Zum Themenschwerpunkt dieses Heftes
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Der Islam als Teil der abrahamischen Religionsfamilie
Der Islam als Religion der Einheit muss an seinen Idealen und höchsten Erscheinungsformen gemessen werden. Durch Offenbarung inauguriert, ist seine Entwicklung möglicherweise auch als Reaktion auf das dreieinheitliche Gottesbild des Christentums zu verstehen. Wie dieses ist er im geistigen Milieu der Spätantike aus dem Judentum hervorgegangen und somit Glied der abrahamischen Religionsfamilie. – Ausgehend von dem islamischen Glaubensbekenntnis sucht Günter Röschert in diesem geschichtlichen Zusammenhang die geistigen Wurzeln des Islam zu ergründen, auch unter Einbeziehung seiner individualisierten Vertiefung in der sufistischen Mystik. Im Anschluss an Thomas Bauer ist für den Autor der salafistische Fundamentalismus auch ein Ergebnis kultureller Kolonisation durch den Westen, die nun auf diesen zurückschlägt. Dabei zeigt die Geschichte, dass es auch zu fruchtbaren Begegnungen kommen kann. Eine sympathetische Betrachtung des Islam erscheint umso dringlicher, als sich derzeit Nachrichten über schreckliche Gewaltverbrechen häufen, die im Namen des Islam verübt werden.
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Eine Betrachtung der Geschichte von Jakob und Esau
Die Zwillingsbrüder Jakob und Esau – Kinder des jüngeren Abraham-Sohnes Isaak – ringen um den dem Erstgeborenen zustehenden Segen ihres erblindeten Vaters. Sie werden darüber zu Todfeinden, und eine Versöhnung ist erst nach schmerzvollen Erfahrungen möglich. – Der folgenden Betrachtung liegt eine neue Übersetzung ihrer Geschichte (Genesis 25,20-28,21 und 32,2-33,12) aus dem Hebräischen durch die Autorin zugrunde, die im Anschluss auch abgedruckt ist. Diese versucht, die Vielschichtigkeit der hebräischen Sprache auszuloten, wodurch eine neue Deutung möglich wird. Die Geschichte von Jakob und Esau kann so den Hintergrund des Konfliktes zwischen Juden und Arabern, beides Abraham-Söhne, neu beleuchten und vielleicht auch Denkanstöße für zukünftige Entwicklungen bieten.
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Übertragen aus dem Hebräischen von Elsbeth Weymann
Ein phänomenologischer Beitrag zu einem erweiterten Erfahrungsbegriff
Goethe kann, wie seine naturwissenschaftlichen Schriften zeigen, als ein Vorläufer phänomenologischen Denkens betrachtet werden. Insbesondere am Beispiel des »Urphänomens«, ausdrücklich benannt im Bereich der Optik (Theorie der Farben), lässt sich seine anschauend-denkende und an den vielfältigen »Bedingungen des Erscheinens« orientierte phänomenologische Methode zeigen. Der Philosoph Edmund Husserl (1859-1938) gilt als der Begründer der phänomenologischen Bewegung im 20. Jahrhundert. Er arbeitete vor allem in seinen Hauptwerken eine Methode aus, die einen erweiterten Erfahrungsbegriff zugrunde legt. In ihr werden die »originär gebende Anschauung« (als Selbstgebung eines Gegenstandes), die Evidenz sowie das Aufweisen und Ausweisen – statt Konstruktion und Deduktion – zu zentralen Prinzipien des Erkennens mit dem Ziel einer Wesenserkenntnis erhoben. Der Artikel möchte zeigen, dass mit Husserls phänomenologischer Philosophie eine Sprache und Begrifflichkeit zur Verfügung steht, mit deren Hilfe Goethes – vor allem im Bereich der Naturwissenschaft tätiges, phänomenologisches Denken – sich explizit machen und als komplementär zu Husserls Phänomenologie erweisen lässt.
