Artikel von Bernd Brackmann
Die politischen Parteien vor und nach der Corona-Krise
Durch die Corona-Krise hat sich nicht nur das gesellschaftliche Leben, sondern auch unser parlamentarisches System verändert. Denn die weitreichende Übertragung von Kompetenzen auf die Exekutive, insbesondere die deutlich ausgeweiteten Befugnisse des Bundesgesundheitsministers (der gegenwärtige ist ein gelernter Bankkaufmann), und die verfassungsrechtlich fragwürdigen Entscheidungen, welche die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer getroffen hat, haben eher zur Erosion als zur Konsolidierung des Systems beigetragen. Die Bevölkerung scheint diese quasi-monarchische Herrschaft aber größtenteils akzeptiert zu haben, nur ein kleiner Teil sieht das kritisch und rebelliert dagegen. Die CDU/CSU als Hauptregierungspartei mit Kanzlerbonus hat in den Umfragen deutlich gewonnen, während die Oppositionsparteien tendenziell eher verloren haben, nachdem sie sich teils ablehnend, teils zustimmend zu den Regierungsmaßnahmen positionierten. Welche weiteren Entwicklungen zeichnen sich ab?
Zur Diskussion um die Verfasserschaft William Shakespeares
Am 23. April 1616, also vor 400 Jahren, starb der Stratforder Getreide- und Immobilienhändler William Shakespeare, ehemals langjähriges Mitglied einer Theatertruppe in London und – vermeintlicher – Dramendichter. Anders als bei zeitgenössischen Dichtern üblich, gab es zu diesem Anlass keine öffentliche Ehrung, keinen Nachruf und von ihm selber nur ein Testament, in dem einige alltägliche Dinge geregelt wurden. Wie von seinem Tod sind auch aus seinem Leben keine Hinweise auf einen Bezug zu dem ihm zugeschriebenen dramatischen Werk bzw. den Sonetten zu gewinnen – ein Mysterium, das von vielen mit leichter Hand beiseitegewischt wird, andere aber zu intensivem Forschen angeregt hat, was nicht ohne Erfolg blieb. In die Drei wurde bereits darüber berichtet und als vorrangiger Gegenkandidat für die Verfasserschaft Edward de Vere,17th Earl of Oxford, (1550-1604) genannt, der auch in diesem Beitrag im Mittelpunkt steht.1 An die damaligen Ausführungen schloss sich in den folgenden die Drei-Heften eine lebhafte Diskussion mit Argumenten und Gegenargumenten zu der geschilderten Sachlage an. Im Folgenden soll dies nicht aufgegriffen und die Faktenlage nicht weiter ausgeführt, sondern an die – in diesem Zusammenhang leider weitgehend über ehenen – Grundfragen nach den Quellen künstlerischen Schaffens erinnert werden. Deren Vertiefung führt im konkreten Fall auch näher an den Verfasser des shakespeareschen Werkes heran.
