Gegenwart als Drama der Wahrnehmung
Das vergangene Semester hat sich für meine Tätigkeit als universitärer Dozent in vielen Hinsichten auf gewohnten Bahnen abgespielt. Meine Universität – wie nicht wenige andere in Italien – hatte nämlich im Sommer uns Dozenten ermuntert, im Rahmen der hygienisch begründeten Einschränkungen (und freiwillig) Unterricht in Präsenz zu halten, damit mindestens die neu Immatrikulierten am Anfang ihrer Laufbahn eine menschlich echte Begegnung mit uns erleben könnten. So hatte ich die erfreuliche Möglichkeit, meinen ganzen Unterricht in Präsenzform zu halten, mit der Option der Streaming-Teilnahme für diejenigen, die zum Unterricht nicht kommen konnten oder wollten.
Rosemarie Bünsows Dichtung ›Mein Schwellengang‹
Im Hinblick auf das Jubiläumsjahr 2023, in dem Rudolf Steiner vor 100 Jahren den Grundstein in die Herzen der auf der Weihnachtstagung Anwesenden gelegt hat, wird hier von einem Menschen berichtet, der diesen Impuls in ganz besonderer Weise in sich aufgenommen hat: Rosemarie Bünsow. Nach einem Nah-Tod-Erlebnis bildete sie mit Hilfe dieses Impulses Fähigkeiten aus, die sie zu einem neuen Menschen machten. Da sie dieses Erlebnis in dichterische Worte fasste, die zeigen, dass es sich dabei um Kräfte für uns alle handelt, die wir den sich aufbäumenden, todbringenden Gegenmächten entgegensetzen können, möge dies ein Beitrag in der gegenwärtigen Zeitsituation sein.
In seiner ›Geheimwissenschaft im Umriss‹ weist Rudolf Steiner darauf hin, dass der Christus den Menschen nicht als Angehörigen seines Volkszusammenhanges ansprechen will, als der er sich bis zu Seinem Erscheinen empfand, sondern in seinem tiefsten Wesen als Individualität. »Noch das israelitische Volk fühlte sich als Volk, der Mensch als Glied dieses Volkes. Indem zunächst in dem bloßen Gedanken erfaßt wurde, daß in Christus Jesus der Idealmensch lebt, zu dem die Bedingungen der Sonderung nicht dringen, wurde das Christentum das Ideal der umfassenden Brüderlichkeit. Über alle Sonderinteressen und Sonderverwandtschaften hinweg trat das Gefühl auf, daß des Menschen innerstes Ich bei jedem den gleichen Ursprung hat.« Den Schritt über die einschränkenden Volkszusammenhänge hinaus, der mit dem Christus vollzogen wurde, ist in Seiner Nachfolge keiner so konsequent gegangen wie der Völkerapostel Paulus. Selbst die Kirche hat nicht begriffen, welch grundlegende Neuerung mit dem Erscheinen des Christus gegeben war und ist nicht den Schritt über die sondernden Gruppeninteressen hinaus zum Allgemeinmenschlichen gegangen. Nur auf diese Weise hätte sich ihr der individuelle Einzelmensch erschlossen, auf den es dem Christus ankam.
Der Mensch als dualgebautes Wesen
Die »Venus von Lespugue« ist eine aus Elfenbein geschnitzte Figur von knapp 15 cm Höhe, die in einer Höhle bei Rideaux (Département Haute-Garonne) am Fuße der Pyrenäen gefunden wurde. Sie wird auf ein Alter von etwa 25.000 Jahren geschätzt und gehört damit in die Kultur des Gravettien (Jungpaläolithikum). Sie gehört in einen Formenkreis von Figuren, die wie die »Venus von Willendorf« als Darstellungen einer Muttergottheit, als Symbol der Fruchtbarkeit usw. gedeutet werden. Ich bin der Auffassung, dass diese – vordergründig weiblichen – Figuren nicht physisch zu interpretieren sind, obwohl sie naturalistische Details enthalten, etwa die geflochtene Kopfbedeckung und Frisur der Venus von Willendorf (Alter 30.000 Jahre) oder bei unserem Beispiel eine als Fransenrock gedeutete Applikation auf der Rückseite. Denn dies würde einerseits bedeuten, dass man in der Steinzeit eine in ihrer Übertriebenheit als pathologisch adipös zu bezeichnende Gestalt als Urbild der Gottheit verehrt hätte, und dass man andererseits die menschliche Anatomie nur sehr dilettantisch darstellen konnte, was mangerade dieser Figur aus dem Gravettien vorwerfen müsste: die Proportionen und Maße stimmen nicht. Nach meiner Überzeugung handelt es sich vielmehr um die Darstellung einer Kräftedynamik, und dies in einer menschenkundlich wahren Weise. Ich will im Folgenden versuchen, dies zu erläutern.
