Zur gegenwärtigen Aufarbeitung der Corona-Politik – Teil I
Wo. wie und mit wem findet die Aufarbeitung der schwersten Krise der Menschheit seit dem Zweiten Weltkrieg heute statt? In Deutschland bislang nur sehr zögerlich bis gar nicht in Österreich nur partiell. und in der Schweiz ähnlich wie in Deutschland ebenfalls nur zögerlich bis gar nicht1 In dem vorliegenden zweiteiligen Essay werden zwei Versuche zur Aufarbeitung der Corona-Krise im deutschsprachigen Raum genauer untersucht verbunden mit der Frage: Was sagt uns diese Art der Bewältigung der Corona-Krise über den gegenwärtigen Bewusstseinszustand der Menschen in Mitteleuropa, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
In der Schweiz findet am 10. Juni 2018 eine Volksabstimmung über die Frage statt, wer in Zukunft den Franken herstellen soll: private Banken oder die Nationalbank. Initiiert wurde die Abstimmung von der »Vollgeld-Initiative«. Mit dem Vollgeld würde das Geld einen Charakter bekommen, der einer kooperativen Weltwirtschaft entgegenläuft. Was wir brauchen, ist nicht ein staatliches Vollgeld, sondern ein aus den wirtschaftlichen Verhältnissen heraus geschaffenes Verrechnungsgeld.
Zur medialen Vermittlung der Corona-Krise
Weltweit begleiten seit über einem Jahr verschiedenste Medien die Verbreitung des SARSCoV-2-Virus, symbolisiert durch ein Stachelkugelmodell. Diese Berichterstattung empfanden nicht wenige Menschen in Deutschland als einseitig, bisweilen sogar als verstörend. Tatsächlich scheint es das emphatisch Betonte, das selektiv Dargestellte zu sein, mithin die Technik der Berichterstattung, was bisweilen von Angst, Sorge und Trotz getriebene Proteste hervorgerufen hat. Häufig wurden Ereignisse mit einer Fokussierung auf negative Details wiedergegeben, die entsprechende Rückschlüsse auf das Ganze suggerierten. Bei dieser Methode, in der Rhetorik als pars pro toto bezeichnet, werden z.B. auffällige Teilnehmer einer Demonstration von Journalisten mit Fragen konfrontiert – häufig in einem Kontext, der eine echte Verständigung verhindert. Die Angesprochenen fühlen sich provoziert, reagieren abweisend, sogar aggressiv. Die gescheiterte Kommunikation wird dann als Nachweis einer Verständigungsunfähigkeit seitens der Demonstrierenden verbreitet, auch in satirischer Weise, ergänzt durch eine Pathologisierung der Betroffenen – wodurch der Eindruck entsteht, dass der Protest gegen Corona-Schutzmaßnahmen vorwiegend psychisch und mental instabile Menschen anziehe. Flankierend sind sogar Ratgeber zum psychologisch geschickten Umgang mit Menschen entstanden, die der Corona-Politik der Regierung nicht fraglos folgen möchten.
2ère Partie:«Europe des États» ou bien «Europe des élites»?
1ère Partie: De l’importance des élections présidentielles françaises de 2017
Cet été Alain Morau a exposé à la Rédaction de Die Drei ses observations sur les élections françaises et son évaluation des arrières-plans de celles-ci. Il en est résulté un dialogue franco-allemand avec Stephan Eisenhut, dont nous voulons présenter le résultat en deux parties. Dans la première partie le regard se porte sur les circonstances de l’élection présidentielle et sur les réseaux agissant en coulisse. L’exemple d’un parti français parfaitement inconnu est exposé pour montrer que les courants politiques défendant la souveraineté de la France contre une stratégie européenne établie de longue date n’ont aucune chance de se faire entendre auprès du grand public. La seconde partie développera l’opposition historique entre Charles de Gaulle et Jean Monet puis la mise en place de la politique de construction de l’UE par la dissolution systématique de la souveraineté des Etats.