Anmerkungen zum Zustand unseres Staatswesens
Mancher friedliebende und werteorientierte Mensch dürfte nach der Gründung der Bundesrepublik gewünscht haben, Deutschland als Vermittler zwischen den Machtblöcken Ost und West und als ein Land zu sehen, das nicht nur für materiellen Wohlstand, sondern auch für ein qualitativ zu bestimmendes Wohlergehen seiner Bürger und letztlich aller Lebewesen auf der ganzen Welt einträte. Dieser Wunsch prägte zum großen Teil auch die Parteiprogramme der Anfangsjahre. Auf die aktuelle Situation und viele inzwischen hinzugekommene Probleme und Erfahrungen übertragen, wären Sozialität, Frieden, Ökologie, Freiheitlichkeit (nicht wirtschaftliche Ellbogenfreiheit) und Fortentwicklung der Demokratie zu nennen, die das gesellschaftliche Leben vorrangig prägen sollten. Der Garant dafür kann nur ein funktionierender Rechtsstaat mit konsequenter Gewaltenteilung sein. Das scheint das deutsche Grundgesetz auch zu gewährleisten, doch hat Marcus Andries an dieser Stelle unlängst dargelegt, wie sehr durch das Regierungshandeln während der Coronazeit die Rechtsstaatlichkeit untergraben wurde. War das eine absolut nicht zu erwartende Wendung zum Negativen? Leider sehen wir hier zwar ein in dieser Form extremes, aber nicht absolut neues Phänomen. Denn es gibt und gab immer schon eine Reihe allgemein wenig bekannte, aber grundlegende Defizite des Rechtsstaats und der Demokratie in Deutschland. Hier nur einige Aspekte:
Wegmarken einer Verirrung
Was wir zur Zeit an Kriegsereignissen erleben, ist kaum noch zu fassen. Nach all unserer Kenntnis über das Grauen des Kolonialismus, der beiden Weltkriege, des Korea- und des Vietnamkrieges, des Jugoslawien- und des Tschetschenienkriegs, des »Krieges gegen den Terror« usw. geschehen nun wieder Gräuel, die den früheren nicht nachstehen. Auch wenn keine sogenannten Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden, sterben dennoch Massen von Menschen durch militärische Gewalt. Russland hat durch die Unterstützung der Donbass-Republiken die Ukraine noch tiefer ins Elend getrieben, während durch die Ukraine selbst – wie auch durch Israel – der Begriff der »Selbstverteidigung« ad absurdum geführt wird. Die Ukraine verteidigt sich gewissermaßen zu Tode, eine »soziale Verteidigung« des Landes (als passiver Widerstand gegen die Besatzer) hätte erträglichere Zustände herbeigeführt; und selbst wenn Israel in Gaza Zerstörungen unvorstellbaren Ausmaßes bewirkt, wird es den Hass seiner Feinde nicht auslöschen und somit sein eigenes ständiges Bedrohtsein nicht beenden. Beide Kriege sind die Folge nicht ergriffener Chancen oder fehlenden Willens, vorab sinnvolle Lösungen zu suchen oder vorliegende vernünftige Vorschläge anzunehmen. Aber auch die Eroberung der armenischen Enklave Bergkarabach durch Aserbaidschan und die Vertreibung von ca. 100.000 Armeniern aus ihrer Heimat, die türkische Okkupation kurdischer Gebiete in Nordsyrien mit Zerstörung der Energie- und Wasserversorgung sowie Vertreibung der Bevölkerung, und alle anderen Kriege in verschiedenen Teilen der Welt zeugen weiterhin von hemmungsloser Gewaltanwendung für fragwürdigste Ziele. Und in allen diesen Konflikten werden die Not und das elende Sterben unzähliger Soldaten und Zivilisten in Kauf genommen. Mitleid mit den gequälten Menschen fehlt den Verantwortlichen.
Auch ein Beitrag zur anthroposophischen Diskussion über Verschwörungstheorien
Die Leserbriefe von Jens Heisterkamp und Johannes Denger zu Ralf Sonnenbergs Artikel ›Die offene Gesellschaft und ihre Anthroposophen‹ lassen vermuten, dass wir mit dem Thema »Verschwörungstheorien« – auch aus anthroposophischer Perspektive – noch nicht an ein Ende gekommen sind. Daher sollte man überlegen, wie weitere Diskussionen konstruktiv zu führen wären. Ihre Grundlage sollten Sachkenntnis sein sowie Einsicht in Haltungen, Arbeitsmethoden und Argumente der Befürworter von Verschwörungstheorien (im Folgenden »Skeptiker« genannt) und ihrer Kritiker.
Zu ›Meisterhafte Gesellschaftskritik‹ von Andreas Neider in die Drei 1-2/2019
Hartmut Rosa hat, wie Andreas Neider darstellt, den gegenwärtigen Zustand unserer Gesellschaft treffend beschrieben. Zwei Bemerkungen seien dazugestellt, einmal konkreter, einmal allgemeiner Natur, um gewisse Defizite in Rosas Darlegungen auszugleichen.
Anmerkungen zu einer Diskussion
Das Dezemberheft 2021 der ›Sozialimpulse‹ bringt mehrere Debattenbeiträge zur Corona-Thematik, von denen einige hier kurz betrachtet werden sollen.