Das Bewusstsein als Lösung des Leib-Seele-Problems
Die Frage, wie der Körper und das Bewusstsein, der Leib und die Seele zusammenhängen, ist eine immer noch vollkommen ungelöste Frage, ein »weißer Fleck auf der Landkarte des wissenschaftlichen Weltbildes« (Thomas Metzinger). Eine Lösung des Problems deutet sich an, wenn man auf der Grundlage der Anthroposophie die materiellen Vorgänge des Leibes als geistige erkennt, als welche sie durch inneren, aktiven Nachvollzug aufgefasst werden können, und wenn umgekehrt die innerseelischen Vorgänge des Denkens, Fühlens und Wollens in innerer Erfahrung so angeschaut werden, dass sie aufs Engste mit leiblichen Prozessen zusammenhängen.
Zur Entwicklung der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft nach Rudolf Steiners Tod
Am 21. Januar 1931 schrieb die Leipziger Zweigleiterin Elise Wolfram, die sich seit vielen Jahren für medizinische Fragen interessierte, an Ita Wegman. Wolfram hatte Bücher über Paracelsus und über die Psychoanalyse geschrieben und sich für die Anthroposophische Medizin in Leipzig eingesetzt. Wegman wiederum hatte im Oktober 1930 eine Klassenstunde in Leipzig gehalten, die von den Mitgliedern des Goethe-Zweiges dankbar aufgenommen worden war. Nun fragte Wolfram, die von den anderen Leipziger Zweigen in der damals üblichen Vereinfachung als Anhängerin Wegmans angesehen wurde, ob diese nicht weitere Klassenstunden in Leipzig halten könne. Wegmans Antwort erfolgte recht bald. Am 12. Februar 1931 schrieb sie an Wolfram, dass sie im Augenblick keine Stunden halten wolle: »Ich werde es ganz sicher einrichten zu kommen, wenn einmal mehr Stabilität eingetreten ist in den jetzt herrschenden Verhältnissen, überall in Deutschland und auch hier. Ich glaube nicht, daß es gut ist, jetzt Klassenstunden zu halten.« 1931 waren also die Nichtanerkennung, Verdächtigung und gegenseitige Unterminierung der Anthroposophen untereinander bereits so weit fortgeschritten, dass ein tatkräftiges Mitglied des Dornacher Vorstandes bezweifelte, dass es in einer solchen Situation gut sei, Klassenstunden zu halten!
Gedanken zur aktuellen Menschheitskrise
Das heute global vorherrschende materialistische Denkmilieu hat der Bewirtung einer Weltanschauung Vorschub geleistet, innerhalb derer sich auch die Vorstellung von so etwas wie einem »Virus« in unser Denken, Fühlen und Wollen eingenistet hat. Sowohl diese Vorstellung als auch das aktuell damit in Zusammenhang gebrachte Krankheitsbild entspringen derselben unwahrhaftigen Fehlausrichtung unseres Denkens. Dieses Fehldenken ist die Grundlage für die Krise, in der sich die Menschheit aktuell befindet. Indem im vorliegenden Aufsatz das materialistische Denkmilieu infrage gestellt wird, soll er einen Boden dafür bereiten, auf dem wir stattdessen zu Wirten für Wahrheit und Gesundheit gedeihen können:• Er will den Weg eines spirituellen (nicht materialistischen) Verständnisses der gegenwärtigen Corona-Krise aufzeigen;• er hinterfragt die Denkweise, Viren als Krankheitserreger aufzufassen;• und er will einen Beitrag zur Entängstigung und Normalisierung leisten:a) indem aufgezeigt wird, was wir als Menschen tun können,um gesund zu bleiben;b) indem der Blick von der Angst vor dem Virus auf ein Vertrauen in das Leben und in eine göttlich-geistige Führung der Menschheit umgelenkt wird.