Imagination, Inspiration und Intuition als Quellorte fruchtbarer Sozialgestaltung
Zunächst werden drei Zugänge zum Erfahren und Gestalten der Prozesse in sozialen Räumen vorgestellt. Sie zeigen die Arbeitsweise spiritueller Sozialgestaltung, basierend auf durch Imagination, Inspiration und Intuition erweiterter Wahrnehmung. Der erste Zugang ist die Außenwahrnehmung des Physischen, Prozessualen, Seelischen und Geistig-Intentionalen in einer Organisation. Der zweite Zugang richtet sich auf das Erleben von Qualitäten der Kommunikationsprozesse in Gestaltungsgremien sozialer Organismen, wie z. B. einer Leitungskonferenz. Der dritte Zugang fokussiert auf die Wirkungsweise einer »Geistigen Raumbildung« innerhalb solcher Gestaltungsorgane. Hierin finden wir ein immer wichtiger werdendes Gebiet in spirituell orientierten Organisationsentwicklungsmethoden, das im letzten Teil aus anthroposophischem Hintergrund heraus genauer beleuchtet wird.
Über den Maler und Anthroposophen Karl Ballmer
Der Künstler und Denker Karl Ballmer hat den paradox anmutenden Versuch unternommen, aus seiner persönlichen Begegnung mit Rudolf Steiner (1861-1925) heraus diese Beziehung mit Person und Werk so zu denken, dass sie der persönlichen Begegnung als einer unhintergehbaren individuellen Beziehung gerecht wird. Er prägte Formeln wie »Ereignis Rudolf Seiner« oder »Karma-Orientierung der Erkenntnistheorie«. Sie wirken schillernd und widersprüchlich, weil Steiners Werk Wissenschaftsanspruch erhebt und die Ausdrücke nach Personenkult riechen oder nach willkürlicher persönlicher Entscheidung oder privater Esoterik. Natürlich sind sie so nicht gemeint. – Im Folgenden unternehme ich den Versuch, Ballmers zu wenig bekanntes und nicht leicht zu erschließendes Werk bis zu jener Schwelle vorzustellen, wo seine Motive und Begriffe, meine ich, plausibel werden und eine im engeren Sinn philosophische Darstellung beginnen kann.
Erfahrungen mit der Dichtung von Alfred Andersch
Kunstwerke übernehmen in der belletristischen Literatur immer wieder die Rolle eines Mediums der Erkenntnis für die Protagonisten wie für den Leser. Christina Kiewitz geht solchen Motiven insbesondere im Werk des deutschen Nachkriegsautors Alfred Andersch nach und entdeckt in diesem Zusammenhang auch, wie er mittels Farben geistige Prozesse zum Ausdruck bringt. In seinem Roman Winterspelt geht es um ein abstraktes Gemälde, dessen Strukturen und Farben die Gedankenspiele der handelnden Personen widerspiegeln, wodurch sie eine wahrnehmbare Realität erhalten bei gleichzeitiger Wahrung des Freiraums.
Im Theater gab es während der letzten 100 Jahre viele Neuerungsversuche. Sie traten immer dann auf, wenn zwei Dinge verloren zu sein schienen: das Leben und die Wahrheit auf der Bühne. Schauen wir, ob Tschechows Ansatz eine Lösung bieten kann. ...
Auch in deutschen Krankenhäusern sterben immer mehr Menschen an Infektionen mit multiresistenten Keimen, gegen die Antibiotika wirkungslos sind. Als eine Hauptbrutstätte solch tödlicher Mikroben gilt inzwischen die Massentierhaltung. Diese Situation nimmt der Chirurg Thomas Hardtmuth zum Anlass, das Bewustsein auf die unsichtbare, aber äußerst vitale Welt der Mikroorganismen zu richten, ohne die menschliches Leben gar nicht möglich wäre. Die Gesamtheit der mit dem Menschen in Symbiose lebenden Mikroorganismen hat geradezu Organcharakter, spielt eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung des Immunsystems und ist auch für psychische Einflüsse empfänglich. Überall, wo das gesunde Maß verloren geht, entwickeln diese urtümlichen Lebewesen ihre heilsame Wirkung. Im Zusammenhang einer solchen Erweiterung des Gesundheitsbegriffes stellt sich dem Autor die Frage nach einer »Biologie der Moral«.