Ein Kommentar zum ›Wort‹ und zum ›Unwort‹ des Jahres 2016
Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) wählt seit 1977 regelmäßig das ›Wort des Jahres‹ bzw. die ›Wörter des Jahres‹. Auch für 2016 benannte die GfdS »jene zehn Wörter und Wendungen, die den öffentlichen Diskurs des Jahres wesentlich geprägt und das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sprachlich in besonderer Weise begleitet haben.« Diese Wörter sind: 1. Postfaktisch, 2. Brexit, 3. Silvesternacht, 4. Schmähkritik, 5. Trump-Effekt, 6. Social Bots, 7. schlechtes Blut, 8. Gruselclown, 9. Burkiniverbot, und – als ›Satz des Jahres‹ – : 10. Oh, wie schön ist Panama.
Zu Joachim von Königslöw: ›Auf dem Weg zu einer neuen Ukraine‹ 4/2024
Reinkarnation und Karma in der Novelle ›Die schwarze Spinne‹ von Jeremias Gotthelf
Hin und wieder taucht heutzutage der Gedanke an Reinkarnation und Karma – zu Deutsch: an Wiederverkörperung und selbst geschaffenes Schicksal – in der Öffentlichkeit auf, allerdings oft ohne echte Vertiefung und geistigen Hintergrund. So heißt z.B. ein 2008 erschienener Roman ›Mieses Karma‹. Darin geht es um mehrmalige Erdenleben einer Protagonistin, die nach ihrem frühen Tod ungute Taten zunächst als Tier und schließlich wieder als Mensch in erneuten Inkarnationen ausgleichen muss. Hier werden Aspekte von Reinkarnation und Karma miteinem gewissen moralischen Impuls in eine unterhaltsame Handlung gebracht. Im Allgemeinen kommt solchen Gedanken in der westlichen Welt aber keine große Bedeutung zu, man verortet den Glauben an wiederholte Erdenleben weiterhin vorangig in östlichen Religionen. Noch ist wenig bekannt, dass es auch in der deutschen Geistesgeschichte verschiedene Beispiele aus allen Zeiten dafür gibt – und zwar mehr, als man vermuten sollte. Sie sind allerdings größtenteils nicht Zeugnisse konkreter Kenntnis geistiger Zusammenhänge, sondern eher Andeutungen, Ahnungen oder Mutmaßungen. Rudolf Steiner erläutert, dass man im 18. Jahrhundert, in dem die Theosophie an Wirkmächtigkeit verlor, die Tatsache wiederholter Erdenleben nicht gekannt habe, und im 19. Jahrhundert sei eine weitere »Abwendung von den spirituellen Welten« eingetreten.
Zu Katharina Nocun & Pia Lamberty: ›Fake Facts – Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen‹
Um die wievielte Publikation über Verschwörungstheorien und deren Widerlegung es sich bei den vorliegenden Ausführungen handelt, lässt sich kaum noch ermitteln. Finden sich hier überhaupt neue Aspekte? Neu ist die Ausschließlichkeit der Blickrichtung, mit der Katharina Nocun und Pia Lamberty arbeiten. Sie vollziehen den Schwenk in die völlige Psychologisierung des Themas. Dahinter mag die gute Absicht stehen, eine zunehmende Prägung der Gesellschaft durch extreme und zugespitzte Meinungen und Haltungen abzuschwächen. Die Einsicht in mögliche Abwege menschlichen Denkens, Wünschens, Hoffens usw. soll vor wachsender Irrationalität bewahren, die Kenntnis und Erkenntnis psychologisch erforschter Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster soll Fehler in der Interpretation der Wirklichkeit aufdecken. Unter diesen Aspekten werden hier mehrere Verschwörungsthemen behandelt.
oder: Das Ringen um eine »stabile« Regierung
Nach der Wahl ist vor der Qual. Das Bemühen um eine Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2017 erschien stellenweise wie ein Stück aus dem Tollhaus. Nach vier Verhandlungswochen von CDU/CSU, Grünen und FDP beendete der FDP-Vorsitzende Christian Lindner unerwartet (?) die »Jamaika«-Gespräche, und eine von vielen für sicher gehaltene Regierungsoption löste sich auf. Nachdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier allen Parteivorsitzenden ins Gewissen geredet hatte, folgte bei der SPD auf strikte Ablehnung die allmähliche Annäherung an eine Regierungsbeteiligung, da die Kanzlerin ausgeschlossen hatte, eine Minderheitsregierung zu führen.
