneuerung und der anthroposophischen Bewegung in der Gegenwart zusammenhängen. Der Goetheanumbrand erscheint wie ein Bild dafür, dass diese Aufgabe noch nicht gelöst werden konnte.
Die Impulse zur Gründung der Christengemeinschaft
Der Beginn der Impulse, die zur Gründung der Christengemeinschaft führten, bestand in einer Frage. Eine richtig gestellte Frage trägt die Kraft ihrer Beantwortung in sich. Auf das Stellen solcher Fragen kommt es an, wenn sich etwas ändern soll in der Welt. In der Zeit vor rund 100 Jahren, als Rudolf Steiner jene Kurse und Vorträge über verschiedene Lebensgebiete hielt, die durch die Anthroposophie eine Erneuerung und Befruchtung erfuhren, wurden zahlreiche solcher Fragen gestellt.
Ein Beitrag zur Bewusstseinsbildung im Wirtschaftsleben
In der sechsten Seminarbesprechung zum ›National.konomischen Kurs‹ am 5. August 1922 sagte Rudolf Steiner: »Was wird denn das Geld dadurch, daß sich das realisiert, was ich sage? Dadurch wird das Geld nichts anderes als die durch das ganze Wirtschaftsgebiet durchlaufende Buchführung. Sie könnten nämlich, wenn Sie eine Riesenbuchhaltung einführen wollten, die nicht notwendig ist, dieses ganze Hin- und Hergehen des Geldes ganz gut an einer entsprechenden Stelle verbuchen. Dann würden immer die Posten an den entsprechenden Stellen stehen. Was in Wirklichkeit geschieht, ist nämlich nichts anderes, als daß Sie den Posten aus der betreffenden Stelle herausreißen und dem Betreffenden den Schein geben, so daß die Buchhaltung wandert. Das Geld ist in fluktuierendem Sinn eine Buchhaltung.«
Künstliche Intelligenz simuliert menschliche Fähigkeiten immer besser
Die Dinge entwickeln sich mit bedächtiger Schnelle. Zuerst sind sie bloß Science-Fiction: Schriftsteller lassen ihrer Fantasie freien Lauf. Einige Jahre später treten Wissenschaftler auf, die diese Fantasien technisch realisieren wollen, und wieder einige Jahre später scheinen die geschaffenen Geräte das zu können, von dem die Schriftsteller fantasierten. – Als Mitte der 1940er-Jahre die Computer erfunden wurden, sprach man sehr bald von ihnen als den künstlichen Gehirnen. Das Magazin ›Der Spiegel‹ schrieb z.B. 1950 unter dem Titel ›Maschinengehirn. Beängstigend menschlich‹ über die aus heutiger Sicht sehr primitiven Computer. In dem Bericht tauchen Worte auf, wie »Denkmonster«, »Supergehirn«, »Rechenwunder«, »übermenschliche Gehirnarbeit«. Und dann auch Sätze wie: »Tatsächlich aber mußten die Wissenschaftler feststellen, daß im Verhalten der Maschinengehirne beängstigend menschliche Züge hervortreten.« Der Bericht endet mit dem Satz: »Es könnte die Zeit kommen, da diese Supergehirne herrschen. Vielleicht, ohne daß die Menschen es merken.«
Ein Foto steht symbolisch für die türkische Kurdenpolitik
»Wurde je ein Sohn von Ihnen getötet? Lag sein Leichnam tagelang auf der Straße und wurde von hungrigen Hunden zerfetzt? Haben Sie, nachdem Sie die Hoffnung aufgegeben hatten, ihn lebendig wiederzusehen, jahrelang verzweifelt vor den Türen des Staat genannten erbarmungslosen Riesen ausgeharrt, damit er wenigstens ein Grab bekommt? Wurden Ihnen dann mit den Worten: ›Nimm und geh, alles Gute‹, eine Tüte mit Knochen ausgehändigt - die Gebeine Ihres Sohnes? Nein, nichts davon haben Sie erlebt, es hat Sie nicht einmal interessiert. Und falls Sie es doch als verstörende Nachricht gehört haben sollten, haben Sie mit den Schultern gezuckt und gesagt: ›Das sind ja Terroristen, Kurden eben.‹« – Oya Baydar, die Grande Dame der türkischen Literatur, zeigt sich in ihrem Kommentar zu dem Foto, das am 29. August 2022 durch diealternativen und sozialen Medien der Türkei ging, erschüttert, entsetzt aber auch voller Scham ob der eigenen Hilflosigkeit.
Vor nunmehr 100 Jahren wurde die Christengemeinschaft als Bewegung für religiöse Erneuerung ins Leben gerufen. Das vorliegende Heft wendet sich den Impulsen und geistigen Hintergründen zu, die dabei eine Rolle spielten, und fasst einige Menschen ins Auge, die als Geburtshelfer dieser Bewegung gelten können, aber dann aus dem Blickfeld gerieten.
