In der gegenwärtigen Wirtschaftspraxis gilt es als selbstverständlich, dass Banken Geld schöpfen, wenn sie Kredite vergeben. Die Wirtschaftswissenschaft begleitet diese Praxis mit einer umfangreichen Theorie. Die Mainstream-Auffassungen hierzu werden sehr gut in einem FAZ-Artikel von Christian Siedenbiedel: ›Wie kommt Geld in die Welt?‹ beschrieben. Wie aber betrachtete Rudolf Steiner die sogenannte »Kreditgeldschöpfung«? Ging er ebenfalls davon aus, dass das Geld, welches als Buchgeld nur in Form von Zahlen in der Buchhaltung der Banken existiert, durch Kredite der Geschäftsbanken in Umlauf gebracht werden soll? Ist damit in der heutigen Literatur ein Prozess beschrieben, auf den Steiner sich implizit ebenfalls bezieht, wenn er von Geld als Buchhaltung spricht?
Zum Stand der Forschung über Sendemasten, Smartphones, Tablets & Co
Noch nie wurde eine Technologie so intensiv vom Endverbraucher körpernah genutzt wie die mobilen Endgeräte Smartphone und Tablet. Mediziner, Erzieher und Eltern sollten sich deshalb mit dem Forschungsstand über die Risiken der elektromagnetischen, nichtionisierenden Strahlung im Mikrowellenbereich, mit denen der Mobilfunk arbeitet, bekannt machen. So schreibt der Umweltmediziner Dr. Harald Banzhaf: "Die Zahl der Menschen, die auf elektromagnetische Strahlen mit unterschiedlichsten Symptomen reagieren,steigt weltweit an. Die Rede ist von Elektrohypersensibilität (EHS). Und wir übersehen dabei, dass alle Säugetiereelektrosensibel sind. Denn nur aufgrund des Zusammenspiels von Elektrophysiologie und Biochemie können wir überhaupt leben. Jede der Billionen Zellen in unserem Körper ist angewiesen auf eine mehr oder weniger konstante Zellspannung.«
Von der Ressourcenverwaltung zur Zukunftsgestaltung – Teil I
Nicht nur im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz scheint die gegenwärtige Situation von Mensch und Welt aussichtslos zu sein. Die wirklich Mächtigen dieser Erde wollen keine Veränderungen und machen manches bereits Erreichte sogar wieder rückgängig. Einen Hoffnungsschimmer bietet da die weltweit erwachende junge Generation, die den Freitag zum Zukunftstag erklärt und zu einem globalen und generationsübergreifenden Klimastreik aufgerufen hat. Egal, was sie faktisch erreichen kann, bedarf sie unserer Unterstützung. Doch wie kann diese aussehen? – Tatsächlich befindet sich die Menschheit in einem Dilemma. Die Lage scheint ein Handeln zu erfordern, wie es nur diejenigen durchsetzen können, die an den Schalthebeln der Macht sitzen. Doch diese sind – gewollt oder ungewollt – Teil eines Systems, das die herrschenden Verhältnisse hervorgebracht hat. Lässt sich dieses System aus sich heraus verändern? Sind wir zur Ohnmacht verdammt? Wessen bedarf es, damit wirklich Neues in die Welt Einlass finden kann?
für die waldorfpädagogische Bewegung
Von Anfang an war der waldorfpädagogische Impuls ein doppelter: ein pädagogischer und ein sozialer. Als die Gründung der ersten Waldorfschule im Laufe des Jahres 1919 vorbereitet wurde, war die Dreigliederungsbewegung in vollem Gange. Im Süden Deutschlands, aber auch in anderen Regionen, lebte nach dem Ende des desaströsen Ersten Weltkriegs und inmitten von Ruinen und Hunger eine starke Sehnsucht nach gesellschaftlicher Erneuerung. Damals gab es noch ein großes Proletariat, und gerade in diesem formierten sich lautstarke Intentionen auf mehr Beteiligung und Mitwirkung am gesellschaftlichen Prozess. Rudolf Steiner war sich dieser Intentionen bewusst und nahm in Stuttgart immer wieder Gelegenheiten wahr, vor großen Arbeitergruppen in den Produktionshallen von Bosch, Daimler oder der Waldorf-Astoria, vor Arbeitern von Delmonte oder in der Brauerei Wulle zu sprechen und seine Überlegungen zur gesellschaftlichen Neugestaltung darzulegen.