Hintergründe eines Desasters
Anfang Mai, während ihres Besuchs in den sogenannten Sahel-Staaten, machte Bundeskanzlerin Angela Merkel eine geradezu sensationelle Bemerkung über das von andauerndem Bürgerkrieg gezeichnete Libyen, die in den deutschen Medien allerdings kaum Beachtung erfuhr. »Deutschland fühle eine Mitverantwortung für die Lage in dem afrikanischen Staat,« berichtete die Agentur Reuters, »weil es sich im UN-Sicherheitsrat 2011 bei der Abstimmung über die westlichen Militärintervention trotz Zweifeln enthalten habe. ›Immer wenn man etwas nicht verhindern kann, hat man auch eine Verantwortung dafür‹, sagte Merkel.«
Zwei Bücher zur Medien-Krise
Im vergangen Jahr sind zwei Bücher erschienen, die auf seriöse, wissenschaftlich fundierte Art und Weise die Ursachen des zunehmenden Misstrauens untersuchen, das viele Menschen gegenüber den Mainstream-Medien empfinden: ›Mainstream – Warum wir den Medien nicht mehr trauen‹ von Uwe Krüger und ›Lückenpresse – Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten‹ von Ulrich Teusch.*
Zum Nicht-Verstehen der Lage im Nahen Osten
Schon zu Beginn dieses Aufsatzes lässt sich ein Widerspruch nicht vermeiden. Jeglicher Bericht, der seit dem 7. Oktober letzten Jahres über dessen Folgen geschrieben wird, beginnt nämlich mit einer kurzen Wiederholung im Sinne von: »Zuerst überfielen Hamas-Kämpfer (bzw. Terroristen) israelische Siedlungen, verbrannten Häuser, töteten 1.200 Menschen und nahmen einige als Geiseln. Daraufhin überfiel das israelische Militär den Gazastreifen, hinterließ unfassbare Zerstörungen und tötete etwa 30.000 Palästinenser.« Dann folgt eine Stellungnahme, je nach Verfasser der einen oder der anderen leidenden respektive Leid erzeugenden Partei sich zuneigend. Ich wollte ja nicht so beginnen – und dennoch tat ich es.
Am 9. Mai (dem 99. Geburtstag von Sophie Scholl) war ich zum dritten Mal auf der Stuttgarter Demonstration für die Aufhebung der Corona-Maßnahmen und die Wiederherstellung der Grundrechte. Trotzdem bin ich kein Verschwörungstheoretiker. Ich bin auch kein kategorischer Impfgegner, trage keinen Aluhut, rechne mich weder zum rechten noch zum linken Rand des politischen Spektrums, bezeichne mich im üblichen Sinne nicht als »Esoteriker« und bin auch kein Antisemit.
Der nachfolgende Text führt in essayistischer Art – die immer wieder übergeht in meditativ vertiefte Gedanken- und Erlebnisformen – einen Weg, durch den ein inneres Hinblicken und fühlendes Erkennen der Wirksamkeit und weltumspannenden Macht Ahrimans möglich wird. Das wirkliche Erkennen bildet schon einen Widerstand, der sein Vorbild findet in Widar, dem schweigenden Asen aus der Edda. Dieses Hinblicken, Teilnehmen und zugleich Widerstehen wird schließlich so intensiv, dass sich am Ende etwas umwenden kann. Das geschieht durch das Unvorhersehbare und Neue, das sich zwischen den Menschen ereignet.
Zu einer verantwortungsethischen Streitschrift des deutschsyrischen Politologen Bassam Tibi
Die Terroranschläge in Christchurch und Halle sowie der Mord an dem CDU-Abgeordneten Walter Lübcke führen auf verstörende Weise vor Augen, dass an den Rändern unserer Gesellschaft eine Radikalisierung stattfindet, die nicht zuletzt auch ein Ausdruck der wachsenden Polarisierung in diesem Land ist. Es hat den Anschein, als ob die Bereitschaft, einander zuzuhören und das Berechtigte in der Anschauung des jeweils anderen wahrzunehmen, gegenwärtig im Sinkflug begriffen ist. Indes streiten Experten darüber, ob der Antisemitismus, der in dem zwei Todesopfer fordernden Anschlag auf die Hallenser Synagoge eine neue Dimension der Gewalt erfuhr, in den letzten Jahren zugenommen habe. Wolfgang Benz, der frühere Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, geht von einem weitgehend unveränderten Bodensatz an judenfeindlichen Gesinnungen seit den 60er Jahren aus, der dank der Anonymität der »sozialen Medien« sowie des Erfolges rechtspopulistischer Parteien im In- und Ausland heute nur unverfrorener zutage trete.