Zum Umgang der Menschheit mit dem Corona-Virus
Große Teile der Menschheit lassen sich gegenwärtig durch das Auftreten des neuartigen Corona-Virus in Angst und Schrecken versetzen. Zahlreiche Länder dieser Erde führen ihr soziales und wirtschaftliches Leben nur mehr in sehr eingeschränkter Form weiter. Veranstaltungen müssen abgesagt werden, Restaurants müssen schließen, Versammlungen sind verboten. Kurz: Wir können erleben, wie sich in eigentlich demokratischen Staaten mehr oder weniger stark autoritäre Tendenzen geltend machen. Und wir sehen mit Erstaunen, wie bereitwillig das von den Menschen akzeptiert wird.
Eine Zwischenbetrachtung zum Zeitgeschehen
Das Rechtsleben reduziert sich auf ein Machtleben, wenn es nicht in richtiger Weise Impulse aus dem geistigen Leben empfängt. Aufgabe der Waldorfpädagogik ist es, das Augenmerk auf die Entwicklung des mittleren Menschen zu lenken. Gelingt dies in der Schulzeit nicht, so sind die Menschen äußeren Bildern schutzlos ausgeliefert. In dieser Zwischenbetrachtung wird gezeigt, wie das Rechtsempfinden gegenwärtig in ein Angst-Empfinden umschlägt, das die Demokratie zerstört. Und anhand eines Beispiels aus dem freien Geistesleben wird angedeutet, auf welchem Wege Heilung möglich ist.
Die soziale Dreigliederung als Aufgabe der Waldorfpädagogik – Teil II
Der erste Teil dieser Serie ist der Frage nachgegangen, inwiefern die Erziehung im ersten Jahrsiebt die Entwicklung eines freien Geisteslebens im späteren Erwachsenenalter begünstigen oder behindern kann. Der zweite Teil verfolgt dieselbe Frage in Bezug auf das zweite Jahrsiebt und das Rechtsleben. Die Brücke zwischen dem Rechtsleben und der Erziehung im zweiten Jahrsiebt führt über ein Verständnis der Atmungs- und Kreislaufprozesse. Wenn es gelingt, der Entwicklung dieses mittleren Systems im Menschen mehr Aufmerksamkeit zu widmen, kann sich auch auf gesellschaftlicher Ebene, zwischen Geistesleben und politischem Staat, ein mittlerer Bereich ausbilden.
oder: Freiheit, Gleichheit – Brüderlichkeit!
Die Gender-Debatte wird mit zunehmender Erbitterung geführt. Wie ein Stellungskrieg, in dem sich zwei feindliche Parteien mit Argumenten beschießen. Das hat keinen Sinn! Was geschlechtergerechtes Handeln bedeutet, eine der wichtigsten Zeitfragen, spielt selbstverständlich im Milieu der Sprache eine Rolle: als Problem der Verständigung. Wie wir sprechen, so denken wir – miteinander. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Damit ist das Problem ausgesprochen, und beinahe automatisch tritt damit auch eine Positionierung ein. In Bezug auf letzteres scheint es nur zwei Optionen zu geben: entweder den Begriff der Brüderlichkeit in seiner wörtlichen Erscheinung zu verteidigen, oder das Wort als anachronistisch-patriarchale Erscheinung aufzufassen, die außerstande ist, den entsprechenden Begriff zu aktualisieren. Natürlich geht es hinter den Kulissen des Sprachlichen um den Auftritt der Begriffe oder Ideen. Auf dieser Ebene handelt es sich um die Frage, wie wir Sprache selbst verstehen, welche Idee von ihr dem Denken zugrunde liegt. Wieder zwei Positionen. Ist sie ein beliebiges Konstrukt, ein Transportmittel, Fahrzeug – wie ein Schiff, dem wir eine Ladung von Bedeutung mitgeben, oder ist sie selbst wesentlich das, was wir sind, durch sie: schöpferisches Medium unserer Menschenwürde?