Grundlagen und Übungsansätze
Am 30. November 1919, also vor bald einhundert Jahren, hielt Rudolf Steiner einen Vortrag, in dem er erstmalig – und, was die Bezeichnung betrifft, auch einmalig – von einem »Lichtseelenprozess« spricht, der heute übend bewusst werden kann. Steiner entwickelt darin diesen Lichtseelenprozess anhand der Bewusstseinsentwicklung des Menschen. Diese hat sich durch die Kulturepochen hindurch von einer nahezu ungetrennten Einheit zwischen Mensch und Welt im alten Indien und auch noch im alten Persien zu einer allmählichen Differenzierung zwischen Mensch und Welt zunächst in der dritten nachatlantischen Kulturepoche entwickelt: »[M]an unterschied schon den Gott außerhalb und den Gott innerhalb; nur dachte man ihn als einheitlich, den Gott in der Natur, den Gott im Menschen, nur war er derselbe.« Die Ellipse, die Steiner als Symbol der Einheit an die Tafel gezeichnet hatte, bildet nun in ihrer Mitte einen Berührungs- bzw. Kreuzungspunkt aus und wird so zur Lemniskate: Mensch und Welt umgreifen noch ein Ganzes, aber die Unterschiedlichkeit und zunehmende Trennung ist bereits angelegt. Zum Ausdruck kam diese beginnende Trennung der Einheit in einem Bewusstsein des Atmungsprozesses, den man als »Luftseelenprozeß« bezeichnen kann. Damals konnte die Luft noch als beseelt erlebt werden, und im Einatmen atmete man das Seelische der Welt ein, verband sich mit ihm, verwandelte es und gab es der Welt zurück.
Oswald Spengler und Rudolf Steiner
Vor einem Jahrhundert erschienen die beiden Bände eines monumentalen Werkes, das zu den meistgelesenen Büchern der Weimarer Republik gehörte und bis heute eines der umstrittensten Werke der Geschichtsphilosophie ist: Oswald Spenglers ›Der Untergang des Abendlandes. Umrisse eine Morphologie der Weltgeschichte‹, dessen erster Band ›Gestalt und Wirklichkeit‹ 1918 und dessen zweiter Band ›Welthistorische Perspektiven‹ 1922 veröffentlicht wurde. Der Titel ist zu einem politischen, wenn auch oft ironisch gebrauchten Schlagwort geworden, das mit jeder neuen Krise die Geister mobilisiert. Lange Jahre in Vergessenheit geraten, erlebten Autor und Werk im Spengler-Jahr 2018 eine bescheidene Renaissance sowohl in Presse und Rundfunk als auch im universitär-akademischen Kontext. So veranstaltete die neu gegründete ›Oswald Spengler Society‹ ihre erste Konferenz und verlieh dem französischen Schriftsteller Michel Houellebecq – jüngst weithin diskutiert wegen seines Romans ›Die Unterwerfung‹ (2015) – im Oktober vergangenen Jahres in Brüssel den ersten ›Oswald-Spengler-Preis‹.
als Urbild, Seelenweg, Heilkraft und als den Jahreslauf begleitende Meditationsweisen
An einigen Stellen in seinem Gesamtwerk erwähnt Rudolf Steiner die Kultivierung und Entwicklung der menschlichen Seelenkräfte »Erstaunen, Mitgefühl und Gewissen« und weist zugleich in seinem einzigen diesem Thema ganz gewidmeten Vortrag vom 14. Mai 1912 in Berlin mit besonderer Eindringlichkeit darauf hin. In diesem Vortrag beschreibt er Staunen, Mitgefühl und Gewissen als eine Dreiheit, ohne deren Existenz, Pflege und Bildung im menschlichen Herzensraum die Erde als Christusträger ihr Ziel im Sinne der Schöpfung nicht erreichen würde.
Seit rund dreißig Jahren wird am Hardenberg Institut in Heidelberg entwickelt, was inzwischen als Dialogische Führung bzw. Dialogische Kultur bekannt geworden ist. Damit wird etwas ganz Spezifisches bezeichnet, nicht einfach nur (wie manche meinen), dass man »miteinander redet«. Miteinander zu reden, ist ja auch in anderen »Kulturen« nicht ganz ausgeschlossen! In der Dialogischen Kultur sucht man das Gespräch unter bestimmten Gesichtspunkten, die eingehend beschrieben wurden.