Wie kann die menschliche Begegnung christlich werden?
Nur durch eine freie Identifikation mit der jeweils vorfindlichen Persönlichkeit gelingt es dem Menschen, individuell in der Welt zu wirken. Die Persönlichkeit ist Teil der Handlungssituation, in der ein Mensch sich befindet. Das Wirken des Individuellen durch die und in der Persönlichkeit trägt zur Verwandlung dieser letzteren bei. Ich bin es, der zwischen Disidentifikation und (mehr oder weniger) freier Identifikation atme. Sowohl Schulungsweg wie bewusst gelebtes Leben bewirken Durchdringung und damit Verwandlung. Spielen die »Mysterien« sich heute vor unseren Augen ab?
Die Esoterik der moralischen Phantasie und das historische Bewusstsein
Für die zweite Auflage (1918) hat Rudolf Steiner sein Buch Die Philosophie der Freiheit wesentlich ergänzt und erweitert. Durch die vertiefte Darstellung des intuitiven Denkens wurde Die Philosophie der Freiheit in Einklang mit dem anthroposophischen Erkenntnisweg gebracht. Der zweite Teil des Buches ist gekennzeichnet durch die beiden Zentralbegriffe »moralische Intuition« und »moralische Phantasie«. Durch letztere ist der handelnde Mensch unmittelbar an die mitmenschliche und natürliche Welt angeschlossen, die Freiheitsphilosophie ist als weltfähig nachgewiesen. Steiner hat zwischen 1895 und 1924 immer wieder auf die Bedeutung der moralischen Phantasie aufmerksam gemacht, zuletzt im zehnten Kapitel seiner Autobiografie Mein Lebensgang. Die auf moralischer Phantasie beruhenden Taten haben stets aktuellen Situationsbezug, sie sind historisch bedingt.
Ethischer Individualismus und moralische Phantasie bei Mahatma Gandhi
In seiner Philosophie der Freiheit entwickelt Rudolf Steiner eine moralische Handlungsmöglichkeit, die sich nicht auf allgemeingültige Normen und Werte abstützt, sondern auf der »moralischen Intuition« des Einzelnen und deren Umsetzung durch »moralische Phantasie« beruht. Das wirft Fragen auf: Ist eine Handlung schon dadurch eine ethisch individuelle, dass sie die meine ist? Wodurch wird individuelles Handeln ein moralisches? – Die Autorin nähert sich diesen Fragen durch eine Betrachtung von Mahatma Gandhis Denken und Handeln. In ihm sieht sie jemanden, der für den westlichen Menschen einen erfrischend unintellektuellen und menschlich direkten Zugang gerade zu Fragen des ethischen Individualismus eröffnen kann.
Der Prolog des Johannes-Evangeliums in den ersten eurythmischen Lautangaben I-A-O
Die Eurythmie wird immer wieder neu aus der Aufrichtekraft des Menschen geboren. Aufrichten heißt: Ich richte mich auf an etwas, was als Höheres hineinstrahlt. Es heißt aber zugleich auch: Ich richte mich danach, ich richte mich daran (aus) – »richten« im Sinne von eine Richtung geben oder auch im Sinne von Gericht. Rudolf Steiner sprach von der Eurythmie gegen die Lügenhaftigkeit; einer Eurythmie, die das Gewissen mitbildet. In dieser Aufrichtigkeit kann das Höhere, an dem ich mich aufrichte, beginnen, sich durch mich auszusprechen ...
