Artikel von Bernd Brackmann
Reinkarnation und Karma in der Novelle ›Die schwarze Spinne‹ von Jeremias Gotthelf
Hin und wieder taucht heutzutage der Gedanke an Reinkarnation und Karma – zu Deutsch: an Wiederverkörperung und selbst geschaffenes Schicksal – in der Öffentlichkeit auf, allerdings oft ohne echte Vertiefung und geistigen Hintergrund. So heißt z.B. ein 2008 erschienener Roman ›Mieses Karma‹. Darin geht es um mehrmalige Erdenleben einer Protagonistin, die nach ihrem frühen Tod ungute Taten zunächst als Tier und schließlich wieder als Mensch in erneuten Inkarnationen ausgleichen muss. Hier werden Aspekte von Reinkarnation und Karma miteinem gewissen moralischen Impuls in eine unterhaltsame Handlung gebracht. Im Allgemeinen kommt solchen Gedanken in der westlichen Welt aber keine große Bedeutung zu, man verortet den Glauben an wiederholte Erdenleben weiterhin vorangig in östlichen Religionen. Noch ist wenig bekannt, dass es auch in der deutschen Geistesgeschichte verschiedene Beispiele aus allen Zeiten dafür gibt – und zwar mehr, als man vermuten sollte. Sie sind allerdings größtenteils nicht Zeugnisse konkreter Kenntnis geistiger Zusammenhänge, sondern eher Andeutungen, Ahnungen oder Mutmaßungen. Rudolf Steiner erläutert, dass man im 18. Jahrhundert, in dem die Theosophie an Wirkmächtigkeit verlor, die Tatsache wiederholter Erdenleben nicht gekannt habe, und im 19. Jahrhundert sei eine weitere »Abwendung von den spirituellen Welten« eingetreten.
Elemente der Spracherneuerung bei Rudolf Steiner und Tendenzen im gegenwärtigen Sprachgebrauch
»Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort«, dichtete Rainer Maria Rilke im Jahr 1898 und drückte damit sein Erschrecken über scheinbar eindeutige Weltinterpretationen und sprachliche Vordergündigkeiten aus. Bei Hugo von Hoffmannsthal äußerte sich zu gleicher Zeit eine tiefe Skepsis gegenüber den eigenen Ausdrucksmitteln, wie er in seinem 1902 entstandenen ›Brief‹ des Lord Chandos an Francis Bacon offenbarte. Sprache, offensichtlich auch die poetische, schien dem menschlichen Ausdrucks- und Verständigungsbedürfnis nicht mehr zu genügen. Hofmannsthals Lord Chandos wünscht sich »eine Sprache, von deren Worten mir auch nicht eines bekannt ist, eine Sprache, in welcher die stummen Dinge zu mir sprechen«, die »unmittelbarer, glühender ist als Worte«. Ein solcher Wunsch lässt alles Herkömmliche hinter sich und greift in den Bereich hinter den Wörtern, ins Übersinnliche hinein.