Klar, Licht ist unsichtbar! Das ist der unumstößliche Ausgangspunkt. Aber: Was sieht man denn in den Fällen, in denen man sagt, man sähe Licht? Licht erzählt von seiner unsichtbaren Anwesenheit, indem es ein Sinnenfälliges für das Auge sichtbar macht. Das unsichtbare Licht benötigt immer etwas, das in seiner Gegenwart zur sinnlichen Erscheinung kommt, um dem Sehenden von seiner – des Lichtes – Anwesenheit zu berichten.
Zu Friedrich Schillers Geburtstag am 10. November und zur Gründung der Waldorfschule 1919
Die Schiller-Rezeption in Deutschland war im 19. Jahrhundert zunächst ein bürgerliches Unternehmen. Friedrich Schiller wurde zum Nationaldichter, zum Vorkämpfer für ein nationales Selbstbewusstsein und für die nationale Einheit. Dass er eine solche Vereinnahmung vehement zurückgewiesen hätte, wurde einfach ignoriert. Schiller hatte dazu, geradezu vorausschauend, an seinen Freund Christian Gottfried Körner geschrieben: »Es ist ein armseliges, kleinliches Ideal, für eine Nation zu schreiben; einem philosophischen Geist ist diese Grenze durchaus unerträglich. Dieser kann bei einer so wandelbaren zufälligen und willkürlichen Form der Menschheit, bei einem Fragmente (und was ist die wichtigste Nation anders?) nicht stille stehn.«
Eine ganzheitliche Anschauung der Gestalt und Evolution des Menschen und der Tiere
Seit dem 29. September 2018 wurde und wird an verschiedenen Orten in Deutschland1 die Ausstellung ›Metamorphose Mensch & Tier‹ gezeigt, die überall auf reges Interesse stößt. An etlichen Beispielen stellt sie Rudolf Steiners Idee dar, dass in der menschlichen Gestalt die Urform der Tiere erscheint und dass nicht der Mensch von den Tieren, sondern – geistig gesehen – diese von ihm abstammen. Methodisch geht es um ein »Lesen im Buch der Natur« anhand einer Methode, welche die Naturformen wirklich verständlich machen kann.
Zunächst eine Beobachtung: 1988 war ich für 14 Tage nach Japan eingeladen, um dort in den Waldorf-Kindergärten Vorträge zu halten. Auf vielen Zug- und Straßenbahnfahrten zwischen und in den verschiedenen Städten freute ich mich, wie viele Japaner lasen und sich während der Fahrt unterhielten. 2006 – 18 Jahre später – hatte ich im Rahmen der Internationalen Ärzteausbildung wieder in Japan zu tun. Jetzt bot sich mir ein anderes Bild: Die meisten Passagiere schliefen oder schauten vor sich hin. Deutlich weniger waren mit ihren Smartphones, einer Zeitung oder Ähnlichem beschäftigt. Es dauerte eine Weile, bis mir bewusst wurde, dass diese kollektive Müdigkeit evtl. mit der Zunahme des Elektrosmogs durch die massenhafte Ausbreitung der Mobiltelefone zusammenhängen könnte. Müdigkeit ist eine unspezifische Symptomatik, die anzeigt, dass die regenerativen Möglichkeiten des Körpers unter Stress stehen und nicht mehr genügen. Entsprechend sind ja auch »Müdigkeit und das Gefühl der Abgeschlagenheit« eine typische Symptomatik, die der Diagnose schwerer Erkrankungen oft schon über einen längeren Zeitraum vorausgegangen sind.
Ein altes theosophisches Vorurteil hält die Sinneswelt für Maja. Das ist deshalb ein Vorurteil, weil es der Erfahrung widerspricht. Da aber auch Rudolf Steiner von einer Maja spricht, gerät das Bewusstsein in einen Zwiespalt: Wider die eigene, unmittelbare Erfahrung, dass ich von der sinnlichen Wahrnehmung fraglos berührt werde, soll ich annehmen, dass das alles gar nicht wirklich sei. Nun wird mancher Kenner der philosophischen Ausführungen Rudolf Steiners (z.B. der ›Philosophie der Freiheit‹) einwenden, dass die Wirklichkeit erst durch das Verbinden der Wahrnehmung mit dem zugehörigen Begriff entstehe. Weiter Geschulte werden darauf hinweisen, dass ich ohne den zugehörigen Begriff überhaupt nichts wahrnehme.