Paul Schatz: Die technische Handhabung ätherischer Kräfte I
Am 29. November 1929 fand Paul Schatz (1898-1979) die Umstülpung. Er erkannte, dass in ihrer rhythmisch-pulsierenden Bewegung eine qualitativ neue Bewegungsart vorlag. Unter schwierigsten Existenzbedingungen gelang es ihm, in jahrzehntelanger, mühevoller Arbeit, begleitet von herben Rückschlägen, diese neue Bewegung der Technik einzugliedern. Mit der Bewegung der Turbula-Maschine (und später des Oloid) erschloss er – einer Anregung Rudolf Steiners folgend – der Technik, die bis dahin nur über die Bewegungsqualitäten der Rotation und Translation verfügte, ein völlig neues Feld: das Gebiet der ätherischen Kräfte. Deren technische Handhabung war Paul Schatz‘ Lebens- und Schicksalsmotiv. Durch Zusammenstellung von Äußerungen Paul Schatz‘, die zum größten Teil aus unveröffentlichten Originalmanuskripten stammen, wird von Matthias Mochner die Entdeckung der Umstülpung, ihre Bedeutung aus der Sicht des Erfinders sowie der von Schatz verfolgte Plan einer zwölffachen Gliederung der gesamten Technik dokumentiert. In einem Folgeaufsatz kommen die Umstülpungstechnik und Kerngedanken der Schatzschen Forschungen zur Sprache.
Zur Komposition des »Nationalökonomischen Kurses« (12)
Die herkömmliche Volkswirtschaftswissenschaft betrachtet das Geld lediglich im Spannungsfeld von Staat und Wirtschaft. Im ersten Teil des Nationalökonomischen Kurses1 (Vorträge 1 bis 7) entwickelte Rudolf Steiner den qualitativen Geldkreislauf von Zahlen, Leihen und Schenken.2 Dieser erhält seinen Wert durch die Wirksamkeit des Geisteslebens. Im zweiten Teil (Vorträge 8 bis 14) setzt er diesen qualitativen Geldkreislauf in Beziehung zu dem quantitativen, der seinen Wert durch die Wirksamkeit des Wirtschaftslebens erhält. Stephan Eisenhut zeigt in diesem Beitrag, der den elften Vortrag zum Ausgangspunkt nimmt, wie durch den einseitigen Blick auf den quantitativen Geldkreislauf nur an die Niedergangskräfte des sozialen Lebens angeknüpft werden kann. Für die Anknüpfung an die Aufbaukräfte ist hingegen eine Verwandlung des Denkens erforderlich, wie sie durch eine Erarbeitung der Bildbegriffe des Nationalökonomischen Kurses erreicht werden kann. Die Artikelserie kann als Printausgabe oder Pdf-Datei hier bezogen werden:
1. Teil
2. Teil
Eine Mitteilung an die Abonnenten und Leser der Drei
Wege und Metamorphosen der Substanzen im Bienenstock
Können Sie sich drei Milliarden vorstellen? Drei Milliarden Mal Schnuppern an Blüten, Riechen des Duftes, Schmecken des Nektars, Sich-Wälzen im Blütenstaub, Baden in Farben? – Und das alles im hellen Sonnenglanz, in äußerer und mit innerer Wärme? Fragen Sie ein Honigbienenvolk – das kann Ihnen davon erzählen, wie das ist, sich anfühlt, riecht und schmeckt. Wie es innerlich erwärmt und nach außen leuchtet! Drei Milliarden (eine Drei mit neun Nullen) Einzelblütenbesuche machen die Bienen eines starken Bienenvolks in einem Jahr. Wie nebenbei – und das ist der Haupteffekt – bestäuben, befruchten die Bienen die Blüten der Pflanzen und impulsieren sie für ihr zukünftiges Leben. Sie sammeln Blütenstaub und Nektar und bereiten daraus das Bienenbrot und den köstlichen Honig, der uns so wohltut.
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Die technische Handhabung ätherischer Kräfte II
Seit den frühen 60er Jahren ist die von Paul Schatz entwickelte Umstülpungstechnik weltweit im Einsatz. Man kann die Maschinen nachbauen, studieren und weiterentwickeln. Rund 50.000 wurden bis heute produziert. Die anthroposophischen Grundlagen der Turbula und des Oloid sind dagegen kaum erforscht. Im ersten Teil dieser Studie in der letzten Ausgabe wurde die Bedeutung der Umstülpung und ihre Beziehung zum Klangäther betrachtet. Nunmehr stehen der Einsatz der Umstülpungstechnik und die grundlegenden Forschungsbestrebungen von Paul Schatz im Mittelpunkt – auch hier unter intensiver Berücksichtigung von Originaldokumenten.