Unmittelbar nachdem die ›Philosophie der Freiheit‹ erschienen war, überbrachte Rudolf Steiner sie am 14. November 1893 persönlich dem von ihm hochgeschätzten Eduard von Hartmann. Dieser machte sich sogleich an die Lektüre und konnte Steiner seinerseits schon eine Woche später sein mit ausführlichen Randbemerkungen versehenes Exemplar zur Ansicht übersenden. In diesen Randbemerkungen kommt Hartmann zu einer wahrhaft vernichtenden Beurteilung der ›Philosophie der Freiheit‹, die er zusammenfassend als »Unphilosophie« bezeichnet. Mit diesem Urteil setzte sich Steiner erst 1917 in dem Aufsatz ›Die Geisteswissenschaft als Anthroposophie und die gegenwärtige Erkenntnistheorie. Persönlich-Unpersönliches‹ auseinander. Dort meint er, Hartmann habe zwar geahnt, dass die ›Philosophie der Freiheit‹ aus dem Begrifflichen hinausführe, doch höre für diesen jede Philosophie dort auf, wo für ihn das beginne, was er später als die höheren Erkenntnisarten beschreiben sollte.
Vom »leeren Phantom« der Wahlfreiheit zur freien Entscheidung
Es ist nicht leicht, den beweglich-prozesshaften Gedanken Rudolf Steiners im ersten Kapitel seiner ›Philosophie der Freiheit‹ zu folgen. Dort setzt er sich mit David Friedrich Strauß, Herbert Spencer und Baruch de Spinoza als Freiheitsgegnern auseinander. Eva-Maria Begeer-Klare führt in einer feinen und überzeugenden Art einen Weg durch diese Gedanken und Argumente, sie ruht auf ihnen, wendet sie in die eine und die andere Richtung. Was bei Steiner in wenigen Seiten abgehandelt ist, entwickelt sich in ihrem abwägenden Denken zu einer ganzen Welt.
Weitere Aspekte zur Sozialen Dreigliederung in methodischer Hinsicht
Rudolf Steiners Schrift ›Die Kernpunkte der sozialen Frage‹ (GA 23) und überhaupt seine gesamten sozialwissenschaftlichen Äußerungen erfordern eine Vertiefung des Denkens. Erst dadurch können ihre hochaktuellen Willensmotive und letztendlich ihre Bedeutung für ein neues Rechtsempfinden erfasst werden, wie in einem früheren Aufsatz darzustellen versucht wurde. Der folgende Aufsatz widmet sich einigen Aspekten sozialer Gestaltung, wie sie aus Steiners eigenem sozialen Wirken unmittelbar abgelesen werden können.
Eine geistige Grundfrage, welche die Menschheit beschäftigt, seit sie sich ihrer selbst bewusst wird, ist die nach dem Zusammenhang der äußeren Wirklichkeit mit dem Moralischen. Hannah Arendt formulierte sie einmal so: »Könnte die Tätigkeit des Denkens als solche – die Gewohnheit, das, was immer sich gerade ereignen mag, ohne Berücksichtigung des spezifischen Inhalts und ganz unabhängig von den Ergebnissen zu erforschen und zu bedenken –, könnte diese Tätigkeit so beschaffen sein, dass sie die Menschen gegen das Unrecht-Tun ›konditioniert‹?«1 In Anlehnung an die Diktion Rudolf Steiners könnte sie so lauten: Wie kann das reine Denken als eine durch Übung erworbene Fähigkeit zur Grundlage des moralischen Handelns werden?
Vom Nicht-Erkennen eines Versteckspiels
Das Hauptproblem bei der grassierenden Diskussion um die Mobilfunk-Strahlung besteht darin, dass am Hauptproblem vorbeigeschaut wird – und das besteht in einem Versteckspiel eines Wesens, das stets verneint.
Die Regulierung der Fortpflanzungskräfte in der Landwirtschaft
Die im vorangegangenen Artikel dargestellte »Düngerreform«2 des Landwirtschaftlichen Kurses dient der Erhaltung und Steigerung des Lebendigen. Anschließend geht Rudolf Steiner zu einer zweiten Reform über: die »Bekämpfung des Unkrautes und der tierischen Pflanzenschädlinge, der Parasiten, und [...] der Pflanzenkrankheiten«. Die Absicht geht also jetzt in die entgegengesetzte Richtung: Das Lebendige soll unterdrückt werden.