Großer Gewinn und notwendiges Muss
Künstlerisch durchdrungen
Begeisternd und gedanklich klar
Wie das Wort geschrieben wird, hat nie jemand gefragt. Es war zum Reden da. Ich kann mich nicht erinnern, es je geschrieben gesehen zu haben. Fuchs oder fux war ein Ausdruck für – ja, wofür genau? Es lässt sich nur mit einer ganzen Reihe von Worten andeuten, die alle nicht treffen, was gemeint war. Fux war »patent« und »passend«, es war »klasse«, »nicht zu toppen« und zugleich »originell« und »einzigartig «. Und natürlich konnte es nur für etwas gebraucht werden, das wie es selber war.
800 Jahre Universität Padua
In diesem Jahr wird die Universität Padua 800 Jahre alt. Auch Goethe hat sie besucht und davon berichtet. In seinem ›Faust‹ heißt es vom verstorbenen Mann Marthe Schwerdtleins: »Er liegt in Padua begraben …«. Das war für mich der erste Bezug, seltsam in seiner Fremdheit und daher seit der Schulzeit nicht vergessen. Als vorbereitende Lektüre für einen Besuch der Universität Padua war nur antiquarisch ein deutschsprachiges Buch zu finden. Hier lese ich, wie im Jahr 1222 unzufriedene Studenten und Professoren aus Bologna Asyl in Padua suchten, das bekannt war für den Freisinn seiner Bürger, und dort am Michaelitag, dem 29. September 1222 eine neue Universität gründeten – die dritte in Italien. Schon vorher gab es hier Kirchen- und Rechtsschulen, aber auch Schulen zum Studium der Freien Künste. Paduas neue Universität entwickelte sich trotz mancher Hindernisse schnell, zunächst unter studentischer Selbstverwaltung, und wurde von den Bürgern, den Bischöfen und den Fürsten von Carrara protegiert.
Nachklänge einer Stuttgarter Tagung
Die am 20. und 21. Mai 2022 am Eurythmeum in Stuttgart abgehaltene Tagung ›Das wirklich Tragende im Menschen muss erst wieder aufgerichtet werden‹ ereignete sich in einer Art, die sich mit sonst üblichen Formaten kaum vergleichen lässt. Ein Grund mag sein, dass sich hier die Vortragsredner (drei Mediziner) wie auch die Künstler mit ihrem Eurythmieprogramm ganz und gar auf eine Individualität ausgerichtet hatten: Johannes Matthiessen (1946–2015), dessen Erden- und Leidensweg nach heftigem, intensivem Ringen mit einem bösartigen Krebs vor sieben Jahren zu Ende ging. Indem einige Mitwirkende ihn persönlich gekannt hatten, war eine große Nähe zu dem Landart-Künstler spürbar – und zugleich atmete man als Teilnehmer von Anfang an »Schwellenluft«.
Zum Beuys-Symposion vom 12. bis 15. Mai 2022 am Goetheanum
Walter Smerling: »Du bist eigentlich ein Anthroposoph, nicht?« – Joseph Beuys: »Ja, wahrscheinlich bin ich einer. Aber ich mag die Gesellschaft nicht immer so. Ich werde auch sehr oft angefeindet durch diese Gesellschaft. Man ist ja nicht deswegen Anthroposoph, weil man in dieser Gesellschaft ist; aber wenn man konsequent, wenn man konsequent, sagen wir mal: logisch denkt, muß man ja eigentlich Anthroposoph sein. Jeder Mensch ist also eigentlich Anthroposoph. Jetzt mal als neues Gesetz aufstellen: Nicht jeder Mensch ist ein Künstler; jeder Mensch ist Anthroposoph.«
Als ich vor einigen Jahren in Dornach eine neue Bleibe suchte, hatte ich beim ersten Blick auf eine bestimmte Wohnung den Eindruck: »Hier wirst du alt werden.« Ich war allerdings sehr erstaunt, dass ich nicht den Zuschlag erhielt und jemand anderes einzog. Die genauere Untersuchung ergab, dass in dieser Wohnung der Vormieter, ein alter Herr, gestorben war. Mein Eindruck von Altwerden war wohl zutreffend, aber die wunschgetriebene Zuordnung, dass ich dort alt werden würde, war falsch.