Versuch einer Selbstverständigung
Die folgenden Überlegungen gehen der im Titel aufgeworfenen Frage in einem Sinn nach, dem das Streiten fern liegt. Die Entscheidung gegen ein »mit« und für ein »ohne Rudolf Steiner« ist ohnehin nicht auf der Grundlage von Wahlfreiheit zwischen »mit« und »ohne« zu treffen. Zudem ist man in Fragen der Gemeinsamkeit – und darin besteht für diesen Fall das Prekäre – auf eine gemeinsame Entscheidung angewiesen. Die Zustimmung des gewählten Partners muss also mitbedacht werden. Daher geht es mir um die Erkundung von Bedingungen und Voraussetzungen, welche aus eigener Erfahrung zu gewinnen sind, um in der Frage nach der Wirklichkeit dieser Gemeinschaft zu einem begründeten Ausblick auf die eigene Lebens- und Erkenntnislage zu gelangen. ...
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Versuch einer Positionierung gegenüber bedrückenden Zeitereignissen
Angesichts der herrschenden Kriege und Konflikte, der Auswüchse des Kapitalismus und der zunehmenden Beschneidung von Freiheit und Indivudualrechten durch den Staat kann man sich schnell ohnmächtig fühlen, denn wir befinden uns stets in der Position des Schwächeren. Ein erster Schritt aus dieser Ohnmacht ist die gedankliche Durchdringung und Einordnung dessen, was geschieht. Dazu kommt die Möglichkeit, sich durch die Schicksale konkret betroffener Menschen berühren zu lassen und so eine seelische Gegenkraft zu entwickeln. Im beharrlichen zivilgesellschaftlichen Engagement können wir aber durchaus auch handelnd die Welt verändern. Bernd Brackmann macht dies an einer Reihe von Beispielen deutlich.
Der US-amerikanische Autor Nathaniel Williams arbeitet vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Krise der westlichen Gesellschaften mit ihrem einseitig verstandenen Individualismus die Wurzeln des amerikanischen Freiheitsideals heraus. Dabei zeigt sich, wie eine Besinnung auf das Ideal der Toleranz, die Rudolf Steiner an einer Stelle auch als Synonym für Positivität gebraucht, zu einem neuen Bewusstsein für die Möglichkeiten einer freien Bildungslandschaft führen kann, die ganz auf das Individuum baut. Nur dadurch kann der Egoismus als Zerrbild der Freiheit durch Solidarität und Vertrauen in die tieferliegenden Kräfte im Menschen überwunden werden.
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Das bedingungslose Grundeinkommen
Enno Schmidts Engagement für das Grundeinkommen orientiert sich sehr konkret am Menschen. Das zeigt sich auch in der Tatsache, dass ihm auf die recht abstrakte Themenformulierung »Der positive und unbefangene Blick auf den Menschen als Grundlage für die Einführung eines Grundeinkommens« zunächst nichts einfallen wollte. Erst auf die ihn tatsächlich betreffende Frage mochte er reagieren. Seine Antwort ist dann zur flammenden Rede angeschwollen, in der er nicht einfach irgendetwas propagiert, sondern zur grundsätzlichen Sinnesänderung aufruft. Dabei wird deutlich, dass ihm das Grundeinkommen weder Meinungssache ist noch Gegenstand einer Diskussion, in der es um »richtig« oder »falsch« geht. Es ist ihm Ausdruck eines sozialen Prozesses, der in der existenziellen Auseinandersetzung mit dieser Idee stattfindet. – Dies ist die Rede eines Künstlers in Aktion, der sich längst von der transzendierenden Fläche des gemalten Bildes und dem Zeit-Räumlichen der plastischen Kunstinstallation im Kunstbetrieb verabschiedet und ganz dem Inaugurieren und der Moderation sozialplastischer Prozesse verschrieben hat. So ist seine Antwort quasi zum performativen Akt geworden, der Grundfragen des Menschseins im konkreten Geschehen auslotet und in Aktion bringt.