Der Siegeszug der herrschenden Technikgläubigkeit, mit ihrem Kern der Menschenverachtung, nimmt mit Alexander von Humboldt (1769–1859) Fahrt auf – was seine Tragik ausmacht, aber auch seine nachwirkende Größe. Denn seine Sicht auf die Welt, auf die Erde – denn das war sein zentrales Anliegen, eine »lebendige Erkenntnis des Weltganzen«1 – prägte sein wissenschaftliches Verständnis. Womit er als Generalist und Weltbürgerseiner Zeit zwar voraus war, aber doch nur in Fußstapfen wandelte, die nicht tiefer drangen, als Oberflächen gekonnt in Zusammenhänge zu bringen – was heute, digital verstärkt, allgemein üblich ist, aber entschieden zu wenig, um zu erkennen, von welchem Zeitgeist unsere Gegenwart schon seit dem 17. Jahrhundert vorangetrieben wird.
Von der Ressourcenverwaltung zur Zukunftsgestaltung – Teil II
Im ersten Teil dieses Artikels wurden unter der Fragestellung ›Wie kommt Neues in die Welt?‹ die zwei diametral verschiedenen Denk- und Handlungsansätze von Uwe Schneidewind und Hildegard Kurt im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit vorgestellt und diskutiert. Im Folgenden geht es im Hinblick auf dieselbe Frage um das Wechselspiel zwischen Selbst- und Weltverhältnis. Wie kann die innere Ohnmacht angesichts der in der Welt herrschenden Todeskräfte überwunden werden?
Zum 200. Geburtstag Herman Melvilles (1819–1891)
Herman Melvilles ›Moby Dick‹ (1851) wurde durch Diether Lauensteins Studie ›Das Geheimnis des Wals‹ (1973) überzeugend als »Mysterienroman« nachgewiesen. Lauenstein, ein gründlicherKenner der Mysterien von Eleusis, empfahl ausdrücklich die Lektüre seiner Studie, ehe man sich auf die »Große Fahrt« dieses Romans begibt. Der Leser sei vor Melville gewarnt, der ihn mit seinem genial-weitschweifigen Stil auf skurrile Weltreisen mitnimmt. In einer Textprobe vom Ende des ersten Kapitels kommt einem bereits sein Sinn für Rhythmus und imaginative Sprache entgegen: »In Anbetracht dieser Gründe also war die Walfangreise willkommen; die großen Schleusentore der Wunderwelt schwangen auf, und in den wilden Wahngebilden, die mich neuen Vorhaben entgegenschwenkten, trieben sie Paar um Paar in meine innerste Seele, endlose Prozessionen des Wales, und in ihrer aller Mitten ein einzelnes großes vermummtes Phantom, gleich einem Schneeberg in den Lüften.« Wer war der Mensch, der solche Sätze prägte, wie kam er zu seinem Werk und wie – umgekehrt – prägte es ihn? Was kann ein »Mysterienroman« für uns heute bedeuten? Und was hat er insbesondere für Melvilles Heimat, die Vereinigten Staaten von Amerika für eine Bedeutung?
Seelische Beobachtung zu Denken, Fühlen und Wollen
Man kann eine seelische Beobachtung an sich selbst und auch an anderen Menschen machen, durch die etwas Konstitutives und ganz Grundlegendes des Seelenlebens sehr vieler heutiger Menschen umrissen wird. Man blicke dabei auf folgende innere Situation: Man denkt einen Gedanken. Es entsteht eine Einsicht. Wenn es ein umfassender – z.B. ein geisteswissenschaftlicher – Gedanke ist, der durch den eigenen Denkprozess wirklich durchdrungen und aufgebaut wird, dann ist es umso besser. Diese Einsicht, diesen gedachten Gedanken kann man innerlich vor sich hinstellen und anschauen. Er schwebt, räumlich gesehen, im Bereich des Kopfes, kann aber auch darüber hinausgehen. Der Gedanke hat überdies eine Gestalt; diese variiert, je nachdem, um welchen Gedanken es sich handelt.
La mise en pratique du Cours aux agriculteurs
Dans les deux articles précédents1 fut esquissé le chemin de connaissance propre au Cours aux agriculteurs. Ainsi furent étudiés sa méthodologie goethéenne puis ses fondements dans les concepts du Cosmique et du Terrestre. Sa mise en pratique agricole est maintenant abordée par l’étude des préparations bio-dynamiques.