Die Vollendung von Goethes Metamorphosenlehre durch Rudolf Steiner
Anthroposophie ist eine Wissenschaft des Geistigen. Sie liefert eine Fülle neuer Begriffe und Ideen, die vollkommen transparent miteinander zusammenhängen. Auch stellte Rudolf Steiner seine Forschungsmethode immer wieder dar. Und schließlich ist die Anthroposophie empirisch. Sie macht ihre Beobachtungen jedoch nicht in der sinnlichen Welt, sondern im Seelischen und Geistigen. Allerdings unterscheidet sie sich von den gängigen Wissenschaften durch ihre Forderung, das Erkennen und damit sich selbst als Mensch weiterzuentwickeln. Durch meditative Selbstschulung können drei höhere Erkenntnisstufen, die man als »Imagination«, »Inspiration« und »Intuition« bezeichnet, ausgebildet werden. Einen Ansatz zur imaginativen Erkenntnis fand Steiner bereits bei Goethe, die inspirative und intuitive entwickelte er selbst. Am Beispiel der Erkenntnis von Pflanzen, Tieren und Menschen soll diese stufenweise Erkenntnisvertiefung hier nachgezeichnet werden.
Die Soziale Dreigliederung als Mysterienweg – Teil II
Der erste Teil bestätigte die Aussage Rudolf Steiners beim ›West-Ost-Kongress‹ in Wien, dass eine auf Allmacht des Geisteslebens begründete Gesellschaft auch in der Gegenwart auf die Herausbildung von Klassen oder Schichten hinauslaufen muss. Der zweite Teil untersucht die Wege, wie diese Niedergangskräfte in Aufgangskräfte verwandelt werden könnten. Diese Niedergangskräfte haben ihren Ursprung im alten Mysterienwesen, das in der Gegenwart in unzeitgemäßer Weise weiterwirkt. Eine Verwandlung kann eintreten, wenn das, was im mitteleuropäischen Geistesleben der Goethezeit veranlagt wurde, wieder aufgegriffen wird und sich mit dem verbindet, was in den anglo-amerikanischen Volksgewohnheiten als Zukunftskeim liegt. Für diese zukünftige Wirtschaftskultur hat Rudolf Steiner im ›Nationalökonomischen Kurs‹ eine gedankliche Grundlage gelegt.
Die Soziale Dreigliederung als Mysterienweg – Teil I
Vor genau 100 Jahren beschrieb Rudolf Steiner auf dem ›West-Ost-Kongress‹ in Wien, wie das soziale Denken der Vergangenheit eine Allmacht des Geisteslebens begründete. Das moderne Geistesleben darf diesen Allmachtsanspruch nicht aufrechterhalten. Andernfalls entstehen neue Formen der alten Ständegesellschaft. Der erste Teil des Artikels zeigt, wie sich im Osten und im Westen polare ständische Strukturen entwickelt haben, die heute unvermittelt aufeinandertreffen. Es ist das der Ausdruck eines alt gewordenen Geiseslebens, welches mit Notwendigkeit Niedergangskräfte hervorbringen muss. Ein den Bedürfnissen der Gegenwart angepasster sozialer Organismus gliedert sich in drei relativ selbstständige Glieder. Das bedeutet, dass das Geistesleben seine Impulse nicht mit Macht innerhalb des Rechts- und Wirtschaftslebens durchsetzt.
Wo westliches und östliches Licht einander begegnen
Einmal erzählte mir ein Bekannter, der in Triest arbeitet, jedoch von Turin, seiner Heimatstadt, pendelt, er würde bei jeder Rückkehr den Eindruck empfinden, in Turin wäre der Himmel im Vergleich mit Triest dunkel, und alles gleichsam im Abendlicht umhüllt, gleichgültig wie hoch und klar die Sonne strahlen würde. Dies charakterisierte er überhaupt nicht im Sinne einer negativen Bewertung, sondern einfach als unbefangen beobachtetes Phänomen – Turins klares voralpines Licht ist übrigens zutiefst berührend, schön und aufrichtend.
Die »Russische Welt« und das geistige Russland
Unter dem Titel ›Darf es eine freie Ukraine geben?‹ versuchte der Verfasser im März/April-Heft dieser Zeitschrift – noch ganz unter dem Schock des russischen Überfalls auf die Ukraine stehend – dem Grund des Handelns von Präsident Wladimir Putin nachzuspüren. Ausgangspunkt war die Analyse seiner Kriegserklärung, der langen »historiosophischen« Ansprache vom 21. Februar 2022. Umrisshaft trat als Ergebnis das Bild eines – bei aller mörderischen Aktualität – atavistischen, autokratischen, russisch-ostslawischen Staates in Erscheinung, der sich die Rettung, Verteidigung und Ausbreitung der »russkij mir«, der »Russischen Welt« – auf die Fahnen geschrieben hatte.Wenn wir von »Putins Krieg« oder »Russlands Krieg« sprechen, dann sind das Abstraktionen, hinter denen als Konkretum der Begriff (oder das »Wesen«) dieser »Russischen Welt« steht. Was aber ist die »russkij mir«? (Wobei »mir« ja im Russischen doppeldeutig ist und sowohl »Welt« als auch »Frieden« bedeuten kann.