Zur dialogischen Konstitution des Menschseins anhand eines Gedichtes von Friedrich Hölderlin
»Im Anfang war das Wort« – der Logos, sagt Johannes zu Beginn seines Evangeliums. Die Anfänglichkeit und die Wortung – oder besser partizipial formuliert: das Wortende – werden damit auf eine gleichermaßen exponierte Seinshöhe gestellt. Sie müssen folglich auch eine innerliche Nahbeziehung, ja eine Wesensverwandtschaft aufweisen. Im Anfang kann nichts anderes gewesen sein als das Wort. Der Zusammenhang zwischen beiden ist nichts Akzidentielles und Kontingentes. Er muss in ihnen selbst begründet liegen. Doch wie sind Anfänglichkeit und das Wortende (als Ursprung von Sprache) miteinander wesenhaft verbunden? Inwiefern waltet in jedem Worte ein Anfängliches? Auf welche Weise ist in jeder Anfänglichkeit ein Wortendes zugegen? Und wie sind diese beiden Vorgänge miteinander erstursprünglich verbunden? Worin liegen deren gemeinsame Herkunft und Wurzel?
Schulführungsfragen nach 100 Jahren
Am Abend vor meinem 9. Geburtstag hatte ich Angst zu sterben. Ich hatte meinem älteren Bruder eine Tintenpatrone weggenommen, und als er ins Zimmer kam, war ich so erschrocken, dass ich die Patrone in den Mund steckte und aus Versehen herunterschluckte. Ich wagte nicht, mich meinen Eltern anzuvertrauen, denn mein Diebstahl war mir peinlich und ich fand es gerecht, dafür an Tintenvergiftung zu sterben. In meinem Abendgebet zum lieben Gott bat ich ihn deshalb nur darum, mich noch meinen Geburtstag erleben zu lassen. Dann schlief ich ein.
Zur Erinnerung an Siegfried Nacht (1878–1956)
Unter den Hörern Rudolf Steiners an der Berliner Arbeiterbildungsschule befanden sich auch Anarchisten, von denen einige unter polizeilicher Beobachtung standen. Dies betraf vor allem Siegfried Nacht (1878–1956), der wenig später steckbrieflich als Terrorist europaweit gesucht wurde. In seinen revolutionären Schriften (die auch unter den Pseudonymen Arnold Roller und Stephen Naft erschienen) plädierte er für den Generalstreik als Mittel des gesellschaftlichen Wandels. Langfristiges Ziel war die soziale Revolution mit selbstverwalteten Arbeiterkollektiven. Nacht gilt bis heute als klassischer Theoretiker des revolutionären Syndikalismus. Steiner hat ihn in einem Vortrag 1918 namentlich erwähnt und während der Dreigliederungszeit auch zum Syndikalismus Stellung bezogen.
Rudolf Steiner betont in seinen Ausführungen zur Dreigliederung stets die Notwendigkeit, die Befreiung des Geisteslebens als unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung eines harmonischen, dreigliedrigen Gemeinschaftswesens zu betrachten. Ohne ein Geistesleben, das der Freiheit als seiner Quelle bewusst wird und somit die schöpferische Freiheit des einzelnen Ichs ermöglicht, wäre folglich jeder Versuch, vom Rechts- oder vom Wirtschaftsleben ausgehend die sozialen Verhältnisse zeitgemäß zu gestalten, zum Scheitern verurteilt. Die hundert Jahre, die seit 1919 – dem Anfang der ersten öffentlichen Bewegung für die Dreigliederung – vergangen sind, liefern mehr als deutliche Beweise dafür. Die Entwicklung unserer Gesellschaft hetzt denn auch immer rasanter in die Richtung einer erstickenden Gleichschaltung des Geisteslebens, welche mit Hilfe der metastatisierenden Implementierung von Akkreditierungs-, Zertifizierungs- und Evaluationsverfahren durchgeboxt wird. Wurde aus der Erfahrung der letzten hundert Jahre nichts gelernt? Sind wir noch nicht so weit, uns ein auch nur elementares Erleben und Vorstellen bezüglich eines freien Geisteslebens zu bilden und schöpferisch zu verinnerlichen, das uns endlich zum Sprung fort von einer sich stets – gegenwärtig unter digitalem Gewand – wiederholenden Vergangenheit und hin zu einer menschenwürdigen Zukunft verhelfen könnte?