Anmerkungen zur Schulpflicht in Deutschland
Deutschland ist eines der wenigen europäischen Länder, in denen es eine Schulpflicht gibt, welche die Anwesenheit in einem Schulgebäude zwingend erforderlich macht. Bis zu den Lockdown-Maßnahmen der Jahre 2020/21 war sie derart tief in unserem Selbstverständnis verankert, dass sie so gut wie nie in Frage gestellt wurde – sichert sie doch auch den Besuch der Waldorfschulen und damit indirekt, durch die staatlichen Zuschüsse, deren Bestand. Mit dem ersten Lockdown im März 2020 geschah das bis dahin Unvorstellbare: Die Schulen wurden bundesweit geschlossen, nur in ganz besonderen Ausnahmefällen durften Kinder die Schulgebäude noch betreten. Durch diese für die Familien ganz neue häusliche Lernsituation trat auch eine schon länger bestehende Bewegung stärker ins Bewusstsein: Die Bewegung der Freilerner, die keine Schule im bei uns üblichen Sinne besuchen.
Zu Gerd Koenen: ›Im Widerschein des Krieges‹*
Jeder Mensch, der heute nicht nur bloß dahinlebt, ist betroffen und belastet durch den Krieg in der Ukraine; als verheerendes Unwetter, als Entsetzen, als dunkles Rätsel hängt er über Europa und der Welt. Dieser Krieg hat inzwischen eine Flut von Büchern hervorgebracht, die ihn erklären, Thesen vertreten, Emotionen und Hass schüren, Friedensappelle an die Welt richten und kluge Diskurse darüber führen, wie es dazu kommen konnte. Kein Buch aber – soweit ich das überblicke – gibt Kunde von einem »Nachdenken über Russland« angesichts eines Krieges, dessen mörderischen Schein uns die Medien zeitnah und unmittelbar ins Haus bringen. Als Widerschein im menschlichen Denken, Betrachten und Beurteilen sich spiegelnd, wird dieser Krieg zwar nicht weniger höllisch, ist aber kein lähmendes Fatum mehr.
21. Mai - 4. Juni 2018
Schon vor Jahren hatte sich Russland bei mir angemeldet. Vor allem aufgrund der Zusammenarbeit mit Raymond Zoller, einem großen Kenner der Geschichte Russlands, Liebhaber seiner Sprache und Literatur, Übersetzer von Herbert Witzenmann ins Russische, der in Moskau, Tiflis, Odessa und Samara gelebt hat, und mit dem ich in der russischen Diaspora in Bar (Montenegro) Ferien verbracht hatte. Doch als bloßer Tourist, ohne Anfrage oder Aufgabe das Land zu besuchen, kam für mich nicht in Frage. Dann war da diese erste Sendung einer DVD mit meinen Filmen nach Moskau. Obwohl ich die Adresse in kyrillischen Lettern malte, ließ ihre Ankunft auf sich warten. Der Besteller meldete sich, ein deutschstämmiger junger Russe, der früher als Mitglied der Gnessin-Virtuosen mit dem Stuttgarter Else Klink-Ensemble und der Goetheanum-Eurythmiegruppe 2008 in Europa auf Tournee gewesen war, danach jedoch zum Film gewechselt hatte. Peter Rempel ist inzwischen noch immer sehr jung, Student der ›Moscow School of New Cinema‹, überaus fleißiger Filmkritiker und Administrator des ›VKontakte‹- Portals ›Krautfilm‹ mit rund 4.000 Abonnenten, das den deutschen Film mit dem Schwerpunkt der 60er und 70er Jahre präsentiert. Er war zufällig im Netz auf ein Foto meines mit 18 Jahren gedrehten Filmes ›Lydia‹ gestoßen, das mit den daraufhin eingeholten Informationen sein Interesse weckte. Um es kurz zu machen: Nach einem Jahr kannte er sich besser als ich in den Details der damaligen Zeit aus, insofern es das Zusammenspiel des schweizerischen mit dem deutschen Filmschaffen betraf. Er übersetzte ein mehrstündiges Interview, das vor einigen Jahren zwei Professoren der Zürcher Hochschule der Künste mit mir geführt hatten, und begann meinen Besuch in Moskau bereits im letzten Jahr vorzubereiten.