Die »Nebenübungen« im Werk Rudolf Steiners
Rudolf Steiner schrieb den »Nebenübungen«, die er in einzelnen Grundschriften öffentlich darstellte und vielfach in internen Zusammenhängen erwähnte, eine ausgleichend-harmonisierende, den moralischen Menschen festigende Wirkung zu. Er empfahl, diesen Organismus von Seelenübungen »neben« den eigentlichen Meditationen – gewissermaßen gleichrangig mit diesen – zu pflegen, damit der Übende sein geistiges Wesen in rechter Weise zur Geburt bringen kann. In den folgenden Ausführungen soll nach dem grundlegenden inneren Gestus, der die Gestalt dieses Organismus kennzeichnet, gesucht werden.
Suchbewegungen zwischen »Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?« und »Die Geheimwissenschaft im Umriss«
Der spirituelle Weg, wie ihn Rudolf Steiner seit den Aufsätzen Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? auch öffentlich dargestellt hat, ist ohne moralische Schulung nicht fruchtbar zu beschreiten. Dazu gab er eine Reihe von Übungen an, die er in internen Zusammenhängen öfter auch »Nebenübungen« genannt hat. Doch wie ist diese moralische Schulung im Näheren beschaffen? Wie verträgt sie sich mit dem in der Philosophie der Freiheit entwickelten ethischen Individualismus? Wie verhalten sich Erkenntnis und Moral zueinander und wie wandelt sich dieses Verhältnis in Steiners Schriften zwischen 1904 und 1909? Dabei berücksichtigt die Autorin auch die Rückschauübung sowie fünf weitere, bisher kaum beachtete Nebenübungen aus der Geheimwissenschaft zur Inspiration durch Gleichmaß und Gleichgewicht der Seelenkräfte. Erst vor diesem Hintergrund werden Erkenntnis und Moral zu zwei Seiten einer Wirklichkeit.
Wege zu einer Kultur der Positivität
Wenn Kindheit und Jugend vorüber sind, ist es meistens mit dem »Tollfinden« nicht mehr so einfach. Das Gegenteil fällt leichter. Viele Menschen sind froh, wenn sie nicht in geradezu depressive Zustände verfallen. Folgt man einschlägigen Andeutungen in der griechischen Mythologie, so hängt die zunehmende konstitutionelle Traurigkeit mit dem zusammen, was das Alte Testament den »Sündenfall« nennt: mit dem Übergang des Menschen aus ursprünglich götternahen Lebensbereichen (»goldenes Zeitalter«) in ein »eisernes« Zeitalter, in dem die Kinder schon mit »grauen Schläfen« geboren werden und in dem Antisozialität, Undankbarkeit, Unrecht, Neid und Täuschung herrschen. Hesiod hat das im 7. Jahrhundert vor Christus als Zukunftsaussicht beschrieben! – Soziologen unserer Zeit heben hervor, dass uns das Leben in einer zunehmenden Selbstbestimmung, wie wir sie seit einigen Jahrzehnten verstärkt zu lernen haben, permanent überfordert und unsere Stimmung eintrübt. Ein möglicher Zusammenhang beider Gesichtspunkte ist nicht von der Hand zu weisen: Abnahme der Spiritualität und Zunahme einer ambivalenten Eigenständigkeit waren bisher, langfristig gesehen, offenbar Parallelerscheinungen. – Von der gegenläufigen Bemühung, die Eigenständigkeit des Einzelnen künftig durch eine zunehmende Spiritualität zu stärken, handelt dieser Aufsatz. Die Haltung der Positivität ist ein bedeutendes Eingangstor zu einem solchen »spirituellen Individualismus«.
Die Toleranz relativiert zwar die eigene Position und stülpt diese nicht unhinterfragt über den Anderen, aber gleichzeitig setzt sie die Wirklichkeit des Anderen außer Kraft. Und mit der Andersheit zugleich auch das Neue und das Kommende.