Zum Forschungskolloquium der ›Wirtschaftskonferenz‹ vom 29. Oktober 2018 am Goetheanum
England und Deutschland sind zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einen tragischen Gegensatz geraten. Die dadurch hervorgerufene Trennung hat beide Völker immer mehr von ihrer eigentlichen Menschheitsaufgabe abgebracht. Christopher Houghton Budd, Wirtschaftshistoriker und Koordinator der Wirtschaftskonferenz, bezeichnet diese beiden Völker als Cousinen. Es stellt sich ihm die Frage, ob sie durch ein gemeinsames Verständnis des Wirtschaftslebens wieder zu einer der Menschheitsentwicklung dienenden Zusammenarbeit finden können. In gleicher Weise müsste es möglich sein, eine Brücke zwischen der akademischen Wirtschaftswissenschaft und der anthroposophischen Bewegung zu finden. Der Schlüssel hierzu ist für ihn die Idee »Geld ist Buchhaltung«. Denn diese Idee lebt heute sowohl in englischsprachigen wie auch in deutschsprachigen Zusammenhängen und ist zudem nicht nur in anthroposophischen, sondern auch in akademischen Kontexten zu finden.
Notizen zur Bildungsfrage
»Was man das Gute nennt, ist nicht das, was der Mensch soll, sondern das, was er will, wenn er die volle wahre Menschennatur zur Entfaltung bringt.« – Rudolf Steiner. Dieser Satz aus der ›Philosophie der Freiheit‹, der den »ethischen Individualismus« auf den Punkt bringt, scheint mir ein Leitmotiv des freien Geisteslebens zu sein; jenes gesellschaftlichen Gebietes also, welches Kultur und Bildung, Kunst, Wissenschaft und Religion, aber auch Rechtsprechung, Unternehmensführung und den Gesundheitsbereich umfasst. Das Ideal, an welchem sich das Geistesleben orientieren soll, um gesund zu sein, ist die Freiheit – und die soziale Dreigliederung, wie ich sie verstehe, lebt ja in wechselseitiger Abhängigkeit: je freier sich das Geistesleben ausformt, desto brüderlicher, geschwisterlicher, solidarischer kann sich das Wirtschaftsleben gestalten – und umgekehrt. Und je mehr diese beiden sich entwickeln, desto mehr Gleichheit wird in der die Rechtssphäre leben können.
Schritte zur »sinnlich-übersinnlichen« Anschauung der kindlichen und jugendlichen Entwicklung
Rudolf Steiner wollte eine Erziehung »aus echter Menschenerkenntnis« anregen. Seine grundlegende Idee für die Waldorfpädagogik lautet: Erst wenn man weiß, wie sich Kinder und Jugendliche entwickeln, kann man gesund erziehen und unterrichten. Jedes einzelne Lebensalter, so Steiner, erfordere eine »ganz andere« Erziehung, die jeweils auf einem tiefen Verständnis der kindlichen Entwicklung beruhen müsse: »Daß wir das Wesen des Kindes in jedem einzelnen Jahre, ja jeder einzelnen Woche in unserer eigenen Seele lebendig machen, das ist dasjenige, was spirituelle Basis für die Erziehung bilden muß.«
Die soziale Dreigliederung als Aufgabe der Waldorfpädagogik – Teil I
Ihr 100-jähriges Jubiläum feierten die Waldorfschulen in diesem Jahr mit großen, öffentlich wirksamen Veranstaltungen. Das rief notwendig auch die Kritiker auf den Plan. In besonders perfider Weise hat sich das ARD-Magazin ›Kontraste‹ diesen Feierlichkeiten gewidmet. Moderatorin Eva-Maria Lemke gratuliert zunächst süffisant zum Jubiläum, um im Anschluss die Vertreter dieser Pädagogik nach allen Regeln der Kunst zu diffamieren: Die Eltern wüssten wohl nicht genau, wo sie ihre Kinder da hinschicken. Sie hätten vielmehr ein »heiles Bio-Bild« oder glaubten an ein »Lernen ohne Leistungsdruck«. Dabei folgten die Anhänger dieser Pädagogik den Lehren des Okkultisten Rudolf Steiner.