Zu Katharina Nocun & Pia Lamberty: ›Fake Facts – Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen‹
Um die wievielte Publikation über Verschwörungstheorien und deren Widerlegung es sich bei den vorliegenden Ausführungen handelt, lässt sich kaum noch ermitteln. Finden sich hier überhaupt neue Aspekte? Neu ist die Ausschließlichkeit der Blickrichtung, mit der Katharina Nocun und Pia Lamberty arbeiten. Sie vollziehen den Schwenk in die völlige Psychologisierung des Themas. Dahinter mag die gute Absicht stehen, eine zunehmende Prägung der Gesellschaft durch extreme und zugespitzte Meinungen und Haltungen abzuschwächen. Die Einsicht in mögliche Abwege menschlichen Denkens, Wünschens, Hoffens usw. soll vor wachsender Irrationalität bewahren, die Kenntnis und Erkenntnis psychologisch erforschter Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster soll Fehler in der Interpretation der Wirklichkeit aufdecken. Unter diesen Aspekten werden hier mehrere Verschwörungsthemen behandelt.
Russische Oster-Impressionen
Ein Grundklang in der russischen Seele ist der Reflex gegen die Invasoren aus dem Westen, genährt von traumatischen Erlebnissen der letzten zwei Jahrhunderte. In diesem Jahr fiel das orthodoxe Osterfest (19. April) in die Zeit des Lockdown. Das unsichtbare, scheinbar allgegenwärtige Virus macht nicht Halt vor dem, was das russische Volk immer wieder am Abgrund hat aushalten lassen: der Zusammenhalt in der Opferkraft und die johanneische Spiritualität der Ostkirche. Der folgende Beitrag stellt Eindrücke vom russischen Osterfest in einen größeren historischen Zusammenhang.
oder: Das Ringen um eine »stabile« Regierung
Nach der Wahl ist vor der Qual. Das Bemühen um eine Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2017 erschien stellenweise wie ein Stück aus dem Tollhaus. Nach vier Verhandlungswochen von CDU/CSU, Grünen und FDP beendete der FDP-Vorsitzende Christian Lindner unerwartet (?) die »Jamaika«-Gespräche, und eine von vielen für sicher gehaltene Regierungsoption löste sich auf. Nachdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier allen Parteivorsitzenden ins Gewissen geredet hatte, folgte bei der SPD auf strikte Ablehnung die allmähliche Annäherung an eine Regierungsbeteiligung, da die Kanzlerin ausgeschlossen hatte, eine Minderheitsregierung zu führen.
Anmerkungen zu einem Thema, das spaltet
Eine persönliche Äußerung sei den folgenden Ausführungen vorangestellt: Es ist im höchsten Maße tragisch, dass durch die unzähligen Kontroversen zum Thema »Corona« und vor allem über die Frage des (Nicht-)Impfens Bekanntschaften, Freundschaften, Arbeits- und Verwandtschaftsverhältnisse usw. belastet oder gar zerstört werden. Denn trotz aller unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen gibt es Verbindendes, und zwar den beidseitigen Wunsch, selbst gesund zu bleiben, andere Menschen nicht gefährdet zu wissen und in einem gesetzlich gesicherten Rahmen Freiheit sowie eine Normalität der Lebensverhältnisse geachtet und bewahrt bzw. wiederhergestellt zu finden. Nichts könnte die gegensätzlichen Haltungen besser zusammenführen als ein Austausch über die Vorstellungen und Kenntnisse über den besten Weg dahin. Dafür sollen im Folgenden Denkanregungen gegeben werden.