Die Grenze zum leibfreien Bewusstsein in der Meditation
In einem vorangegangenen Artikel habe ich mich der Frage anzunähern versucht, wie Erfahrungen zu bewerten sind, die man durch anthroposophische Meditationsübungen relativ einfach erreichen kann, wie z.B. das Erleben von lebendig gestaltenden Kräften in sprießenden oder welkenden Pflanzen. Man bewegt sich mit solchen Erfahrungen an der Grenze zwischen dem gewöhnlichen und einem nicht mehr sinnlichen Bewusstsein, das nach Rudolf Steiner bis zu einem völlig leibfreien Bewusstsein gesteigert werden kann. Ich habe einige Ausführungen Steiners zu diesem leibfreien Bewusstsein dargestellt und Kriterien besprochen, anhand derer man es erkennen kann. Hier möchte ich nun eine Mantren-Meditation beschreiben, durch die man die Grenze zum leibfreien Bewusstsein genauer kennenlernen kann.
Überlegungen zur Freiheitsgestalt der anthroposophischen Meditation
Warum meditieren? – Ich möchte mit den folgenden .berlegungen dazu anregen, dieser Frage nachzugehen, und dafür argumentieren, dass sie hinsichtlich unserer Selbsterkenntnis ergiebig und hinsichtlich der Frage, wie frei wir uns in unseren meditativen Versuchen oder »auf dem Schulungsweg« bewegen, unumgänglich ist. Etwas überspitzt könnte man sagen: Ein Mensch, der sich Anleitungen zur Meditation holt, ist in seiner Freiheit akut gefährdet oder hat zumindest einen erh.hten Bedarf, diese zu verteidigen. Die Anthroposophische Meditation, die Rudolf Steiner in unterschiedlichen Formen und immer neuen Anläufen in die Kulturwelt der europäischen Moderne gestellt hat, versucht dieser Gefahr nicht nur zu begegnen, sondern explizit die Möglichkeit einer freien Aneignung meditativer Wege zu eröffnen. Meditation bleibt allerdings eine Praxis, eine Kunst. Sie muss nicht zwangsläufig gelingen und ist auch nicht zwangsläufig frei, d.h. durchschaut, individualisiert und den eingeholten Erfahrungen gewachsen.
Ein Versuch zum Aufbau assoziativer Wirtschaftsstrukturen
Vor 100 Jahren startete Rudolf Steiner in Süddeutschland einen Versuch zum Aufbau assoziativer Wirtschaftsstrukturen. Ist heute die Zeit reif, um einen neuen Versuch zu wagen? Gegenwärtig formiert sich eine Initiative, die zunächst in der Region Südbaden einen neuen Schritt in Richtung dieser Wirtschaftsform unternehmen will. Kernelement ist dabei ein moderiertes Verrechnungsgeldsystem, durch das möglichst viele kleine und mittlere Unternehmen erreicht werden sollen.
Sur les concepts du Cosmique et du Terrestre dans le Cours aux agriculteurs.
Der Nahe Osten zwischen den Weltkriegen – Teil I
Die Neuordnung des Nahen Ostens nach dem Ersten Weltkrieg war durch das Sykes-Picot-Abkommen sowie die Konferenz von San Remo nur insofern vorgenommen worden, als Frankreich und Großbritannien ihre Einflusszonen voneinander abgrenzten. Was innerhalb dieser Zonen geschah, musste erst noch geklärt werden. Der folgende Artikel betrachtet die Entstehung des Irak und (Trans-)Jordaniens.
Eine Betrachtung des Bildes ›Ixion, von Juno getäuscht‹ von Peter Paul Rubens
Denken, Fühlen und Wollen sind die drei Dimensionen des menschlichen Seelenorganismus, die sich im Physisch-Ätherischen auf das Nerven-Sinnes-System, das rhythmische System und das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System stützen. Dass diese Funktionen in der Entwicklung der Menschheit in einem langen, leidvollen Prozess harmonisiert wurden, schildert die griechische Mythologie in vielen Facetten. Drei ihrer berühmten Protagonisten – Sisyphos, Ixion und Tantalos – können die gewaltigen seelischen Kräfte nicht integrieren und werden deshalb grässlich bestrafte tragische Helden, welche die Gemüter bis in die Neuzeit beschäftigen. Es wurde bereits gezeigt, wie bei Sisyphos das Denken alles beherrschte und Wunsch und Wagemut den Tantalos verführten. Dass Ixion von den Kräften der Individualisierung überwältigt und vereinsamt wurde, weil es ihm nicht gelang, sein Gefühlsleben zu gestalten, wird im vorliegenden Beitrag mit Hilfe des Bildes ›Ixion und Nephele‹ von Peter Paul Rubens entwickelt.