Anmerkungen zu einem Thema, das spaltet
Eine persönliche Äußerung sei den folgenden Ausführungen vorangestellt: Es ist im höchsten Maße tragisch, dass durch die unzähligen Kontroversen zum Thema »Corona« und vor allem über die Frage des (Nicht-)Impfens Bekanntschaften, Freundschaften, Arbeits- und Verwandtschaftsverhältnisse usw. belastet oder gar zerstört werden. Denn trotz aller unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen gibt es Verbindendes, und zwar den beidseitigen Wunsch, selbst gesund zu bleiben, andere Menschen nicht gefährdet zu wissen und in einem gesetzlich gesicherten Rahmen Freiheit sowie eine Normalität der Lebensverhältnisse geachtet und bewahrt bzw. wiederhergestellt zu finden. Nichts könnte die gegensätzlichen Haltungen besser zusammenführen als ein Austausch über die Vorstellungen und Kenntnisse über den besten Weg dahin. Dafür sollen im Folgenden Denkanregungen gegeben werden.
Versuch einer Positionierung gegenüber bedrückenden Zeitereignissen
Angesichts der herrschenden Kriege und Konflikte, der Auswüchse des Kapitalismus und der zunehmenden Beschneidung von Freiheit und Indivudualrechten durch den Staat kann man sich schnell ohnmächtig fühlen, denn wir befinden uns stets in der Position des Schwächeren. Ein erster Schritt aus dieser Ohnmacht ist die gedankliche Durchdringung und Einordnung dessen, was geschieht. Dazu kommt die Möglichkeit, sich durch die Schicksale konkret betroffener Menschen berühren zu lassen und so eine seelische Gegenkraft zu entwickeln. Im beharrlichen zivilgesellschaftlichen Engagement können wir aber durchaus auch handelnd die Welt verändern. Bernd Brackmann macht dies an einer Reihe von Beispielen deutlich.
Elemente der Spracherneuerung bei Rudolf Steiner und Tendenzen im gegenwärtigen Sprachgebrauch
»Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort«, dichtete Rainer Maria Rilke im Jahr 1898 und drückte damit sein Erschrecken über scheinbar eindeutige Weltinterpretationen und sprachliche Vordergündigkeiten aus. Bei Hugo von Hoffmannsthal äußerte sich zu gleicher Zeit eine tiefe Skepsis gegenüber den eigenen Ausdrucksmitteln, wie er in seinem 1902 entstandenen ›Brief‹ des Lord Chandos an Francis Bacon offenbarte. Sprache, offensichtlich auch die poetische, schien dem menschlichen Ausdrucks- und Verständigungsbedürfnis nicht mehr zu genügen. Hofmannsthals Lord Chandos wünscht sich »eine Sprache, von deren Worten mir auch nicht eines bekannt ist, eine Sprache, in welcher die stummen Dinge zu mir sprechen«, die »unmittelbarer, glühender ist als Worte«. Ein solcher Wunsch lässt alles Herkömmliche hinter sich und greift in den Bereich hinter den Wörtern, ins Übersinnliche hinein.
Betrachtungen zur Vorgeschichte des Ukrainekriegs und zur Frage der Urteilsfähigkeit gegenüber Zeitereignissen
Jeder vernünftige Mensch würde sich wünschen, der Krieg in der Ukraine sei bald vorbei (oder hätte besser gar nicht erst begonnen). Allerdings wurden, um diesem Ziel nahezukommen, schnell auch wenig vernünftige Ideen entwickelt und Maßnahmen eingeleitet, z.B. die Verstärkung der bisher nur bedingt wirksamen Sanktionen, Aufrufe zum Mord an Wladimir Putin oder die Lieferung schwerer Waffen. Alle genannten Vorschläge und Maßnahmen werden nicht erfolgreich sein. Man mache sich nichts vor - und verzeihe die Anwendung eines Sprichwortes, das der bedrückenden Lage sicher nicht gerecht wird: Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Man bekommt es nicht dadurch heraus, dass man mit der Faust auf den Tisch haut. Wenn, wie es heißt, das erste Opfer des Krieges die Wahrheit ist, so ist das zweite offensichtlich die Besonnenheit.