Jeder sechste Bundesbürger lebt in Deutschland offiziell in Armut. Ein Fünftel der Erwerbstätigen ist im Niedriglohnsektor beschäftigt. Diese Elendsskala erfasst noch nicht die betroffenen Kinder und Jugendlichen. Diese nackten Zahlen hätten einen anderen Wahlausgang erwarten lassen. Doch was gab es zu wählen für dieses Land, das eine neue Sozialpolitik braucht? Außer der Linken, die weiterhin unter sozialistischem Ideologieverdacht steht, gibt es keine Partei, die sich radikal zur gesellschaftlichen Wirklichkeit bekennt. Die Linke trägt schwer an ihrem Erbe, ihre politische Theorie ist Vergangenheit, daher kommt sie mit ihren Zielen nicht in der Gegenwart an. Doch sie zeigt sich immerhin an der Realität orientiert. Alle anderen Parteien leiden mehr oder minder an Realitätsverlust. Ihre in der Vergangenheit konzipierten Identitäten sind weggebrochen.
Was die Digitalisierung des Geldes bedrohlich macht
Am 12. Oktober wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) das sogenannte Konsultationsverfahren über die Einführung des Digital-Euro eingeleitet. Dass dieser Schritt der Abschaffung des Bargelds dient, davon ist auszugehen. So weiß der CDU-Politiker Klaus-Peter Willsch: »Mit jedem Schlag gegen das Bargeld wird zeitgleich suggeriert, dass niemand die Absicht habe, das Bargeld gänzlich abzuschaffen. Dabei ist genau dies das langfristige Ziel. Die Pläne der Kommission sind somit auch der Einstieg in die Abschaffung der Freiheit.«
Eine Betrachtung zu den Parlamentswahlen in Israel
Als gebürtiger Israeli in deutscher Sprache über Entwicklungen im Land seiner Herkunft zu sinnieren, lässt – wenn nicht beim Autor, dann beim Leser – noch manches andere mitschwingen. Denn das Ende des Großdeutschen WahnundAlbtraums mündete nach dem Zweiten Weltkrieg zeitnah in den Anfang einer israelischen Realität, die inzwischen ebenfalls für viele Menschen inner- und außerhalb Israels einen Albwachtraum bedeutet.
Impressionen aus Südafrika
In Südafrika kommen Dinge zusammen, die sonst weit auseinanderliegen. Zwischen einem Township, wo Menschen ohne die einfachsten Lebensgrundlagen wohnen, und einer Müllkippe, die sich als langgestreckter Hügel aus der Landschaft erhebt, liegt ein Industriegebiet mit einer Fabrik, in der mit deutschen Maschinen Pflastersteine aus Beton hergestellt werden. Von den insgesamt 400 Beschäftigten sind hier vor Ort etwa die Hälfte tätig. In einer Halle hört der Besucher ein Streichquartett spielen, Arbeiter sitzen auf Paletten und Kanistern zwischen den Maschinen und hören zu. Mozart in Johannesburg – Schwarze spielen, Schwarze hören hingegeben zu, zwei Weiße stehen etwas abseits, der Besuch und seine Begleitung. Die Arbeiter kommen aus dem Township und sind froh, hier Arbeit zu finden. Einmal in 14 Tagen kommen die Musiker und spielen insgesamt drei Stunden lang in den verschiedenen Produktionsstätten und Büros der Fabrik.