Eine Verzweiflung mit Ausblick
Dass wir uns Frieden wünschen, ein gedeihliches Miteinander für alle Menschen und natürlich ganz besonders für das Lebensumfeld, in dem wir uns befinden: Wer würde dem nicht zustimmen? Vor nicht allzu langer Zeit war dies für den mitteleuropäischen Durchschnittsmenschen kein Wunsch, sondern eine glückliche, alltägliche Realität – jedenfalls in Bezug auf unmittelbare kriegerische Auseinandersetzungen. Denn die waren doch eher weiter weg, wenn auch die Bilder in den Medien sie uns oft erschreckend nahebrachten. Krieg – eine der vielen Menschheitsplagen, die als Hungersnöte, Naturkatastrophen und Gewalttaten aller Arten die Welt überfluten und mit Flüchtlingsstr.men, seuchenartigen Krankheiten und dem Klimawandel zuletzt auch bei uns, im seit Jahrzehnten saturierten Westen, so richtig angekommen waren. Es klingt wie eine Beschreibung aus dem Mittelalter, ist aber Lebensrealität im 21. Jahrhundert. Und jetzt auch noch Krieg. In der Ukraine. In Europa. Hier.
Zu Ulrike Guérot: ›Wer schweigt, stimmt zu‹
»In diesen ersten Märztagen 2020, als man in Österreich eine Stunde legal joggen durfte, fand ich mich einmal am Donaukanal in Wien, weit und breit allein auf weiter Flur, auf einer Parkbank, den Kopf wie Diogenes gen Frühlingssonne gerichtet, als vier bewaffnete Polizisten mich baten, den öffentlichen Raum zu räumen. Der Vorgang war so bizarr, dass ich ab da der Überzeugung war, dass ein Großteil der der Gesellschaft kollektiv in eine Übersprungshandlung getreten ist. Viele trugen etwa noch im eigenen Auto Masken. Alle drängten voller Panik in einen Zug, der immer schneller an Fahrt aufnahm. Es war der Zug der Corona-Maßnahmen. Wer, wie ich, nicht in diesen Zug eingestiegen ist, hat das Zeitgeschehen von einer anderen Warte aus beobachtet und ist heute von der Gesellschaft entfremdet.« (S. 9f.) Von einer solchen anderen Warte aus hat Ulrike Guérot dieses Buch über die Corona-Zeit geschrieben, das ihr eigener österreichischer Verlag sich weigerte zu drucken, und das jetzt im Frankfurter Westend-Verlag erschienen ist.
Ein Faktencheck zum ›Digital Service Act‹
Im Juni 2022 stimmte der EU-Binnenmarktausschuss der ›Verordnung über digitale Dienste‹ zu, die weitreichende Folgen für die Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung hat. Unverblümt sprechen die EU-Funktionäre nun auch das zugrunde liegende Weltbild aus: Unwahrheiten verhalten sich wie Viren, weshalb eine gute Regierung die Wahrheit ebenso pflegen muss wie die Volksgesundheit. Und zwar mit denselben Methoden: Verhinderung des Erstkontakts mit Unwahrheiten, Isolierung der infizierten Träger und perspektivisch Impfungen gegen falsche Meinungen. Der folgende Essay erläutert das neue Gesetz und seine Hintergründe.
Gut versteckt im Nachtprogramm zeigte das ZDF am 27. Juni 2022 ein bemerkenswertes Interview mit der südafrikanischen Außenministerin Naledi Pandor. Wahrscheinlich war selbst dies allein der Tatsache zu verdanken, dass sie eine alte schwarze Frau ist und kein alter wei©¨er Mann. Geradezu verzweifelt versuchte Wulf Schmiese, der Redaktionsleiter des ›heute journal‹, ihr die westliche Russlandpolitik und das entsprechende Wording nahezubringen. Doch Pandor weigerte sich konsequent, »die Sprache anderer zu sprechen, um uns für eine Seite zu entscheiden«, und forderte Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Schließlich habe man sich auch in Südafrika am Ende des alten Apartheid-Regimes mit seinen Feinden an einen Tisch gesetzt, um eine Lösung zu finden. – Wie lange ist es her, dass deutsche Politiker und Diplomaten ein solches Ethos des Ausgleichs und der Verständigung verkörperten! Heute ist es einem engstirnigen Moralismus gewichen, der mit einer eklatanten Unfähigkeit einhergeht, eine andere Sicht der Dinge zu verstehen, geschweige denn für berechtigt zu halten.