Zu Thomas Külken: ›Corona im Kontext der neuzeitlichen Bewusstseinsentwicklung‹ in die Drei 5/2023 und zum Leserforum in die Drei 6/2023 und zu Zu Bernd Brackmann: ›Warum so angepasst?‹ in die Drei 6/2023
Eine Betrachtung zur Bundestagswahl und darüber hinaus
An anderer Stelle wurde schon erwähnt, wie oft in Schlagzeilen die Begriffe Fieber und Angst erscheinen und die Öffentlichkeit dadurch unterschwellig beeinflusst wird. Vor Wahlen wird durch eine starke Personalisierung, Massenkundgebunden, prägnante Slogans usw. tatsächlich eine Art »Fieber« erzeugt. Neue Versprechungen und (Schein-)Hoffnungen beleben dann die Politik. Andererseits kann das Pochen auf die Qualitäten des Gewohnten durchaus als ein Schüren von Angst verstanden werden. Schon auf Konrad Adenauers Wahlplakaten hieß es: »Keine Experimente«. Die Kanzlerin liegt mit ihrem »Weiter so« und der Behauptung »Deutschland geht es gut« auf der gleichen Linie. Allerdings kontrastiert der oft wiederholte Verweis auf ihre vermeintlichen Qualitäten mit den konkreten Ergebnissen ihrer Regierungszeit – wie Spreizung der Einkommen, Rechtspopulismus, eine gescheiterte Klimapolitik, die Kritik an Deutschlands Exportüberschüssen etc. Trotzden scheint die Kanzlerin auf viele Wähler immer noch überzeugend zu wirken. Wer sich die deutschen Wahlergebnisse der letzten 30 Jahre und deren Folgen anschaut, bemerkt aber auch, dass es fast bedeutungslos war, wer gewonnen hatte, denn alle mit der Regierung betrauten Parteien haben neoliberale Politik betrieben und dabei an Profil eingebüßt.
Wirklichkeitsverlust und totalitäre Tendenzen
Die Ereignisse der Corona-Zeit haben die Gesellschaft in bisher ungekanntem Maß gespalten. Prinzipiell waren sowohl kritische Positionen als auch die Ergreifung von Vorsichtsmaßnahmen und die Angst vieler Menschen vor einer Infektion verständlich. Zu denken gibt im Rückblick zum einen die Radikalität – bis hin zu Grundrechtseinschränkungen – und fehlende Evidenz mancher Maßnahmen, zum anderen, dass sie dennoch von vielen Bürgern und Medien, bis hin zur offenen Anfeindung kritischer Zeitgenossen, verteidigt wurden.Ähnliches erlebt, wer gegenwärtig an die Vorgeschichte des Ukrainekrieges erinnert und die Politik des Westens kritisch befragt. Dabei hatten doch viele Menschen, wie auch Medien und Politik, die militärischen Interventionen im Kosovo, in Libyen oder in Syrien gutgeheißen, weil dort (angeblich) Minderheiten gegen staatliche Repression kämpften. Nun waren die russischsprachigen Bewohner des Donbass seit dem Abkommen von Minsk (2015) in der gleichen Lage und erhofften sich Hilfe von Russland. Viele Menschen hierzulande wissen das bis heute nicht oder stufen es als unbedeutend ein. Wie aber ist das Nichtwissen oder Nicht-zur-Kenntnis-Nehmen, das Messen mit zweierlei Maß zu deuten, das ja auch ein Zeichen fehlender Reflexion von Denkwidersprüchen ist? Und warum führte bei »Corona« ein allgemeiner Vertrauensverlust in die Politik nicht zu einer realistischeren Abschätzung von Gefahren und Bedrohungen? Woher kommt die Bereitschaft, kaum glaubliche Deutungen auffälliger Phänomene, unrealistische Zukunftsprognosen oder offenbar widersinnige Maßnahmen zu akzeptieren?