Artikel von Corinna Gleide
In einem kürzlich erschienenen Artikel ging es darum, zu zeigen, wie eine Meditation aussehen kann, deren Grundlage darin besteht, einen Gedanken in einer Anzahl von seelisch-geistigen Entwicklungsschritten aufzubauen und zu durchleben, und die dann in den Meditationssatz mündet: »Ich fühle mich denkend eins mit dem Strom des Weltgeschehens.« Deutlich konnte daran werden, und kann jedem werden, der das erste Kapitel in Rudolf Steiners ›Die Schwelle der geistigen Welt‹ in entsprechender Art und Weise meditativ vertieft, wie die Seele mit dem Denken, dem Vertrauen zu dem Denken und mit dem Gefühls,- Affekt,- und Willensleben Erfahrungen macht, die an Intensität und Vielfalt dem gleichkommen oder sogar das übertreffen, was sonst nur durch die Außenwelt auf sie zukommt.
im Zusammenhang mit Imagination, Inspiration und Intuition
Die Impulse zur Gründung der Christengemeinschaft
Der Beginn der Impulse, die zur Gründung der Christengemeinschaft führten, bestand in einer Frage. Eine richtig gestellte Frage trägt die Kraft ihrer Beantwortung in sich. Auf das Stellen solcher Fragen kommt es an, wenn sich etwas ändern soll in der Welt. In der Zeit vor rund 100 Jahren, als Rudolf Steiner jene Kurse und Vorträge über verschiedene Lebensgebiete hielt, die durch die Anthroposophie eine Erneuerung und Befruchtung erfuhren, wurden zahlreiche solcher Fragen gestellt.
Das Frühwerk Rudolf Steiners mit seiner Entwicklung und Darstellung eines lebendigen Denkens ist einem Samen vergleichbar, der – indem er aufgeht und zur Pflanze sich entfaltet – in die geistige Welt hineinzuwachsen vermag. Steiner hatte gezeigt, dass das menschliche Denken sich so selbst ergreifen und durch innere Kräfte entwickeln kann, dass es eine Brücke zur geistigen Welt bilden kann. Allerdings wurde er in diesem Ansatz nicht verstanden. Dies trug wesentlich zu der Krise bei, die Rudolf Steiner am Ende des 19. Jahrhunderts durchlebte und die in der Fragestellung: »Soll man verstummen?«, wie er sie dann in seinem ›Lebensgang‹ formulierte, gipfelte. Offensichtlich war da ein Schritt in der Geistesgeschichte der Menschheit getan worden, der seiner Zeit vorausging.
Obwohl dem so war und Rudolf Steiner biografisch ab 1900 den Weg über die Theosophische Gesellschaft wählte, die ihrerseits durch ihre Geschichte mit Elementen verbunden war, die nicht aus dem mitteleuropäischen Geistes- und Gedankenleben stammten, entwickelte er die Anthroposophie so, dass sie in der ganzen Art, wie er sie selbst erforschte und darstellte, immer vom Denken getragen war. Das heißt, bei seinem eigenen geisteswissenschaftlichen Forschen ging er vom Denken aus und nutzte dieses als Brücke in die geistige Welt.
In dem michaelischen Zeitalter, in dem wir leben, geht es einerseits darum, das eigene Denken zu verlebendigen und zu spirrtualisieren. Es geht aber genauso dringlich darum, die Sinneswahmehmungals etwaszu schulen undzu erleben, in dem auch das Seelische der Welt mitschwingt. Mit dem Vollziehen des von Steiner so genannten »Lichtseelenprozesses«, wird Stück um Stück der Materialismus unserer Zeit überwunden. Die Wandlung der Welt fangt bei jedem einzelnen Menschen an.
Ich möchte im Folgenden versuchen, dem Ereignis der geistigen »Grundsteinlegung« der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft in einer meditativ-lauschenden Art und Weise nachzugehen. Wie hat Rudolf Steiner am 25. Dezember 1923 in einer kultusartigen Handlung den Grundstein geformt? Im meditativen Hinlauschen kann ein eigenes Tätigsein in der Bildung und Gestaltung des geistigen Grundsteins entstehen und sich damaliges Geschehen mit heutigem zusammenschließen. Ich meine, dass wir diesen Schritt, der von der Beschreibung der Vergangenheit zur gegenwärtigen Verantwortungsübernahme führt, brauchen, wenn die Weihnachtstagung für kommende Zeiten weiterwirken soll.