Impressionen aus Georgien
Wilde Landschaften, reißende Gebirgsflüsse, schwindelerregende Schluchten, verschneite Pässe, unpassierbar, machten die Reise durch den Kaukasus zu einem abenteuerlichen Erlebnis, damals. Alexandre Dumas, der 1858 dort unterwegs war, erzählt davon in dem immer noch lesbaren Bericht ›Gefährliche Reise durch den wilden Kaukasus‹. Im Jahre 2000 reiste Fritz Pleitgen mit einem WDR-Fernsehteam auf den Spuren Dumas’ durch den Kaukasus und wusste in seinem ebenso lesbaren Reisebericht darzulegen, welch vielfältige, verschachtelte Region der Kaukasus ist. Darin zitierte er den russischen Dichter Andrej Belyj: »Kaukasus und Transkaukasus sind urälteste Orte der Menschheit. Mir ist klar, warum die Arche Noah hier strandete, warum die Argonauten hier hinreisten, warum Prometheus das himmlische Feuer des Wissens hierhin brachte.«
Zur Lage von Geflüchteten in der Türkei
»Wir können keinen einzigen Flüchtling mehr aufnehmen«, tönen unisono offizielle Stellen in der Türkei, wohl wissend, dass täglich weiter »irreguläre Einwanderung« stattfindet. Die Türkei wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, nach dem Zustrom syrischer Flüchtlinge jetzt womöglich Millionen Menschen aus Afghanistan aufzunehmen. Im Land leben offiziell bereits 4,6 Millionen Flüchtlinge, jüngst sprach der Präsident sogar von über fünf Millionen, das wären sechs Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Situation der Schutzsuchenden ist so uneinheitlich wie ihr Profil. Während syrische Geflüchtete, die weitaus größte Gruppe bisher, sich zunehmend integrieren, ist die Zukunft afghanischer Flüchtlinge ungewiss. Ebenso unklar ist, ob bereits 1,5 Millionen Afghanen im Land sind, wie die Opposition behauptet, oder doch »nur« rund 300.000, wie Präsident Erdoğan kürzlich sagte. Jedenfalls mauert die Türkei sich jetzt auch gen Osten ein.
Impressionen aus Frankreich in Zeiten der Corona-Pandemie
»Ohne jemals ein unantastbares Prinzip aus den Augen zu verlieren: Für uns ist nichts wichtiger als das menschliche Leben«, erklärte Emmanuel Macron in einer Rede am 28. Oktober 2021. Darüber hinaus zeichnete er ein düsteres Bild der gesundheitlichen Situation: 527 Verstorbene (die Zahl wurde allerdings danach in der Presse auf 288 korrigiert), 3.000 Patienten auf den Intensivstationen und 50.000 positive Tests an einem einzigen Tag. Er erläuterte die Vorhersage des Conseil Scientifique, dass 400.000 Tote zu erwarten seien, wenn nichts unternommen werde, beschrieb die Anstrengungen der Regierung – mit 1,9 Mio. PCR-Tests pro Woche – und versicherte, dass die Anzahl der Intensivbetten von 5.000 auf 10.000 verdoppelt werde. Dennoch erklärte er angesichts der wachsenden Zahlen, dass ein zweiter Lockdown die einzige Alternative sei. Anders als beim ersten sollten die Wirtschaft und das Bildungswesen aber weiterlaufen. Private Kontakte sollten dagegen so stark wie möglich reduziert werden. Aus privaten Gründen dürfe man sein Zuhause nur mehr für maximal eine Stunde und in einem Umkreis von weniger als einem Kilometer verlassen. Private Treffen seien ausgeschlossen. Begegnungsorte wie Bars und Restaurants würden geschlossen, wie auch Geschäfte, die als nicht essenziell eingestuft werden.
Stimm(ung)en aus Russland im Spätsommer 2022
Dieses Mal ist alles ganz anders: die Vorbereitungen, die Ungewissheit, die Reiseroute und der Verbrauch an Nerven. Ich fahre wieder weit in den Osten an den Baikalsee in Sibirien, der mich schon so viele Jahre begleitet. Nachdem ich das Chaos am Frankfurter Flughafen verlassen habe, verläuft alles ruhig und normal, zuerst nach Istanbul, dann von dort nach St. Petersburg – zu horrendem Preis, wohlgemerkt, da alle Direktflüge sanktioniert wurden. Das herrschaftliche St. Petersburg ist ein sehr beliebtes Touristenziel, und dieses Jahr wird es auch von vielen jungen Menschen besucht, die jetzt nicht ins Ausland reisen oder an einem Kulturaustausch teilnehmen können, was sie zum großen Teil gar nicht verstehen. Hier können sie ihre Sehnsucht nach europäischer Kultur ein wenig stillen.