Aspekte zur Sozialen Dreigliederung in methodischer Hinsicht
Im Rühjahr 1919 veröffentlicht Rudolf Steiner sein Buch »Die Kernpunkte der sozialen Frage - in den Lebensnotwendigkeiten der Gegenwart und Zukunft« (CA 23). Bereits der Untertitel verdeutlicht, dass er mit dieser Schrift nicht allein eine Anregung für die Tagespolitik seiner Zeit geben wollte, sondern etwas viel Grundlegenderes für die weitere Sozialentwicklung. Dass Steine auf dem großen Wiener Ost-West-Kongress im Juni 1922 davor sprach, »daß diese Veröffentlichung im Grunde mißverstandet worden ist auf allen Seiten«, weil sie als übliche sozial-utopische Schrift gelesen wurde, obwohl sie «als ein Appell nicht at das Denken über allerlei Einrichtungen, sondern als ein Appel an die unmittelbare Menschennatur gemeint«' war, wird häufig zitiert. Noch deutlicher äußerte er sich wenige Monate später im Rahmen einer Vortragsreihe zu Erziehungsfragen in Oxford: »Derjenige, der die »Kernpunkte der sozialen Frage« als ein Buch des Verstandes nimmt, versteht es nicht. Allein derjenige versteht es. der es als ein Willensbuch, als ein Herzensbuch nimmt, das gesprochen ist aus dem Leben heraus, aus demjenigen, was heute überall unter der Oberfläche des Daseins als die wichtigsten sozialen Impulse der Gegenwart genommen werden können.« Auf welchem Wege nun aber kann dieser »Appell an die unmittelbare Menschennatur« erfahren und geprüft werden, um selbstbestimmt beurteilen zu können, inwiefern diese 100 Jahre alte Schrift Motive enthält, die den gegenwärtigen Lebensnotwendigkeiten Entwicklungsimpulse zu vermitteln vermag?
In der letzten Reihe des Deutschkurses der 12. Klasse sitzt eine Schülerin, die sich grundsätzlich am Unterricht nicht beteiligt, immer gelangweilt und abwesend wirkt, desinteressiert und überfordert. Die Klassenarbeit fällt unterdurchschnittlich aus. Es ist ganz deutlich: Diese Schülerin kann mit Gedichten nichts anfangen, sie sitzt hier in der falschen Veranstaltung. Dann kommt der letzte Tag der Unterrichtseinheit, ich verabschiede mich vom Kurs (es war während meines Referendariats an einem Gymnasium), alle gehen hinaus, da steht plötzlich diese Schülerin vor mir. Sie fragt mich etwas zögerlich: »Sie mögen doch Gedichte?« Das muss ich nicht mehr extra bestätigen, und dann fährt sie fort: »Ich hab’ da was für Sie – können Sie da mal hineinschauen?« Sie übergibt mir eine Mappe und es stellt sich heraus, dass sie Gedichte enthält – von ihr selbst geschrieben. Ich bedanke mich und verspreche, mich bald wieder zu melden.
Lebensbedingungen der Menschenwürde – II. Teil
Im ersten Teil dieser Betrachtung (vgl. die Drei 6/2019) wurde die Frage gestellt, was notwendig ist, um den goldenen Maßstab der Menschenwürde europäisch zu fassen. Dabei wurde an ein Bild des Philosophen Jürgen Habermas angeknüpft, der das Verhältnis von Wissenschaft, Kunst und Religion (bzw. Ethik) mit einem Mobile vergleicht, das sich ineinander verhakt hat. Wenn man dieses Bild auf das gesellschaftliche Ganze überträgt, stellt sich die Frage, wie Wirtschaft, Recht und Kultur in ein freies Spiel zueinander finden können – und ob zu diesem Zweck die Europäische Union neu verfasst werden muss.
