Kurz vor 19 Uhr kam noch Herr B., ein Lehrer aus der benachbarten Waldorfschule, durch die Bibliothekstür und brachte »fällige« Bücher zurück. Dann fragte er, ob ich einen knappen, handlichen Text wüsste, der erläutert, was es mit dem »Gang der Menschheit« über die Schwelle auf sich habe. Warum vollzieht sich der unbewusst, und was heisst das eigentlich? Natürlich wusste er das – genauso wie ich – »irgendwie«. Augustin sagt über die »Zeit«, dass er wisse was Zeit ist, solange man ihn nicht danach frage, aber sobald er gefragt werde, wisse er es nicht mehr. Ähnlich ging es mir und vielleicht auch Herrn B. jetzt mit dem menschheitlichen Überschreiten der Schwelle. Das Thema »Schwelle« führt unmittelbar ins Herz der Anthroposophie und gehört doch sonst ganz und gar nicht zur Allgemeinbildung. Und deshalb ist es dann auch eine besondere Aufgabe, es einem andern zu erläutern, der nicht so tief in der Anthroposophie drinnen steckt. Da reicht es nicht, Inhalte des Informationsgedächtnisses auf dem Tisch auszubreiten wie: die Schwelle als die Grenze zwischen geistiger Welt und irdischer Welt, Trennung von Denken, Fühlen und Wollen, unbewusste Überschreiten im Unterschied zum bewussten Überschreiten etc. Es gilt das Thema zu greifen, es darzustellen. Die Wiederholung von Aussagen Steiners, herausgelöst aus deren besonderem Zusammenhang ist unbefriedigend. Gleichwohl aber bleiben diese Aussagen wichtige Bezugspunkte und Quellen. Im Bibliothekskatalog fand ich unter Eingabe der Sachwortkombination »Schwelle: unbewusst« schnell den Hinweis auf ein vielversprechendes Buch, aber Herr B. wollte etwas Kurzes. Mit dem zweiten Versuch, der Kombination »Schwelle: Menschheit« stellten sich dann auch mehrere Ergebnisse in Form von Zeitschriften-Aufsätzen ein, darunter ein Beitrag von Walter Johannes Stein mit dem Titel ›Die Menschheit geht über die Schwelle‹ aus dem ›Österreichischen Boten‹ von 1922. Aber auch Steiners Vortrag vom 11. April 1919 aus ›Vergangenheits- und Zukunftsimpulse im sozialen Geschehen‹ (GA 190) und weitere Bücher wurden von der Suchmaschine angeboten. Herr B. notierte sich den Vortrag, kopierte sich den Zeitschriften-Artikel von W. J. Stein und ging damit hinaus. Ich blieb etwas unbefriedigt zurück, da ich erwartet hatte, mehr zu finden, und wiederholte die Suche am nächsten Tag nochmal, aber nun mit etwas mehr Ruhe in der Titel-Stichwort Zeile des Katalogs.