Zu Oliver Nachtwey & Carolin Amlinger: ›Gekränkte Freiheit‹
Das Buch ›Gekränkte Freiheit‹ von Oliver Nachtwey und Carolin Amlinger erschien im Oktober 2022 im renommierten Suhrkamp Verlag. Zwischenzeitlich hat es dieses Werk auf Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste von DLFKultur, ZDF und ›Zeit‹ geschafft. Sein Thema ist die Herausbildung einer neuen politischen Tendenz: des »libertären Autoritarismus«, den die Autoren auch in anthroposophischen Zusammenhängen verorten. Nachtwey hatte mit einem kleinen Team bereits im Dezember 2020 eine Studie zur ›Politischen Soziologie der Corona-Proteste in Baden-Württemberg‹ vorgelegt, die einige häufig kolportierte Mythen zum Charakter der »Querdenken«-Bewegung widerlegte. So konnte er herausarbeiten, dass die Mitglieder dieser Bewegung tatsächlich eher links orientiert, weiblich, gut ausgebildet, in festen Arbeitsverhältnissen beschäftigt und spirituell aufgeschlossen sind. Die Folgepublikation ›Quellen des Querdenkertums‹ verortete die geistigen Ursprünge dieser Protestbewegung dann unter den Anthroposophen, aber auch im bürgerlichen Milieu, im Alternativmilieu und unter evangelikalen Christen. Dabei wurden überraschenderweise doch stärkere Bezüge zu rechtsextremen Einstellungen und Verschwörungstheorien festgestellt.
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Die total überwachte und gesteuerte Gesellschaft naht
Mit dem Stichwort der »Smart-City« ist die datengesteuerte, total überwachte Stadt der Zukunft gemeint. An ihr wird weltweit auf internationalen Konferenzen gearbeitet. Auch die deutsche Bundesregierung hat unlängst eine »Smart-City-Charta« veröffentlicht, in der die Ziele dieser Totalüberwachung auf smarte Weise beschrieben werden.
Wenn das Wort nicht mehr unter uns wohnt
Jetzt sind wir angekommen. In der stummen Stille. In diesem zwischenmenschlichen Raum – denn ein anderer ist es ja nicht. Stumme Stille gibt es nur zwischen Menschen. Es war einmal anders, als der Kosmos noch sprach. Es wird auch definitiv wieder anders werden. Aktuell erfahren wir das kosmische Mitspracherecht. Lange hat die Erde geschwiegen. Jetzt äußert sie sich. Noch ist es Bild, sind es Zeichen, doch allmählich werden wir das, was wir wahrnehmen, als Kommunikation eines Wesens verstehen. Mit diesem Wesen auf Augenhöhe zu kommen, dazu brauchen wir ein entsprechendes Sprachvermögen, und zwar dringend, denn durch die Sprache bilden sich Begriffe – im Dialog mit der Erde.
Wenn der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist – was ist dann Politik? Ein »schmutziges Geschäft«? Wir unterlegen »Politik« wohl eher mit negativen Vorstellungen, vor allem sehen wir das taktierende Durchsetzen von »Interessen« und den polemischen Kampf um Mehrheiten. Parteien suchen im Wettbewerb um »Stimmen« einen »Markenkern« zu profilieren. Ihre Vertreter sprechen weitgehend in feststehenden Wortgebilden. Als »Bürger« üben wir die »Macht, die vom Volke ausgeht« dadurch aus, dass wir ein Parteiprogramm wählen, in dem Gesetzesvorhaben angekündigt werden. Sie werden dann in der Regel so gar nicht realisiert, weil sie nicht durchsetzbar sind oder in einem mehrheitsfähigen Kompromiss münden. Wir erleben deutlich, dass drängende gesellschaftliche Fragen nicht mit Parteimeinungen und -denkweisen beantwortet werden können. Eine »Antwort« auf diese Verhältnisse ist die zunehmende, auch unterschwellige Staats- und Politikverdrossenheit. Dessenungeachtet erfährt die staatlich gewährleistete Rechtssicherheit in der Verankerung durch das Grundgesetz und dessen Sicherung durch das Bundesverfassungsgericht unsere Wertschätzung (oder sollte es jedenfalls).