Artikel von Claudius Weise
Zu Theodor W. Adorno: ›Aspekte des neuen Rechtsradikalismus‹
Gleichsam als Vorgeschmack auf die Gesamtausgabe der Nachkriegsvortr.ge Theodor W. Adornos hat der Suhrkamp-Verlag den Vortrag ›Aspekte des neuen Rechtsradikalismus‹ herausgebracht, den der große Philosoph am 6. April 1967 vor dem Verband Sozialistischer Studenten Österreichs in Wien hielt. Adorno verfolgte damit, wie er einleitend kundgab, nicht die Absicht, »eine Theorie des Rechtsradikalismus zu geben, sondern in losen Bemerkungen einige Dinge hervorzuheben, die vielleicht Ihnen nicht allen so gegenwärtig sind.« (S. 9). Dass sich die Lektüre dennoch lohnt, liegt daran, dass dem heutigen Leser die meisten dieser Dinge erst recht nicht gegenwärtig sind.
Ende März 2019 erreichte uns eine Anfrage unserer Kollegen von der Zeitschrift ›Info 3‹, wie wir es mit der Frage nach einer gendersensiblen Sprache halten. Nachdem wir dieses Thema auf der nächsten Redaktionssitzung besprochen hatten, entwarf ich folgende Antwort: »Unsere Redaktion besteht aus drei Männern und zwei Frauen. Der Chefredakteur ist ein Mann, die Herausgeberin eine Frau. Wir sind einmütig gegen das Gendern, weil wir finden, dass es sich dabei um eine äußerliche und intellektualistische Art des Umgangs mit der Sprache handelt. Gendern macht die Sprache sperrig, weil es den Schwerpunkt vom Bezeichneten auf das Zeichen verschiebt. [...]«
Hintergründe eines Desasters
Anfang Mai, während ihres Besuchs in den sogenannten Sahel-Staaten, machte Bundeskanzlerin Angela Merkel eine geradezu sensationelle Bemerkung über das von andauerndem Bürgerkrieg gezeichnete Libyen, die in den deutschen Medien allerdings kaum Beachtung erfuhr. »Deutschland fühle eine Mitverantwortung für die Lage in dem afrikanischen Staat,« berichtete die Agentur Reuters, »weil es sich im UN-Sicherheitsrat 2011 bei der Abstimmung über die westlichen Militärintervention trotz Zweifeln enthalten habe. ›Immer wenn man etwas nicht verhindern kann, hat man auch eine Verantwortung dafür‹, sagte Merkel.«
Claudius Weise im Gespräch mit Ulrich Weiner
Wer Ulrich Weiner persönlich treffen will, der muss entweder einen seiner Vorträge besuchen oder sich in ein entlegenes Waldstück im Schwarzwald begeben, das sich in einem der immer seltener werdenden Funklöcher befindet. Warum das so ist und warum es in Zukunft immer mehr Menschen geben dürfte, die ein solches Leben am Rand der Gesellschaft führen müssen, ist der Inhalt des folgenden Interviews, das aus naheliegenden Gründen schriftlich geführt wurde.
Sich mit dem Andern zu verbinden hat eine innere und eine äußere Seite. Beiden wendet sich dieses Heft zu. Nach Barbara Messmers kritischer Würdigung der vor 100 Jahren ermordeten Revolutionärin Rosa Luxemburg schlägt Christoph Strawe einen großen Bogen vom Jahr 1919 und dem damals ins Leben getretenen Impuls der sozialen Dreigliederung in unsere Gegenwart, wobei er ein besonderes Augenmerk auf dessen konkrete Umsetzung und damit verbundene praktische Initiativen legt. Stephan Eisenhut – den unsere Herausgeberin Angelika Sandtmann in diesem Heft als unseren Geschäftsführer verabschiedet – stellt sodann eine solche, im Werden begriffene, Initiative vor. So viel zur äußeren, gesellschaftlichen Seite, um die es auch im Leserforum geht.
Die anthroposophische Meditation und insbesondere der Lichtseelenprozess stehen im Mittelpunkt dieses Heftes, dessen Titel ›Die Seele atmet im Licht‹ der gleichnamigen, thematisch eng verwandten Tagung entlehnt ist, die im März 2019 in Stuttgart stattfinden wird. Die schlichte Frage: »Warum meditieren?« bildet dabei den Ausgangspunkt des einleitenden Beitrags von Wolfgang Tomaschitz über die Freiheitsgestalt der anthroposophischen Meditation. Danach zeigt Christoph Hueck anhand eines bestimmten Mantrams, wie Erfahrungen an der Grenze zum leibfreien Bewusstsein gemacht werden können. Von Anna-Katharina Dehmelt folgt sodann eine als grundlegende Einführung geeignete Darstellung des Lichtseelenprozesses und seiner Bedeutung im Werk Rudolf Steiners. Gunhild von Kries und Andreas Heertsch greifen anschließend in jeweils kürzeren Beiträgen einzelne Aspekte heraus, bevor Yeshayahu ben Aharon noch einmal – gefasst als »Kognitives Yoga« – zum Lichtseelenprozess grundsätzlich wird und weite Perspektiven eröffnet.
Ein Heft mit Schwerpunkt auf der Problematik des Mobilfunks zusammenzustellen, entsprach schon länger meinem Wunsch, da ich selbst an einer leichten Form der Elektrosensibilität leide. Der Hype um die Digitalisierung und insbesondere das 5G-Netz hat diesem persönlichen Anliegen nunmehr objektive Dringlichkeit verliehen. Der Titel ›Albtraum 5G‹ mag manchem zunächst reißerisch erscheinen. Doch wer sich mit den hier dokumentierten Tatsachen und den daran geknüpften Erwägungen unvoreingenommen auseinandersetzt, wird hoffentlich seine Berechtigung erkennen können.