Betrachtungen zu Sinnesatmung und Lichtseelenprozess
Wenn wir in der Verfassung unseres modernen Alltagsbewusstseins einen Gegenstand wahrnehmen, z.B. einen Stein ansehen, dann erleben wir diesen draußen, »gegenständlich«, mit uns unverbunden. Der Sinnesprozess selbst haftet am Gegenstand, bannt diesen und ist zugleich in sich vereinzelt, nur sehend, isoliert. Wir grenzen uns auf diese Weise von der Welt ab, was, wie sich bei genauem Hinschauen zeigt, einen Kraftaufwand erfordert. Zunächst agiert hier der Doppelgänger in uns, und die Abgrenzung vollzieht sich aus einer Angst heraus. Wir können uns jedoch auch aus freiem Willen dazu entschließen, diese Basisstufe des Wahrnehmens bewusst zu betreten. Dann kann sie zum Ausgangspunkt und Sprungbrett eines vom Ich geführten Übweges zur Beseelung der Sinnesvorgänge werden.
Zur Wandlung von Wille, Widerstand und Wirklichkeitserleben auf dem imaginativen Erkenntnisweg
Der anthroposophische Schulungsweg wird von Rudolf Steiner als ein dreistufiger Weg beschrieben, als Erscheinen einer neuen Wirklichkeit zunächst in den Bildern der Imagination, die sich dann in der Inspiration in ihrer Bedeutung zu erhellen und auszusprechen beginnen und zuletzt in der Intuition zur Begegnung mit bestimmten, sehr verschieden gearteten Wesen und ihren Intentionen führt. Diese drei Stufen erweisen sich jedoch nicht unbedingt als ein Nacheinander, sondern ebenso als ein Ineinander. Schon bei der ersten Stufe der Imagination zeigt sich, wie diese eine Dreifaltigkeit ist, indem auch Inspiration und Intuition in einer bestimmten Form in sie hineinwirken.
Die Dreigliederung des Sozialen Organismus als mögliche Alternative zur multipolaren (Un-)Ordnung
Irak. Libyen, die Ukraine, Syrien. Venezuela. Korea und wieder Libyen und wieder die Ukraine - immer enger folgen die Konflikte aufeinander, in denen sich die Interessen der die Welt beherrschenden westlichen Staaten - allen voran die der USA -mit denen Jener Staaten uberschneiden, welche diese E ominanz in frage stellen: Das ist das wiedeterstarkende Russland, das ist China, das entlang der »Neuen Seidenstiaße« üt*er Eurasien und Afrika in globale Dimensionen ausgreift, das sind aber auch Indien und der Iran souie eine Vielzahl kleinerer Staaten, die sich hinter ihnen versammeln. Doch neuer Nationalismus und die Missachtung nationaler Sou-\reränität lähmen sich in diesem Prozess gegenseitig. Die Notwendigkeit prinzipieller Veränderungen im Zusammenleben der Völker und der ihm zugrunde liegenden Ordnung, die es vom Diktat einer alles deformierenden Ökonomie und dem Gespenst Orwellscher Staatstealitäten befreien könnte - tritt immer drängender zutage. Die am weitesten reichende Perspektive liegt heute in einer Entflechtung des nationalen Einheitsstaates. Sie bringt die nach dem Ersten Weltkrieg aufgekommene Idee einer Dreigliederung des sozialen Organismus wieder in den Blick. Welche Botschaft enthält diese Idee für heute, nachdem bisherige Ansätze zur Überwindung der zerstörerischen Herrschaft des Kapitals nicht die ersehnten Ergebnisse gebracht haben?
Eine fotografische Annäherung auf anthroposophischer Grundlage
Der Königssee ist ein fjordartiger Gebirgssee am östlichen Fuß des Watzmanns, dem zentralen Gebirgsstock der Berchtesgadener Alpen. Der Großteil des Sees liegt im Nationalpark Berchtesgaden. Die Gegend um den Königssee ist zwar touristisch überrannt, bietet aber ein hervorragendes Arbeitsfeld für die Landschaftsfotografie. Eines der lohnendsten Motive ist das Phänomen der sogenannten »Eiskapelle«. Im Folgenden beschreibe ich, wie ich mich dieser Eiskapelle fotografisch angenähert habe. Dabei erhebe ich den Anspruch, jenseits rein dokumentarischer Reproduktion objektiv-seelische Landschaftsqualitäten zu vermitteln. Als Anthroposoph sieht man sich dabei mit der Frage konfrontiert, wie dieser Anspruch, ein Unsichtbares zur Sichtbarkeit zu verdichten, grundsätzlich einzulösen ist. In diesem Zusammenhang sei zunächst ein orientierender Blick auf Rudolf Steiners Beziehung zur Fotografie geworfen.