Artikel von Wolfgang G. Vögele
Wie Ludwig Thoma gegen Rudolf Steiner hetzte
Rudolf Steiner und Mynona
Der deutsche Philosoph und Schriftsteller Salomo Friedlaender (1871–1946), der unter dem Pseudonym »Mynona« (Umkehrung von »anonym«) bekannt wurde, gehörte zu den zahlreichen Intellektuellen, die von Rudolf Steiner wussten und sich über ihn äußerten. Doch im Gegensatz zu den satirischen Darstellungen aus der Feder eines Kurt Tucholsky oder Gustav Meyrink blieben die Grotesken weitgehend unbeachtet, in denen Mynona den Schöpfer der Anthroposophie ironisiert hat. Da Mynona in der anthroposophischenLiteratur bisher nicht rezipiert wurde, soll im Folgenden sein Verhältnis zu Rudolf Steiner erörtert werden. Dazu gehört auch, dass Friedlaender im Jahre 1903 vergeblich versuchte, einen Artikel in Steiners Zeitschrift ›Luzifer‹ unterzubringen.
Ein norwegischer Gymnasiast interviewt Rudolf Steiner
In seinen Ansprachen für die Jugend wies Rudolf Steiner mehrfach darauf hin, dass diese seit der Jahrhundertwende unbewusst den Beginn einer neuen Epoche fühle. »Da rüttelt etwas erdbebenartig an der Entwicklung der Menschheit«, sagte er dazu am 20. Juli 1924. Als nach dem Ersten Weltkrieg vermehrt Angehörige der Jugendbewegung zur Anthroposophie fanden, hielt er das für einen Glücksfall, denn das gemeinsame Ziel beider Bewegungen war die fundamentale Erneuerung aller Lebensbereiche. Das unbewusste Jugenderlebnis sollte Steiner zufolge durch das Zusammenwachsen mit der Anthroposophie zu einem bewussten werden. 1924 wurde am Goetheanum eine ›Sektion für das Geistesstreben der Jugend‹ gegründet. Auch Kirchen und Parteien, die der Anthroposophie zum Teil ablehnend gegenüberstanden, versuchten damals, die Jugend in eigenen Bünden zusammenzuschließen.
Wie Nietzsches Schwester sich an Rudolf Steiner erinnerte
Der elsässische Schriftsteller Friedrich Lienhard (1865–1929), der eine Zeit lang der anthroposophischen Bewegung nahestand, lebte seit 1916 in Weimar, wo er auch Nietzsches Schwester, Elisabeth Förster-Nietzsche (1846–1935), kennenlernte. Kurz nach Rudolf Steiners Tod ließ er ihr Teile aus dessen Autobiografie zukommen, die bis 5. April 1925 in Fortsetzungen in der Wochenschrift ›Das Goetheanum‹ erschienen war. Das unvollendete Werk erschien erst im September in Buchform. Wie Steiner rückblickend seine Beziehung zum Nietzsche-Archiv sah, dürfte Förster-Nietzsche besonders interessiert haben.