Passend für ein Heft, in dem das Verhältnis des Menschen zur Natur – als Gegenstand der Bearbeitung wie der Betrachtung – im Mittelpunkt steht, gleichen die folgenden Beiträge einem Strauß wilder Blumen, dessen Zusammenstellung sowohl gezielter Auswahl als auch glücklicher Fügung zu verdanken ist. Stephan Eisenhuts Aufsatz über ›Landwirtschaft und Assoziationsbildung‹ zeigt u.a., wie die gegenwärtigen ökonomischen und auch politischen Verhältnisse es fast unmöglich machen, dass die Landwirtschaft ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommt, und wie dem durch eine richtig verstandene Assoziationsbildung entgegengewirkt werden könnte. Was diese besondere Aufgabe umfasst, erläutert Alain Morau in seinem Beitrag ›Die Verlebendigung der Erde‹, der Wesen und Wirkung der biologisch-dynamischen Präparate, mitsamt ihrer eigentümlichen Herstellungsweise, begrifflich durchdringt und dadurch nachvollziehbar macht.
100 Jahre Soziale Dreigliederung – dieses Jubiläum darf eine Zeitschrift, die als ›Monatsschrift für Anthroposophie und Dreigliederung‹ vor fast ebenso vielen Jahren ins Leben trat, nicht unbeachtet vorbeiziehen lassen. Anlässlich der unter dem Motto ›Werkstatt Soziale Dreigliederung‹ stehenden Mitgliederversammlung der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland erscheint nun hiermit unser Themenheft, in das wir drei Aufsätze von Rudolf Steiner, Ludwig Polzer-Hoditz und Karl Ballmer aus der 1919 gegründeten Wochenschrift ›Dreigliederung des Sozialen Organismus‹ im Originalsatz eingestreut haben.
Das vorliegende Heft zeichnet sich dadurch aus, dass sein inhaltlicher Schwerpunkt – die sinnliche und die übersinnliche Seite des Lichtes – formal gesehen nicht im Zentrum steht, sondern auf die Peripherie verteilt ist. Denn Hans- Christian Zehnters konziser Aufsatz ›Sieht man Licht, dann schaut man Licht‹ ist der einzige Hauptartikel zu diesem Thema. Die anderen Beiträge sind auch weniger allgemein gehalten, sondern haben jeweils einen konkreten Bezugspunkt – weshalb es angebracht erscheint, von »Lichtberichten« zu sprechen.
100 Jahre Waldorfpädagogik sind ganz gewiss ein Grund zu feiern! Doch einfach in den Chor der Gratulanten einzustimmen kam uns bei der Planung des vorliegenden Heftes nicht sonderlich interessant vor. Also beschlossen wir, einige der Herausforderungen und Probleme zu thematisieren, vor denen die Waldorfschulbewegung heute steht, und zugleich an ihre Verwurzelung in der Anthroposophie zu erinnern, die zunehmend vernachlässigt wird.
Ob es nun um die Kommunikation von Mensch zu Mensch oder um das Erkennen der Welt geht: Es sind Worte und Bilder, mit deren Hilfe wir verstehen und uns verständigen können – besonders dann, wenn die Worte bildhaft und die Bilder begrifflich durchdrungen sind. Große Philosophen und Dichter sind deshalb immer auch Gedankenkünstler. Einige von ihnen kommen im vorliegenden Heft zu Ehren.
Dieses Heft steht im Zeichen des Anfangs. Zunächst ganz äußerlich: Noch nie haben wir so viele Beiträge gebracht, die als »Teil I« gekennzeichnet sind. Dann aber inhaltlich: Denn die Welt zu verändern ist bekanntlich ein langwieriges Unterfangen, bei dem die unvorhersehbaren großen Sprünge durch viele kleine Schritte mühsam vorbereitet werden müssen.
Ein Jahr Gelbwesten-Proteste
Man stelle sich vor, dass in einem autoritär regierten Land, sagen wir Russland, seit über einem Jahr tausende von Menschen jeden Samstag auf die Straße gehen, um gegen ihre Regierung zu protestieren. Man stelle sich weiter vor, dass die Regierung immer wieder gewaltsam gegen diese Demonstranten vorgeht, mit Tränengas und Gummiknüppeln, aber auch mit Gummigeschossen, die so schwere Verletzungen hervorrufen, dass 24 Menschen ein Auge verloren haben, fünf Menschen eine Hand abgerissen wurde und ein Mann einen Hoden verlor; dass eine 80-jährige Frau starb, weil sie von einer Tränengasgranate ins Gesicht getroffen wurde; und dass Organisationen wie ›Amnesty International‹ und ›Reporter ohne Grenzen‹2 das harte Vorgehen der Polizei kritisieren. Wäre das nicht in unseren Medien ein Thema, das wiederholt behandelt und von moralischen Verurteilungen begleitet würde? Wenn es um Russland ginge, ganz bestimmt. – Aber es geht ja um Frankreich.
Zur ›Asghar Farhadi-Box‹ der ›trigon-film‹
Der iranische Regisseur und Drehbuchautor Asghar Farhadi ist hierzulande kein ganz Unbekannter. Zumindest Filmenthusiasten kennen den 1972 Geborenen als zweifachen Oscar-Preisträger in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film, zuletzt für das Ehedrama ›The Salesman‹ (2016). Es ist die subtile Darstellung zwischenmenschlicher Beziehungen sowie des mittelständischen Milieus, in dem seine Geschichten verortet sind, mit denen er sich diese und andere Ehren verdient hat. Für westliche Betrachter haben seine Filme den zusätzlichen Reiz, Einblicke in ein Land zu gewähren, das den meisten mehr als Projektionsfläche denn als Realität bekannt sein dürfte.